Baltasar Gracián Zitate
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Das Wissen ist lang, das Leben ist kurz, und wer nichts weiß, der lebt auch nicht.
Der Verstand eines Mannes zeigt sich im Ernsthaften, welches daher mehr Ehre bringt als das Witzige. Wer immer scherzt, ist nie der Mann für ernste Dinge.
Die Höflichkeit ist ein Hauptteil der Bildung; Unhöflichkeit, wenn aus Stolz entspringend, abscheulich, wenn aus Grobheit, verächtlich. Die wahre Höflichkeit ist Schuldigkeit, zumal die ungebräuchliche Betrug.
Man darf nie dem kleineren Übel die Tür öffnen; denn hinter ihm werden sich stets viele andere und größere einschleichen.
Freunde haben. Es ist ein zweites Dasein. Jeder Freund ist gut und weise für den Freund, und unter ihnen geht alles gut ab.
Das einzige Mittel, beliebt zu sein, ist, daß man sich mit der Haut des einfältigsten der Tiere bekleide.
Wenige sind Freunde eines Menschen an sich, viele die seines Glücks.
Das mühsam erlangte Glück wird doppelt genossen.
Man unternehme das Leichte, als wäre es schwer, und das Schwere, als wäre es leicht: jenes, damit das Selbstvertrauen uns nicht sorglos, dieses, damit die Zaghaftigkeit uns nicht mutlos mache.
Man sei lieber als ein Weiser geehrt, als wegen seiner Schlauheit gefürchtet.
Sich alles zu Herzen zu nehmen, ist die größte Dummheit.
Dergleichen eitle Einbildungen werden eine Quelle der Qualen, wenn einst die wahrhafte Wirklichkeit die Täuschung zerstört.
Viele möchten in einem Tag verschlingen, was sie kaum im ganzen Leben verdauen können.
Vergessen können: es ist mehr ein Glück, als eine Kunst.
Dumm ist nicht, wer etwas Dummes begeht, sondern wer seine Dummheit nachher nicht zu bedecken versteht.
Hab in deinem Leben immer zwei Eisen im Feuer. Alles muß zweifach sein und besonders die Quellen des Vorteils, der Gunst und des Genusses.
Es ist eine Schwäche großer Herren, mit dem Grundbaß von Ich sage etwas zu reden, zur Marter der Zuhörer: Bei jedem Satz horchen sie nach Beifall oder Schmeichelei und treiben die Geduld der Klugen aufs Äußerste.
Für große Bissen des Glücks einen Magen haben.
Das meiste wird deshalb nicht getan, weil es nicht unternommen wird.
Beobachtung seiner selbst ist eine Schule der Weisheit. – Der Anfang der Selbstbesserung ist die Selbsterkenntnis.
Man beachte seine überwiegende Eigenschaft und verwende auf diese allen Fleiß.
Für den Behutsamen gibt es keine Unfälle und für den Aufmerksamen keine Gefahren. Man soll nicht das Denken verschieben; bis man im Sumpfe bis an den Hals steckt, es muß im Voraus geschehen.
Don Juan ist nicht der Mann, der die Frauen liebt, sondern der Mann, den die Frauen lieben.
Daher gehe der Kluge zurückhaltend zu Werke und fehle lieber durch das Zuwenig als durch das Zuviel.
Die Freiheit ist viel köstlicher, als das Geschenk, wofür man sie hingibt.
Nie aus Eigensinn handeln, sondern aus Einsicht. Jeder Eigensinn ist ein Auswuchs des Geistes, ein Erzeugnis der Leidenschaft, welche noch nie die Dinge richtig geleitet hat.
Besser man werde im Preise, als in der Waare betrogen.
Die Gemütsarten derer, mit denen man zu tun hat, begreifen: um ihre Absichten zu ergründen. Denn ist die Ursache richtig erkannt, so ist es auch die Wirkung, erstlich aus jener, sodann aus dem Motiv… Man lerne ein Gesicht entziffern und aus den Zügen die Seele herausbuchstabieren.
Ein guter Rat in spaßiger Form ist oft besser als ernste Belehrungen.
Ein schöner Rückzug ist ebensoviel wert, als ein kühner Angriff.
Im Reden und Tun etwas Imponierendes haben. Dadurch setzt man sich allerorten bald in Ansehn.
Man begnüge sich mit dem Tun und überlasse andern das Reden darüber. Man gebe seine Taten hin, aber verkaufe sie nicht. Auch miete man sich nicht goldene Federn, die Unflat schreiben, zum Ekel der Klugen. Man strebe lieber danach, ein Held zu sein, als es zu scheinen.
Wenn du weise bist, lebe wie du kannst, wenn du nicht so leben kannst, wie du willst.
Man sollte eher verehrend als hingebend lieben. Liebe und Herrschertum sind nicht für Genossenschaft geschaffen.
Von der Dummheit Gebrauch zu machen verstehen. Der größte Weise spielt bisweilen diese Karte aus.
Am Klange kennt man die Metalle, und an der Rede die Menschen.
Nicht sein Leben mit dem anfangen, womit man es zu beschließen hätte. Manche nehmen die Erholung am Anfang und lassen die Mühe für das Ende zurück: Allein erst kommt das Wesentliche, wenn Raum ist, das Nebensächliche.
Man wende die menschlichen Mittel an, als ob es keine göttlichen, und die göttlichen, als ob es keine menschlichen gäbe. Große Meisterregel, die keines Kommentars bedarf.
Ersehnt komme man an; da wird man wohl empfangen werden.
Nie die Geheimnisse der Höheren wissen. Man glaubt, Kirschen mit ihnen zu essen, wird aber nur die Steine erhalten. Vielen gereichte es zum Verderben, dass sie Vertraute waren: Sie gleichen einem Löffel aus Brot und laufen nachher dieselbe Gefahr wie dieser.
Lange leben und angenehm leben, heißt für zwei leben, und ist die Frucht des Friedens.
Man soll nichts gleich rund abschlagen: Vielmehr lasse man die Bittsteller Zug vor Zug von ihrer Selbsttäuschung zurückkommen. Auch soll man nie etwas ganz und gar verweigern: Man lasse immer noch ein wenig Hoffnung übrig, die Bitterkeit der Weigerung zu versüßen.
Nicht auf immer lieben, noch hassen.
Es gibt Gelegenheiten, wo das beste Wissen darin besteht, daß man nichts zu wissen scheine.
Keine größre Verkehrtheit, als sich alles zu Herzen nehmen.
In allem liegt Günstiges und Ungünstiges; die Geschicklichkeit besteht im Herausfinden des Vorteilhaften.
Die Geschicklichkeit besteht im Herausfinden des Vorteilhaften.
Der aber ist der allergrößte Narr, der es nicht zu sein glaubt und alle anderen dafür erklärt.
Alle Vollkommenheiten hängen von Zeitperioden ab: die Schönheit hat nicht immer ihren Tag: die Klugheit versagt ihren Dienst, indem wir den Sachen bald zu wenig, bald zu viel tun: und alles muß, um gut auszufallen, seinen Tag haben.
Verschwiegenheit ist der Stempel eines fähigen Kopfes.