August Pauly Zitate
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Wenn mehrere Menschen etwas gemeinsam verrichten wollen, brauchen sie einen Willen. Hundert Willen geben nur ein Chaos. Mehrere Willen unter einen setzen, erzeugt Harmonie. Darauf beruht die Harmonie des Organischen.
Die Menschen haben viele Götter erfunden und werden dies auch weiterhin tun, aber keinen, den sie nicht glaubten hinterhergehen zu können.
Lauter als unsere redseligsten Verteidiger redet die stumme Zeit für uns, darum vertraut dieser, wo ihr ohnmächtig seid gegen den Schein oder den bösen Willen der Menschen.
Der moderne Mensch hat seine Körperoberfläche so sehr vergessen, daß ihm seine Kleider besser gefallen, als seine Haut.
Was die Chirurgen noch nicht fertig gebracht, Amputationen am Herzen, das übt das Schicksal seit ewigen Zeiten an uns.
Zeichendeuterei ist die schlechteste Art Menschen zu erforschen; mit vollen Augen sehen und still auf sich wirken lassen, die beste.
Das Leben ist eine Erscheinung, welche an sich selbst ermüdet. Es läßt sich nur erhalten durch Unterbrechung. Es muß immer umgegossen werden in neue Individuen.
Keiner Erscheinung tun wir so oft mit unserem Urteil unrecht als Kunstwerken und Menschen, und zwar immer durch den gleichen Fehler, dass wir von einem Teil aufs Ganze schließen, schließen statt zu schauen, mit ruhiger Seele das Bild aufzunehmen, in welchem sich ihr Gehalt ausspricht.
Gewohnheit ist die ärgste Feindin der künstlerischen Wahrheit.
Die Menge ist ein dummes Tier, auf dessen Rücken sich jeder schlaue Glücksritter schwingen kann und trägt sie ihn einmal, so bringt ihn keiner mehr herunter als die Zeit. Diese aber sicher.
Von Freunden geschlagene Wunden heilen schwerer als die von Feinden.
Nur die Empfindung hält den ewigen Weltstrom genießend auf. In ihr allein ist scheinbare Ruhe.
Merkwürdiges Wesen mit seinen zwei Lichtbrechern, mit denen es umherwandelnd eine strahlende Welt in Bildern auffängt und begreift!
Freundlichkeit ist das Öl der Streber, mit dem sie sich salben, um leichter durch die Menge nach oben zu schlüpfen.
Die Religionen haben ihr Dauerndes nicht bloß in der Gottesidee, sondern auch darin, dass sie in der Weltanschauung aller Zeiten den transzendenten Teil der Welt in Anerkennung erhalten, ohne welchen jede Weltanschauung falsch und seicht ist.
Nur einmal im Leben weidet unsere Seele auf der lieblichen Himmelswiese ihrer Träume – in der Kindheit. Leitet sie darum leise in dieser einzigen Zeit, daß sie nicht dann schon das harte Geschirr fühlt, das Ihr ihr auftragen werdet.
Was ist es doch Schönes und Heiliges um das Recht und wie schmutzig und verworren sind die Wege zu ihm!
Die meisten Menschen können nicht messen, weder auf dem Gebiet der Kunst, noch der Menschenkenntnis, und darum die mittleren von den höchsten Werten nicht unterscheiden.
Geistige Freiheit ist ohne Größe nicht erreichbar.
Jede Zeit glaubt sich auf der Höhe des Berges, den menschliche Kultur langsam ersteigt, und jede folgende seht sich zurück nach dem heimlichen Tal, das jene für das Ende ihres Weges gehalten hatte.
Menschenspreu wird vom Wind der Mode leicht bewegt.
Es gibt im Seelenleben des Menschen feine, liebliche Dinge, die so zart sind, daß sie zerstört werden, wenn man sie mit Worten berührt.
Falsche Meinungen sind zwar ebenso hart wie richtige, jedoch nicht so dauerhaft.
Das ist dein von der Welt, was du in deiner Brust sammelst und warm hältst von ihr.
Die Wahrheit ist männlichen Geschlechts.
Betrachte dir die Menschenwelt nie anders, als dass du zugleich die Sterne über ihr siehst. Das gibt ihrem Treiben seinen wahren Wert.
Der Weg der Wissenschaft geht nicht durch harte Köpfe hindurch, sondern an ihnen vorbei.
Wir möchten so viele Dinge im menschlichen Leben unbeweglich gestalten, während eben die Beweglichkeit ihr Leben ausmacht, das in dem errungenen Ruhepunkt aufhören würde, ja es ist gerade diese geistvolle Kunst unserer Welt, sich und alles in sich ewig in Bewegung zu erhalten.
Nichts ist so herrlich als eine Seele ohne Rückhalt. Sie ist wie ein offenes Land ohne Schluchten und Gefahren, in dem du sorglos wandern kannst. Es ist ein großes Land, dieses Land.
Weltgeschichte macht es wie die Bauern, wenn sie Pferde nicht haben kann, läßt sie ihren Wagen durch Ochsen ziehen.
Welche Triebkraft muß doch die Eitelkeit haben, daß sie die Menschen so groß von sich selbst denken läßt, da doch alles in der Welt uns klein zu machen geeignet ist.
Für die größten Tragödien, welche Leidenschaft und Niedertracht in der Welt aufführen, kann nur ein Gott den Humor aufbringen.
Wir leben in einer Natur, welche für unsere Leiden fühllos ist wie ein Stein, aber doch nicht Stein ist, sondern Geist; – niedrigerer Geist als der unsrige, oder so hoch, dass er unsere Leiden nicht mehr fühlt.
Die großen Menschen aller Zeiten bilden eine einzige Zeit.
Religion ist die philosophische Poesie der Welt. Bei ihrer Gestaltung waren die poetischen und philosophischen Kräfte des Menschen zugleich tätig. Sie zu mißachten ist darum immer eine Rohheit.
Was die Natur sagt, hat Gott gesagt. Religionen aber sind Menschenantwort.
Wir vertreiben uns die Zeit so lange, bis sie uns vertreibt.
Mit jedem Eintritt in eine neue Altersphase erschrickt man anfangs über den Verlust, den sie einem bringt und gewinnt nach einer Weile die Vorzüge lieb, die sie einem verleiht.
Wir nennen es Helligkeit, wenn uns mit dem Aufgang der Sonne das Nahe sichtbar gemacht und die Sterne verfinstert werden.
Nur Naturen erlangen Bildung im höchsten Sinn, d.h. Urteil und Empfindung in den höchsten Dingen der Welt; die anderen sammeln und ordnen nur fremde Urteile und Gedanken.
Der schlimmste Feind aller Kunst ist ein unbescheidener Verstand, der ihre Gesetze besser kennen will als sie selbst.
Denken ist eine große Lustbarkeit, bei der uns, wenn wir uns hineinbegeben, unablässig etwas geschenkt wird.
Frauen sind eine Art von Planeten. Sie empfangen ihr Licht von den Männern, haben aber dazu noch ihre eigene Wärme.
Für viele sind Kirchen nur Versicherungsgesellschaften gegen Unfälle im Jenseits.
Weisheit spannt den Willen ab und läßt ihn doch noch stark genug für das Rechte.
Wenn die Menschen sich ihre Köpfe selbst heraussuchen dürften, bekämen die meisten keine Gescheiteren.
Unter den Priestern der Wissenschaft hält sich eine merkwürdig große Anzahl lieber in der Nähe des Opferstocks, als in der Nähe des Heiligtums auf.
Daß der Mensch seinen Geist auf Bücher füllen kann wie auf Fässer, aus denen dann die Menschheit trinken kann, ohne daß er sich mindert, die ist doch eine der schönsten Zauberkünste der Kultur!
Religion, Sitte und Recht haben mit ihren Vorschriften die menschliche Seele oft geknechtet. Aber immer hat sie sich ihre Rechte wieder erkämpft, die älter sind, als die all jener; und in diesem Kampf waren Dichter und Künstler ihre Heerführer.
Erst wenn die Seele sich mit dem Inhalt eines Kunstwerkes erfüllt hat, kann sie zu sich kommen und sich fragen, wie ihr so geschehen ist. Auf das Genießen kann das Begreifen folgen.