Arthur Schopenhauer Zitate
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So muss ich hinweisen auf die Wollust im Akt der Kopulation. Das ist es! Das ist das wahre Wesen und der Kern aller Dinge, das Ziel und Zweck alles Daseins.
Was Luther in der Kirche, ist Bako [Francis Bacon] in der Naturwissenschaft.
Denn in ihr (der Einsamkeit) fühlt der Jämmerliche seine ganze Jämmerlichkeit, der große Geist seine ganze Größe, kurz, jeder sich, als was er ist.
Wo viele Gäste sind, ist viel Pack.
Jede Lebensgeschichte ist eine Leidensgeschichte.
Bei keiner Sache hat man so sehr den Kern von der Schale zu unterscheiden, wie beim Christentum. Eben weil ich diesen Kern hoch schätze, mache ich mit der Schale bisweilen wenig Umstände: sie ist jedoch dicker, als man meistens denkt.
Indessen ist die größte Eiche einmal eine Eichel gewesen, die jedes Schwein verschlucken konnte.
Keine Rose ohne Dornen. – Aber manche Dornen ohne Rosen.
Dem bei weitem größten Teile der Menschen aber sind die rein intellektuellen Genüsse nicht zugänglich; der Freude, die im reinen Erkennen liegt, sind sie fast ganz unfähig: sie sind gänzlich auf das Wollen verwiesen.
Überhaupt zeigt der, welcher bei allen Unfällen gelassen bleibt, daß er weiß, wie kolossal und tausendfältig die möglichen Übel des Lebens sind; weshalb er das jetzt eingetretene ansieht als einen sehr kleinen Teil dessen, was kommen könnte.
– englischer Jargon, dieses aus Lappen heterogener Stoffe zusammengeflickte Gedankenkleid –
Durch nichts entziehen wir uns so sehr dem Zwange von außen wie durch Selbstzwang.
Wahre Freundschaft gehört zu den Dingen, von denen man, wie von den kolossalen Seeschlangen, nicht weiß, ob sie fabelhaft sind oder irgendwo existieren.
Der bloße Begriff ist für die echte Tugend so unfruchtbar, wie für die echte Kunst.
Daher also, daher, aus dem Orkus, kommt alles und dort ist schon jedes gewesen, das jetzt Leben hat: – wären wir nur fähig, den Taschenspielerstreich zu begreifen, vermöge dessen das geschieht; dann wäre alles klar.
Ich kriege mit der Zeit auch Autorität. Man muss nur hübsch alt werden, da gibt sich alles.
Laune (wahrscheinlich von luna = Mond) bezeichnet ein entschiedenes Überwiegen des Subjektiven über das Objektive bei der Auffassung der Außenwelt.
Wo und wie auch immer das Vortreffliche auftritt; gleich ist die gesamte Mittelmäßigkeit verbündet und verschworen, es zu ersticken.
Alles durchläuft drei Phasen. Erst wird es verspottet. Danach stellt man sich gewaltsam dagegen. Zum Schluss wird es wie selbstverständlich angenommen.
Die Verehrung verträgt nämlich nicht die Nähe; sondern hält sich fast immer in der Ferne auf; weil sie, bei persönlicher Gegenwart des Verehrten, wie Butter an der Sonne schmilzt.
Zu seinem Freunde wird wohl lieber jeder den Redlichen, den Gutmütigen, ja, selbst den Gefälligen, Nachgiebigen und leicht zu bestimmenden wählen, als den bloß Geistreichen.
Die Achtung vor dem Alter scheint darauf zu beruhen, daß die Ehre junger Leute zwar als Voraussetzung angenommen, aber noch nicht erprobt ist, daher eigentlich auf Kredit besteht.
Der Grundcharakter aller Dinge ist Vergänglichkeit: Wir sehn in der Natur alles, vom Metall bis zum Organismus, teils durch sein Dasein selbst, teils durch den Konflikt mit anderem, sich aufreiben und verzehren.
Überhaupt aber zeigt der, welcher bei allen Unfällen gelassen bleibt, dass er weiß, wie kolossal und tausendfältig die möglichen Übel des Lebens sind.
Es gibt Kamele mit einem Höcker, und es gibt welche mit zwei Höckern, die größten Kamele aber haben keinen.
Wer das Wesen der Welt erkannt hat, sieht im Tode das Leben, aber auch im Leben den Tod.
Und was die Weiber betrifft, so war ich diesen sehr gewogen – hätten sie mich nur haben wollen.
Demzufolge sind schon an und für sich die Menschen zum Loben und Rühmen gar nicht geneigt und aufgelegt, wohl aber zum Tadeln und Lästern, als durch welches sie indirekt sich selbst loben.
Zur Logik verhält sich die Grammatik wie das Kleid zum Leibe.
Aber ist denn die Welt ein Guckkasten? Zu sehn sind diese Dinge freilich schön; aber sie zu sein ist ganz etwas anderes.
Der Grundtunterschied zwischen Jugend und Alter bleibt immer, daß jene das Leben im Prospekt hat, dieses den Tod; daß also jene eine kurze Vergangenheit und lange Zukunft, besitzt; dieses umgekehrt.
Gewöhnliche Menschen denken nur daran, wie sie ihre Zeit verbringen. Ein intelligenter Mensch versucht sie zu nützen.
Nachahmung fremder Eigenschaften und Eigentümlichkeiten ist viel schimpflicher, als das Tragen fremder Kleider: denn es ist das Urteil der eigenen Wertlosigkeit von sich selbst ausgesprochen.
Mit dem Alter nimmt auch die Liebe zum Besitz zu.
Es ist nicht genug, daß man verstehe, der Natur Daumenschrauben anzulegen; man muß die auch verstehen können, wenn sie aussagt.
Die Leute zu kränken ist leicht, sie zu bessern ist schwer, wo nicht unmöglich.
„Weder lieben, noch hassen“ enthält die Hälfte aller Weltklugheit: „nichts sagen und nichts glauben“ die andere Hälfte.
Jeder Beweis ist die Zurückführung des Zweifelhaften auf ein Anerkanntes.
Je heftiger der Wille, desto greller die Erscheinung seines Widerstreits; desto größer also das Leiden. Eine Welt, welche die Erscheinung eines ungleich heftigeren Willens zum Leben wäre als die gegenwärtige, würde um soviel größere Leiden aufweisen: Sie wäre also eine Hölle.
Das Leben ist ein Pensum zum Abarbeiten: in diesem Sinne ist defunctus ein schöner Ausdruck.
Große Fähigkeiten machen stolz und erzeugen Feinde; geringe machen demütig und verschaffen Gönner.
Der wirksamste Trost bei jedem Unglück, bei jedem Leiden ist, hinzusehen auf die anderen, die noch unglücklicher sind als wir: und dies kann jeder.
Daher ist die Aufgabe nicht nur, zu sehen, was noch keiner gesehen hat, als auch bei dem, was jeder sieht, zu denken, was noch keiner gedacht hat.
Wenn Erziehung oder Ermahnung irgend etwas fruchteten; wie könnte dann Senecas Zögling ein Nero sein?
Das ganze Wesen der Welt abstrakt, allgemein und deutlich in Begriffen zu wiederholen und so als reflektiertes Abbild in bleibenden und stets bereitliegenden Begriffen der Vernunft niederzulegen: dieses und nichts anderes ist Philosophie.
Die Schadenfreude ist eng verwandt mit der Grausamkeit.
Die Quelle unserer Unzufriedenheit liegt in unseren stets erneuerten Versuchen, den Faktor der Ansprüche in die Höhe zu schieben, bei der Unbeweglichkeit des anderen Faktors, die es verhindert.
Über dies alles nun aber ist der Tod die große Gelegenheit, nicht mehr Ich zu sein: wohl dem, der sie benutzt.
Einen großartigen Beweis von der erbärmlichen Subjektivität der Menschen liefert die Astrologie, welche den Gang der großen Weltkörper auf das armselige Ich bezieht.
Wie die Schichten der Erde die lebenden Wesen vergangener Epochen reihenweise aufbewahren; so bewahren die Bretter der Bibliotheken reihenweise die vergangenen Irrtümer und deren Darlegungen.