Arthur Schopenhauer Zitate
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Ich hab‘ es mit der Wahrheit gehalten und nicht mit dem lieben Gott.
Der Wahrheit ist allezeit nur ein kurzes Siegesfest beschieden zwischen den beiden langen Zeiträumen, wo sie als paradox verdammt und als trivial gering geschätzt wird.
Es gibt auf der Welt nur ein lügenhaftes Wesen, das ist der Mensch. Jedes andere ist wahr und aufrichtig, indem es sich unverhohlen gibt als das, was es ist, und sich äußert wie es sich fühlt.
Dieserwegen also sollen wir der Heiterkeit, wann immer sie sich einstellt, Tür und Tor öffnen: denn sie kommt nie zur unrechten Zeit.
Du kannst thun was du willst: aber du kannst, in jedem gegebenen Augenblick deines Lebens, nur ein Bestimmtes wollen und schlechterdings nicht Anderes, als dieses Eine.
Das freie Wesen muß auch das ursprüngliche sein. Ist unser Wille frei, so ist er auch das Urwesen; und umgekehrt.
Der böse Charakter vertraut in der Not nicht auf den Beistand anderer; ruft er ihn an, so geschieht es ohne Zuversicht: erlangt er ihn, so empfängt er ihn ohne wahre Dankbarkeit.
Heiraten heißt, mit verbundenen Augen in einen Sack greifen und hoffen, dass man einen Aal aus einem Haufen Schlangen herausfinde.
Was macht den Philosophen? Der Mut, keine Frage auf dem Herzen zu behalten.
Die Deutschen zu loben? – Dazu würde mehr Vaterlandsliebe erfordert, als man nach dem Lose, welches mir geworden, billigerweise von mir verlangen kann.
Das Mitleid ist die wahre Quelle aller echten Gerechtigkeit und Menschenliebe.
Wird mit Emphase ausgerufen, „Über’s Leben geht noch die Ehre!“, so besagt dies eigentlich: „Dasein und Wohlsein sind nichts; sondern was die andern von uns denken, das ist die Sache“.
Im Alter versteht man besser, die Unglücksfälle zu verhüten, in der Jugend, sie zu ertragen.
Der Zufall ist eine böse Macht, der man so wenig wie möglich anheimstellen soll.
Die gesamte, sehr starke Wirkung des Beispiels beruht darauf, dass der Mensch, in der Regel, zu wenig Urteilskraft, oft auch zu wenig Kenntnis hat, um seinen Weg selbst zu explorieren; daher er gern in die Fußstapfen anderer tritt.
Egoismus ist Drang zum Dasein und Wohlsein.
Das Beste und meiste muß jeder sich selber sein und leisten. Je mehr nun dieses ist und je mehr demzufolge er die Quellen seiner Genüsse in sich selbst findet, desto glücklicher wird er sein.
Architektur ist gefrorene Musik. (Möge es immer beschwingt und harmonisch zugehen in diesem Haus!)
Der Neid ist dem Menschen natürlich: Dennoch ist er ein Laster und Unglück zugleich. Wir sollten ihn daher als Feind unseres Glücks betrachten und ihn als bösen Dämon zu ersticken suchen.
Die Fabel von der Pandora ist mir von jeher nicht klar gewesen, ja, ungereimt und verkehrt vorgekommen.
Der Reichtum gleicht dem Seewasser: je mehr man davon trinkt, desto durstiger wird man. – Dasselbe gilt vom Ruhm.
Sehr zu beneiden ist niemand, sehr zu beklagen unzählige.
Man muß nach reiflicher Überlegung und scharfem Nachdenken, seinem eigenen Charakter gemäß handeln.
Im Reiche der Wirklichkeit ist man nie so glücklich wie im Reiche der Gedanken.
Zur Plage unseres Daseins trägt nicht wenig auch dieses bei, daß stets die Zeit uns drängt, uns nicht zu Atem kommen läßt und hinter jedem her ist, wie ein Zuchtmeister mit der Peitsche. – Bloß dem setzt sie nicht zu, den sie der Langenweile überliefert hat.
Ist sonach der Charakter der ersten Lebenshälfte unbefriedigte Sehnsucht nach Glück, so ist der der zweiten Besorgnis vor Unglück. Denn mit ihr ist, mehr oder weniger deutlich, die Erkenntnis eingetreten, daß alles Glück chimärisch, hingegen das Leiden real sei.
Das Mitleid ist die Grundlage der Moral.
Was Wert hat wird nicht geachtet, und was geachtet wird, hat keinen Wert.
Jeder Tag ist ein kleines Leben für sich.
Ein Heiliger kann voll des absurdesten Aberglaubens sein, oder er kann umgekehrt ein Philosoph sein: Beides gilt gleich. Sein Tun allein beurkundet ihn als Heiligen.
Jeder unmäßige Jubel beruht immer auf dem Wahn, etwas im Leben gefunden zu haben, was gar nicht darin anzutreffen ist, nämlich dauernde Befriedigung der quälenden, sich stets neu gebärenden Wünsche, oder Sorgen.
Den Gang der gemessen ablaufenden Zeit beschleunigen zu wollen, ist das kostspieligste Unternehmen. Also hüte man sich, der Zeit Zinsen schuldig zu werden.
Das ist eine rechte Herzensstärkung im Alter, wo die Freunde unsrer Jugendzeit fast alle weggestorben sind, daß wir neue und junge Freunde finden, welche an Teilnahme und Eifer die ehemaligen übertreffen.
Mit Recht ist gesagt worden: das Gehirn denkt, wie der Magen verdaut.
Höflichkeit mit Stolz zu vereinigen ist ein Meisterstück.
Genialität ist nichts anderes, als die vollkommene Objektivität, d.h., die objektive Richtung des Geistes, entgegengesetzt der subjektiven, auf die eigene Person gehenden.
Ein Neger mit Gazelle zagt im Regen nie.
Bekanntlich sind die Sprachen, namentlich in grammatischer Hinsicht, desto vollkommener, je älter sie sind, und werden stufenweise immer schlechter, vom hohen Sanskrit an bis zum englischen Jargon herab, diesem aus Lappen heterogener Stoffe zusammengeflickten Gedankenkleide.
Der leitende Grundsatz der Stilistik sollte sein, dass der Mensch nur einen Gedanken zur Zeit deutlich denken kann; daher ihm nicht zugemutet werden darf, dass er deren mehrere auf einmal denke. Dies aber mutet ihm der zu, welcher solche, als Zwischensätze, in die Lücken einer Hauptperiode schiebt.
Sogar ist die Poesie eine Stütze der Philosophie, eine Fundquelle von Beispielen, ein Erregungsmittel der Meditation und ein Probierstein moralischer und Psychologischer Lehrsätze. Die Poesie verhält sich eigentlich zur Philosophie so, wie die Erfahrung sich zur Wissenschaft verhält.
Seitdem Amors Köcher auch vergiftete Pfeile führt, ist in das Verhältnis der Geschlechter zueinander ein fremdartiges, feindseliges, ja teuflisches Element gekommen.
Während nämlich der Geist des Kindes noch ganz arm an Anschauungen ist, prägt man ihm schon Begriffe und Urteile ein, recht eigentliche Vorurteile.
Wer erwartet, dass in der Welt die Teufel mit Hörnern und die Narren mit Schellen einhergehen, wird stets ihre Beute oder ihr Spiel sein.
In Wahrheit aber zeigt sich in dieser Sprachreformation ein so kolossaler Unverstand, daß man fragen möchte, ob nicht eine Geisteskrankheit dahinter stecke, – und zwar eine ansteckende.
Freundschaft, Liebe und Anhänglichkeit der Menschen erwirbt man nur durch Freundschaft, Liebe und Anhänglichkeit an sie.
Gedanken und Witze willst du verschwenden? Den Anhang der Menschen dir zuzuwenden? Gib ihnen was Gutes zu fressen und zu saufen: sie kommen in Scharen dir zugelaufen.
Den Weisen wird man nicht an dem erkennen, was er auf dem Marktplatz redet, denn dort spricht er nicht mit seiner Stimme. Daher zieht der Kluge sich zurück in das Heiligtum seines Schweigens; läßt er sich bisweilen aus, so geschieht es im engen Kreise weniger und Verständiger.
Überhaupt ist der Pantheismus nur ein höflicher Atheismus.
Alle wahre und reine Liebe ist Mitleid, und jede Liebe, die nicht Mitleid ist, ist Selbstsucht.
„Er ist sehr ungesellig“ sagt beinahe schon „er ist ein Mann von großen Eigenschaften“.