Angelus Silesius Zitate
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Was klagst du über Gott? Du selbst verdammest dich! Er möcht‘ es ja nicht tun, das glaube sicherlich.
Mensch, alles außer dir; das gibt dir keinen Wert. Das Kleid macht nicht den Mann, der Sattel macht kein Pferd.
Mensch, wo du noch was bist, was weißt, was liebst und haßt, so bist du, glaube mir, nie ledig deiner Last.
Wenn du dich über dich erhebst und lässt Gott walten, so wird in deinem Geist die Himmelfahrt gehalten.
Was ist nicht sündigen? Du darfst nicht lange fragen: Geh hin, es werden’s dir die stummen Blumen sagen.
Der Sonne tut’s nicht weh, wenn du von ihr dich kehrst, Also auch Gotte nicht, wenn du in den Abgrund fährst.
Die Schöpfung ist ein Buch; wer’s weislich lesen kann, Dem wird darin gar fein der Schöpfer kund getan.
Weg mit dem Mittelweg! Soll ich mein Licht anschauen, so muß man keine Wand vor mein Gesichte bauen.
In dir muss Reichtum sein. Was du nicht in dir hast, wär’s auch die ganze Welt, ist dir nur eine Last.
Du willst nicht Sklave sein, und doch ist’s wahr, mein Christ, dass deiner Selbstbegier du vielmal Sklave bist.
Gott wohnt in einem Licht, zu dem die Bahn gebricht: Wer es nicht selber wird, der sieht ihn ewig nicht.
Du strebst so emsiglich nach einem Flecklein Erden: Durch Sanftmut könntest du der ganzen Erbherr werden.
Kein Stäublein ist so schlecht, kein Stüpfchen ist so klein: Der Weise siehet Gott ganz herrlich drinne sein.
Der Mensch hat zwei Augen; eins sieht nur, was sich in flüchtiger Zeit bewegt, das andere, was ewig ist und göttlich.
Gott ist noch mehr in mir, als wenn das ganze Meer in einem kleinen Schwamm ganz und beisammen war.
Das Maß der Seligkeit miß dir in Liebe ein, Je völler du von Lieb, je stolzer wirst du sein.
Die Seel‘ ist ein ew’ger Geist, ist über alle Zeit: Sie lebt auch in der Welt schon der Ewigkeit.
Die Lieb ist Flut und Glut: Kann sie dein Herz empfinden, so löscht sie Gottes Zorn und brennt hinweg die Sünden.
Das Hertz ist wie das Aug‘ ein eintzigs gränelein Wo du’s im Hertzen hast verursacht dir schon Pein.
Willst du den Perlentau der edlen Gottheit fangen, mußt du unverrückt an seiner Menschheit hangen.
Die heiligste Majestät, willst du ihr Ehr erzeigen, wird allermeist geehrt mit heilgem Stilleschweigen.
Der Weise fehlet nie; er trifft allzeit das Ziel: Er hat ein Augenmaß, das heißet: Wie Gott will.
Ruh‘ ist das höchste Gut, und wäre Gott nicht Ruh‘, Ich schlösse vor ihm selbst mein‘ Augen beide zu.
Der Mensch ist Gottes Kindheit.
Wer sich den Mittelpunkt zum Wohnhaus hat erkiest, der sieht mit einem Blick, was in dem Umschweif ist.
Ich bin nicht außer Gott und Gott nicht außer mir; ich bin sein Glanz und Licht, und er ist meine Zier.
Daß dir im Sonnenschein vergehet das Gesicht, Sind deine Augen schuld und nicht das große Licht.
Das Licht der Herrlichkeit scheint mitten in der Nacht. Wer kann es sehen? Ein Herz, das Augen hat und wacht.
Lebe jeden Tag, als ob es dein erster und dein letzter wäre.
Nicht du bist, der da lebt, denn das Geschöpf ist tot. Das Leben, das in dir dich leben macht, ist Gott.
Die Rose ist ohne Warum. Sie blühet, weil sie blühet. Sie achtet nicht ihrer selbst, fragt nicht, ob man sie siehet.
Träufelt ihr Himmel, gebt uns im Regen den Herrn der Gerechtigkeit, unsere Zier. Öffne dich Erde mit neuem Bewegen, bring uns den Heiland der Menschen herfür.
Es kann in Ewigkeit kein Ton so lieblich sein, als wenn des Menschen Herz mit Gott stimmt überein.
Gott, weil er groß ist, gibt am liebsten große Gaben, ach, daß wie Armen nur so kleine Herzen haben.
Das größte Wunderding ist doch der Mensch allein: Er kann, nach dem er’s macht, Gott oder Teufel sein.
Nimm, was der Herr dir gibt, Er gibt das Groß‘ im Kleinen, In schlechten Schlacken Gold, ob wir’s zwar nicht vermeinen.
Ach, daß wir Menschen nicht wie die Waldvögelein, ein jeder seinen Ton, mit Lust zusammenschrein!
Ach, könnte nur dein Herz zu einer Krippe werden, Gott würde noch einmal Kind auf dieser Erden.
In jedem ruht ein Bild dess‘, was er werden soll, solang er das nicht ist, ist nicht sein Friede voll.
Wenn du nicht Mensch mehr bist und dich verleugnet hast, so ist Gott selber Mensch und traget deine Last.
Mensch, wirst du nicht ein Kind, so gehst du nimmer ein, wo Gottes Kinder sind: Die Tür ist gar zu klein.
Wenn ich in Gott vergeh, so komm ich wieder hin, wo ich von Ewigkeit vor mir gewesen bin.
Zwei Menschen sind in mir: Der eine will, was Gott, der andere, was die Welt, der Teufel und der Tod.
Liebe dir ergeb‘ ich mich, Dein zu bleiben ewiglich!
Das Brot ernährt dich nicht: Was dich im Brote speist, Ist Gottes ew’ges Wort, Ist Leben und ist Geist.
Halt an, wo läufst du hin? Der Himmel ist in dir. Suchst du Gott anderswo, du fehlst ihn für und für.
Liebe, die du mich zum Bilde Deiner Gottheit hast gemacht.
Die Gottheit ist ein Brunnen, aus ihr kommt alles her und läuft auch wieder hin. Drum ist sie auch das Meer.
Tod ist der Sünden Sold, Gott ist der Tugend Lohn; erwirbst du diesen nicht, so trägst du den davon.
Der höchste Friede, den die Seele kann genießen, ist, wenn man sich kann eins mit Gottes Willen wissen.