Johann Gottfried Seume Zitate
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Demut und die mit ihr verwandte Geduld sind Engelstugenden, die die Spitzköpfe den Plattschädeln gar zu gern einprägen.
Es wird mir schwer, die Ehre der Christen zu finden, aber ihre Schande sehe ich.
Treibet die Furcht aus! Dann ist Hoffnung, daß der gute Geist einziehen werde.
Die Furcht und die Faulheit bringen den Menschen um alles Vernünftige.
Rebellion heißt Widerstand und Empörung, heißt Kraft und Mut, geradezugehen; beides können also schöne, männliche Tugenden sein. Nur die Umstände stempeln sie mit Schande.
Das Recht ist für alle, die an Gott glauben und die nicht an ihn glauben, folglich kann kein übersinnliches Prinzip desselben angenommen werden.
Wer Ansprüche macht, beweist eben dadurch, daß er keine zu machen hat.
Das Regiment der Unvernunft bricht wieder stark hervor: car tel est notre bon plaisir!
Die Geschichte ist am Ende doch ganz allein das Magazin unseres Guten und Schlimmen.
Gott der Vater schuf die Erde, Daß sie uns zum Himmel werde.
Privilegien aller Art sind das Grab der Freiheit und Gerechtigkeit.
Es gibt Geschichtsmänner, die das Schicksal bis zur Ohnmacht groß gemacht hat. Dann geht es ihnen wie den überwachsenen Körpern.
Hoffe nichts und fürchte nichts auf Erden Mit Leidenschaft, und du wirst glücklich werden.
Wer aus sich heraus lebt, tut immer besser, als wer in sich hinein lebt.
Der Blödsinn und der Eigennutz haben die Privilegien erschaffen.
Wenn alle nur vernünftig stolz wären, es würde in der Welt nicht so niederträchtig hergehen.
Wer mehr als gewöhnlichen Respekt verlangt, verdient auch den gewöhnlichen nicht.
Groß ist, wer seine Feinde tapfer überwand; Doch größer ist, wer sie gewonnen.
Die Freundlichkeit eines Freundes besticht mehr als das Gold des Despoten, und sicher mehr als ein Dolch.
Wer den ersten Sklaven machte, war der erste Hochverräter an der Menschheit.
Schmeichelei ist immer verdächtiger als Tadel.
Herrschen ist Unsinn, aber regieren ist Weisheit. Man herrscht also, weil man nicht regieren kann.
Einheit kann nur das Verderben hemmen, Und die Einheit fliehn wir wie die Pest.
Die geheime Geschichte der sogenannten Großen ist leider meistens ein Gewebe von Niederträchtigkeiten und Schandtaten.
Was ist der Mann? fragen andere. Wer ist sein Vater? fragt der Deutsche.
Die Schlechten sind tätig und verwegen, die Besseren – denn Gute kann man sie nicht nennen – sind träge und furchtsam, das erklärt den meisten Unsinn, den wir auf der Welt sehen.
Man darf nur die meisten Menschen bestimmt nötig haben, um sogleich ihre Bösartigkeit zu wecken.
Wer außer sich notwendig noch jemandes zu seinem Wohlbefinden bedarf, ist schwerlich ganz unbefangen.
Der Enthusiasmus der Freiheit ist, heller betrachtet, nichts anders als die Vorstellung der allgemeinen Gerechtigkeit.
Man verkauft uns meistens Gesetze für Gerechtigkeit, und oft sind sie gerade das Gegenteil.
Jede Periode des Lebens hat ihre Leidenschaften. Das Alter, das man für die weiseste halten sollte, hat gewöhnlich die schmutzigsten.
Wo von innen Sklaverei ist, wird sie auch von außen bald kommen.
Das Wort Strafe ist nur ein Begriff, insofern es Genugtuung heißt, und das Wort Rache ist nur vernünftig, insofern man Rechtsetzung darunter versteht.
Das beste Lebensregiment Ist, wo Gefühl die Seele schwellt Und de Vernunft das Ruder hält.
Ich bin der Meinung, dass alles besser gehen würde, wenn man mehr ginge… So wie man im Wagen sitzt, hat man sich sogleich einige Grade von der ursprünglichen Humanität entfernt… Fahren zeigt Ohnmacht, Gehen Kraft.
Wem Tod und Gefahren noch fürchterlich sind, Der bleibt für die Wahrheit wohl ewig ein Kind.
Die Kunst lebt im Zwielicht der Vernunft und ist immer eine Jugendtochter des Geistes. Solange der Geist in der Kunst lebt, ist er jung.
Nun sah ich zurück auf die schöne Gegend, (sc. Meißen) die schon Melanchthon so lieblich fand, dass er dort zu leben wünschte, und überlief in Gedanken schnell alle glücklichen Tage, die ich derselben genossen hatte.
Leben heißt wirken und vernünftigwirken. Nach unserer Weise heißt es leiden und unvernünftig leiden.
Nicht das Predigen der Humanität, sondern das Tun hat Wert. Desto schlimmer, wenn man viel spricht und wenig tut
Wir nennen Frieden, was doch nur Lethargie vor dem Tode ist, und ich fürchte, wir erwachen nur zu unserm Ende.
Wer im Dienst des Staates reich wird, kann kein Mann von Charakter sein. Jeder Staat belohnt seine Diener so, daß sie anständig leben und höchstens einen Sicherheitspfennig sparen können, aber zu Reichtum kann es auf ehrenvolle Weise keiner bringen.
Ein Tyrann ist durch seine Spione und Kreaturen überall.
Alle sauren Moralisten hielten ihr Zeitalter für das schändlichste, und sie haben alle recht, denn die gegenwärtige Schande ist immer die größte.
Aus der freien Narrheit der Individuen kann für den Staat große Weisheit gedeihen.
Wenn ich die Welt ansehe, freue ich mich, daß ich keine Kinder habe. Denn was würden sie anders werden als Sklaven oder Handlanger der Despoten? Freiheit und Vernunft gehören noch nicht in unsere Zeit.
Viele Menschen haben doch wohl in sich viel Vernunft, aber nicht den Mut, sie auszusprechen; die Unvernunft sprechen sie weit leichter aus, weil dabei weit weniger Gefahr ist.
Niemand darf gezwungen werden, für einen anderen zu arbeiten; Arbeit soll aus freiem Willen getan werden.
Geregnet muß es haben, wenn die Sonne lieblich scheinen, gestürmt muß es haben, wenn die Stille uns wohl thun soll; nur durch einen Zusatz von Bitterkeit gewinnt das Leben seinen wahren Hochgenuß.
Die wahre Freiheit ist nichts anderes als Gerechtigkeit.