Johann Gottfried Herder Zitate
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Wer für andere nur weiß, der trägt wie ein Blinder die Fackel, leuchtet voran und geht selber in ewiger Nacht.
Ekel kommt eigentlich allein dem Geschmack und Geruch zu; andern Sinnen nur, so fern sie sich an deren Stelle setzen. Nicht alles Häßliche also ist ekelhaft.
Der Mensch ist ein Inbegriff der ganzen Welt, der sichtbaren und der unsichtbaren, selbst Gottes.
Nicht auf dem Boden deiner Erde wandelst du, armer Mensch, sondern auf einem Dach deines Hauses, das durch die vielen Überschwemmungen erst zu dem werden konnte, was es dir jetzt ist.
Das Schicksal ist der Nachklang und das Resultat deines Charakters.
Halt dich fein rein, sei gern allein, laß andre sein, getreu es mein‘!
Homers Nebel und Unsichtbarwerden sind keine Poetische Phrases: sondern gehören mit zum Mythischen Wunderbaren seiner Epopee. Unsichtbar seyn ist nicht der natürliche Zustand der Homerischen Götter.
Das Gefühl der menschlichen Würde war die hauptsächlichste moralische Triebfeder des Altertums, und das Gefühl der Sündhaftigkeit die des Mittelalters.
Unser Denken hängt ab vom Empfinden.
Ein Buch hat oft auf eine ganze Lebenszeit einen Menschen gebildet oder verdorben.
Wie wir gegen andre handeln, so handeln andre gegen uns; ja sie werden von uns gezwungen, so zu handeln.
Wahre Religion also ist ein kindlicher Gottesdienst, eine Nachahmung des Höchsten und Schönsten im menschlichen Bilde, mithin die innigste Zufriedenheit, die wirksamste Güte und Menschenliebe.
Selten wissen die Menschen, weshalb sie streiten; je länger aber, desto hartnäckiger hadern sie.
Wer nicht läuft, gelangt nie zum Ziele, und wer sich nicht anstrengt, wird nie seine Absicht erreichen.
Vergiß dein Ich. Dich selbst verliere nie! Nichts Größres konnt aus ihrem Herzen dir die reiche Gottheit geben als dich selbst.
Der kluge Mann sucht alles zu seinem Vorteil anzuwenden.
Wer seinen Sinnen nicht traut, ist ein Tor und muß ein leerer Spekulant werden; dagegen wer sie trauend übt und eben dadurch erforscht und berichtigt, der allein gewinnet einen Schatz der Erfahrung für sein menschliches Leben.
Die menschliche Seele hat ihre Lebensalter wie der Körper.
Niemand schaden, allen Hilfe leisten, jedermann ein heilger Altar sein, ist Religion. Und diese Freundin geht mit uns, wenn alles einst zurückbleibt.
Denn dem Glück, geliebt zu werden, gleicht kein ander Glück auf Erden.
Jede Moral ohne Gott ist eine Parasitenpflanze.
Was in den Herzen anderer von uns lebt, ist unser wahrstes und tiefstes Selbst.
Wörter sind nicht bloß Zeichen, sondern gleichsam die Hüllen, in welchen wir die Gedanken sehen.
Wenn ein Umstand uns vor den Thron Gottes treiben soll, so ist’s die Geburt eines Kindes auf unserer Erde.
Manns Verstand zeigt oft auch eine flüchtige Stunde, Manns Gemüt bewährt oft mit den Jahren sich erst.
Kein nachahmender höherer Affe sollte der zur Freiheit erschaffene höhere Mensch sein, sondern, auch wo er geleitet wird, im glücklichen Wahn stehen, daß er selbst handele.
Auf Treu und Glaube sind Freundschaft, Ehe, Handel und Wandel, Regierung und alle andre[n] Verhältnisse zwischen Menschen und Menschen gegründet. Man untergrabe diesen Grund; alles wankt und stürzt; alles fällt auseinander.
Je reiner die Gedanken der Menschen sind, desto mehr stimmen sie zusammen.
Hunger ist schärfer als der scharfe Dorn.
Hoffnung, Hoffnung, immer grün! Wenn dem Armen alles Fehlet, alles weicht, ihn alles quälet, du, o Hoffnung, labest ihn.
Gewöhnlich hält man nichts von geringerem Werth als Sprüche; wie bald, denkt man, ist ein Spruch gesagt!
Zähle dich nicht zu Menschen, so lange Zorn dich empört; nur in der Ruhe gedeiht, Menschheit, des Menschen Verstand.
Im Unglück erkennt man die Freunde.
Aus dem Erzählen zeigt sich, ob jemand zu hören gewußt habe.
Allen immer gefallen ist ein Glücksspiel, wenigen gefallen, ein Werk der Tugend, wenn’s die Besseren sind. Gefallen niemand schmerzet und kränket. Wenigen gefallen und nur den Besten. Aber unter beiden; ob allen oder keinem? – Keinem!
Wer viel zu sprechen, aber nichts zu sagen, geschweige recht und gefällig zu sagen weiß, ist ein Ungebildeter.
Homer macht Thersites nicht häßlich, um ihn lächerlich zu machen. Häßlichkeit an Seele und Körper ist sein Charakter, der blos dadurch gemildert wird, daß er auf nichts Schädliches ausläuft.
Uns ist die Religion die Polizei, und ihre Diener sind ein stehend Heer.
Auf dich selbst schau, nicht allen vertrau!
Ohne Begeisterung geschah nichts Großes und Gutes auf der Erde; die man für Schwärmer hielt, haben dem menschlichen Geschlecht die nützlichsten Dienste geleistet.
Freundschaft: Aufschluß und Teilung der Herzen, innige Freude aneinander, gemeinschaftliches Leid miteinander, Rat, Trost, Bemühung, Hilfe füreinander sind die Kennzeichen, ihre Süßigkeiten und innere Belohnung.
Kein einzelner Mensch ist für sich da. Er ist in das Ganze des Geschlechts eingewebt, er ist nur Eins für die fortgehende Folge.
Langsam gehe dir die Freundin Entschließung zur Seite; eilt sie voran, so holt bald auch die Reue sie ein.
Das Menschengeschlecht, wie es jetzt ist und wahrscheinlich noch lange sein wird, hat seinem größten Teil nach keine Würde. Man darf es eher bemitleiden als verehren.
Alles sinkt im Strom der Zeiten; Nur der Freundschaft Blume blühet Unzerstörbar auf den Wellen, Und wie schön jenseit des Stromes!
Die Tätigsten der Menschen waren stets die unbedürftigsten.
Der Faden des Lebens hängt stets am Faden des Todes.
Was in Sitten auf die Gesellschaft am meisten wirkt, ist nicht Lehre und Befehl, sondern Vorbild, Beispiel.
Die Liebe, sie allein verzeihet ganz.
Wer sich auf himmlische Kräfte verläßt, indem er den eigenen entsagt, ist ein Tor.