Johann Gottfried Herder Zitate
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Rohe Kräfte können nur durch die Vernunft geregelt werden; es gehört aber eine wirkliche Gegenmacht, d.i. Klugheit, Ernst und die ganze Kraft der Güte dazu, sie in Ordnung zu setzen und mit heilsamer Gewalt darin zu erhalten.
Die Jahre wissen keinen Halt, sie achten keiner Zügel. Der Mensch wird unversehens alt, als hätt er schnelle Fügel.
Ein edler Held ist, der für’s Vaterland, Ein edlerer, der für des Landes Wohl, Der edelste, der für die Menschheit kämpft.
Alles ist in der Natur verbunden: Ein Zustand strebt zum anderen und bereitet ihn vor.
Jedes Weibes Fehler ist des Mannes Schuld.
Humanität ist der Charakter unsers Geschlechts; er ist uns aber nur in Anlagen angeboren und muss uns eigentlich angebildet werden. Wir bringen ihn nicht fertig auf die Welt mit; auf der Welt aber soll er das Ziel unseres Bestrebens, die Summe unserer Übungen, unser Wert sein.
Venedig ist eine sonderbare Stadt, die gleichsam aus der See emporsteigt, voll Gedränges von Menschen, voll Fleiß und Betrügerei. Es ist mir lieb, dass ich sie gesehen habe.
Der edle Mensch sucht allenthalben das Bessere, das Beste, wie der Zeichner malerische Gegenden aufsucht. Auch hinter dem Schleier böser Gewohnheiten wird jener ursprünglich gute, aber mißbrauchte Grundsätze bemerken, und auch aus dem Abgrunde des Meeres nicht Schlamm, sondern Perlen holen.
Eher schätzet man das Gute nicht, als bis man es verloren.
Neu und freier wird das Herz durch besiegte Leiden.
Wir sollen nicht in uns selbst, abgetrennt und selbstsüchtig leben, sonst sind wir falbe Herbstblätter, die in der Luft flattern, um bald am Boden ganz zu ersterben.
Ohne die Tat ist Wissen wie ohne Honig die Biene.
Keine zwei Dinge konnten einander an sich fremder sein als das römische Papsttum und der Geist deutscher Sitten: jenes untergrub diese unaufhörlich, wie es sich gegenteils vieles aus ihnen zueignete und zuletzt alles zu einem deutsch-römischen Chaos machte.
Ehe heißt Ordnung; sie ist der älteste und schönste Orden, den der Schöpfer selbst gestiftet und mit seinem Segen beehrt hat.
Nicht jeder kann alles lesen; die Furcht aber vor dem, was der andere bemerkte, ist oft mehr wert als das Gelesene selbst.
Gott sortiert Gebete sicherlich nicht nach Konfessionen.
Was haben, gegen Weiber, Wir, die Männer, wohl für Waffen? Deshalb dann regieren sie.
Zum Besten der gesamten Menschheit kann niemand beitragen, der nicht aus sich selbst macht, was aus ihm werden kann und soll.
Der Mensch ist des Menschen erster und vorzüglichster Lehrer.
Wer traut auf Weibertreu, Der trügt sich sehr, der büßt es schwer Mit mancher späten Reu.
Lassen wir den Schicksalsfaden leise laufen, wie er läuft, ohne ihn reißen und aufhalten zu wollen: so geht er desto sicherer seinen Gang, und findet sich wieder in unsre Hand, wenn wir’s am wenigsten gedenken und hoffen.
Laß es sein, daß der Gutherzige lang unterdrückt werde; mit der Zeit werden sich andre Gutherzige zu ihm sammeln und ihre Kräfte mit den seinigen vereinen.
Toleranz ist immer und überall eine Frage der inneren Selbstbefreiung.
Hätte die Katze Flügel – kein Sperling wäre in der Luft mehr. Hätte, was jeder wünsch, jeder – wer hätte noch was?
Die Natur ist kein selbständiges Wesen, sondern Gott ist Alles in seinen Werken.
Ein Fürst ist gegen sein Volk, was das Herz dem Körper ist.
Gewohnheit tut mehr als Gesetz.
Schönheit ist ein mißlich Geschenk. Sie machet den Liebling eitel, und wenn sie entflieht, läßt sie ihn traurig und leer.
Wer am Wipfel des Baumes Früchte sehen will, der nähre seine Wurzeln.
Das Los der Gesegneten ist: Genuß höherer Erkenntnis, erweiterte Tätigkeit und Seligkeit, Gottesgemeinschaft für geringe Taten und gegen kleine Leiden.
Das haben wir beid‘ erfahren, Was falsche Liebe tut.
Die öffentliche Meinung ist dem Gesetz stets voraus.
Jeder Stand, jede Lebensart hat ihre eignen Sitten.
Komm hinaus, Jüngling, aufs freie Feld und merke: die urälteste, herrlichste Offenbarung Gottes erscheint mir jeden Morgen als Tatsache, großes Werk Gottes in der Natur.
Auch die Kritik ist ohne Genius nichts. Nur ein Genie kann das andere beurteilen und lehren.
Liebe ist die größte Weisheit; Liebe ist unser Königreich aus dem Paradiese; worüber wir mit Liebe herrschen, das ist gewiß unser. Je weiter wir also diess verbreiten und je enger zugleich es an uns ziehen können, desto weiser und glücklicher sind wir.
Glaube ist weder Wissen noch Ahnen, weder ein bloßes Hoffen noch Wünschen; er ist eine stille Zuversicht des Unsichtbaren nach dem Maßstabe des Sichtbaren; ein Ergreifen der Zukunft.
Wohlgereimte Sentenzen sind Machtsprüche; sie tragen im Reim das Siegel der ewigen Wahrheit.
Trotz aller Schulen der Philosophie wird der Mensch immerhin das bösartigste Tier der Welt bleiben; Aberglaube, Eigennutz, Rache, Verrat, Undankbarkeit werden bis ans Ende der Zeiten blutige, traurige Szenen hervorbringen, weil Leidenschaften uns beherrschen, selten die Vernunft.
Die Seele des Kindes ist heilig und was vor sie gebracht wird, muß wenigstens den Wert der Reinlichkeit haben.
Groß ist Gott im Größten und im Kleinsten!
Gemeinschaftliche Gefahren erwecken gemeinschaftlichen Mut; sie knüpfen also das edelste Band der Männer, die Freundschaft.
Was die Schickung schickt, ertrage.
Wir leben immer in einer Welt, die wir uns selbst einbilden.
Wer seine Saat aufisset im Keim, der nehm in der Ernte Statt der Ähren dann auch einzeln mit Stoppel vorlieb.
Weibliche Unschuld und Reinheit im höchsten Sinne ist das Höchste und Heiligste auf Erden. Hier ist die Stufe, über welche das Göttliche zum Menschlichen herabsteigt.
Groß ist Gott im Kleinesten und Größten.
Einem Menschen sein hiesiges Dasein rauben, um ihn mit einem andern außer unserer Welt zu belohnen, heißt den Menschen um sein Dasein betrügen.
Lob befruchtet die Seele, wie den Acker milder Regen, damit die Saat im ersten Wuchs nicht sterbe.
Innere Schätze beglücken. Dir im Innern Liegt Edelstein und Gold; da grabe In den Grüften. Von außen suchst du ewig Ruhe vergebens.