Johann Gottfried Herder Zitate
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Je besser ein Staat ist, desto besser wird in ihm die Humanität gepflegt. Je inhumaner, desto unglücklicher und ärmer.
Der Weise geht auf seinem Wege fort, die menschliche Vernunft aufzuklären, und zuckt nur denn die Achseln, wenn andre Narren von dieser Aufklärung als einem letzten Zwecke, als einer Ewigkeit reden.
Auf Charakter, dünkt mich, komme es bei unserer Existenz am meisten an.
Weise Männer bedürfen minder der Könige Freundschaft, als der König des Rats weiser Männer bedarf.
Was der Frühling nicht säete, kann der Sommer nicht reifen, der Herbst nicht ernten, der Winter nicht genießen.
Erkennen ohne Wollen ist nichts, ein falsches, unvollständiges Erkennen.
Keine andere Dichtungsart versteht dem menschlichen Herzen so feine Dinge so fein zu sagen, als das Märchen.
Sind wir uns untreu, wie werden wir andern treu sein?
Die Sonne geht unter, damit Nacht werde und Menschen sich über eine neue Morgenröte freuen können.
Der Mensch ist nie so vergnügt, als wenn er nach Wahn handeln kann, zumal nach einem von andern verdammten, von ihm selbst geformten, Lieblingswahne. Da lebt er recht in seinem Elemente und ist seiner Kunst Meister.
Arm an Reizen ist unser Leben und dürftig an Freuden, wenn wir die Sorgen nicht reißen aus unserer Brust. Graue Haare pflanzen sie auf, dem grünenden Scheitel; zehren der Menschen Gemüth wütend und wütender aus.
Weder Krieger noch Mönche nähren ein Land.
Wer seinen Pflichten entsagt, verliert seine Rechte.
Zuviel Keuschheit, die da schwächt, ist ebenso Laster als zuviel Unkeuschheit.
Wem viel gegeben wird, von dem wird viel verlangt.
Die höchste Liebe wie die höchste Kunst ist Andacht. Dem zerstreuten Gemüt erscheint die Wahrheit und die Schönheit nie.
Es gibt keine einseitigen Pflichten und einseitigen Rechte.
Wer den Ton in Dur angibt, dem wird, früher oder später, in Dur geantwortet.
Je gröber der Irrtum, desto kürzer und gerader der Weg zur Wahrheit, dahingegen der verfeinerte Irrtum uns auf ewig von der Wahrheit entfernt halten kann, je schwerer uns einleuchtet, daß er Irrtum ist.
Was nicht in Deiner Macht, O Thor, das wünschest Du; Und was in Deiner Macht, Verlierst Du drüber – Ruh!
Strenge gegen dich selbst! Beschneide die üppigen Reben; desto fröhlicher wächst ihnen die Traube dereinst.
Auch den vertrautesten Freund verschone mit deinem Geheimnis: forderst du Treue von ihm, die du dir selber versagst?
Die Schönheit der Welt ist nur für den ruhigen Genuß geschaffen. Mittels seiner allein teilt sie sich dem Menschen mit und verkörpert sich in ihm.
Der Mensch [ist] zwar ein schwaches Kind, aber doch ein Freigeborner; wenn noch nicht vernünftig, so doch einer bessern Vernunft fähig.
Arbeit ist des Blutes Balsam. Arbeit ist der Tugend Quell.
Es ist ja nicht Liebe, wenn Liebe verläßt.
Galanterie ist eine Modeschönheit; sie ändert sich mit den Zeiten.
Auch mit wenigem lebt man glücklich; zu verschmähen den Reichtum ist auch Reichtum; nüchtern-fröhliche Armut machet nüchtern, tapfer und fröhlich.
So wie die Flamme des Lichts auch umgewendet hinauf strahlt, So, vom Schicksal gebeugt, strebet der Gute empor.
Die Natur hat an die gebrechliche Hülle des menschlichen Leibes alle Kunst verwandt, die ein Gebilde der Erde fassen kann.
Sprichwörter sind der Spiegel der Denkart einer Nation.
Wie unser Gang ein beständiges Fallen ist zur Rechten und zur Linken, und dennoch kommen wir mit jedem Schritt weiter, so ist der Fortschritt der Kultur in Menschengeschlechtern und ganzen Völkern.
Heimat ist da, wo man sich nicht erklären muß.
Das Menschengeschlecht wird nicht vergehen, bis dass alles geschehe! Bis der Genius der Erleuchtung die Erde durchzogen!
Wer sich hinsetzt und eine trockene Lehre, einen dünnen Sittenspruch in eine Schale nähet, dem ist die wahre Fabelmuse nie erschienen.
Am innigsten aber wird Sprache und Rede durch Umgang gebildet; und leider wir Deutsche nutzen den Umgang zu Bildung unsrer Sprache und Rede fast gar nicht: daher heißen wir bei andern Nationen so oft stumme, oder ungeschickt Sprechende, grobe Barbaren.
Die Zeit hilft alles tragen, die lindernde macht alle Schmerzen, alle Qualen leicht.
Das eine Menschengeschlecht hat sich allenthalben auf der Erde klimatisiert.
Die erste und letzte Philosophie ist immer Religion gewesen. Auch die wildesten Völker haben sich darin geübt: denn kein Volk der Erde ist völlig ohne sie, so wenig als ohne menschliche Vernunftfähigkeit und Gestalt, ohne Sprache und Ehe, ohne eigene menschliche Sitten und Gebräuche gefunden worden.
Wie an den Früchten den Baum, so erkennt man eine Lehre an der Wirkung.
Ein Kind, dem nie Märchen erzählt worden sind, wird ein Stück Feld in seiner Seele haben, auf dem in späteren Jahren nichts mehr angebaut werden kann.
Fürchterlicher ist den Bösen nichts, als derer, die sie hassen, fern erworb’ner, schöner Ruhm.
Dein Wesen sei dein Beruf, was keiner als du tun kannst und sollst, das tue, so tust du recht.
Ob Homer für uns Deutsche übersetzt werden solle? Das Fortschreitende seiner Manier, und die beständig zirkelnden und wiederkommenden Züge in seinen Bildern sind kaum übersetzbar.
Abgetrennt vom Leibe gedeihet kein Glied mehr; Menschen von Menschen getrennt sind ein entfallenes Haar.
Eine Erfindung weckt die andere auf, eine Tätigkeit erweckt die andere.
Alle zerstörenden Kräfte in der Natur müssen den erhaltenden Kräften mit der Zeitenfolge nicht nur unterliegen, sondern auch selbst zuletzt zur Ausbildung des Ganzen dienen.
Hinter Wolken die Sonne zu sehn, gibt trügliche Lichter; Ohne Wolken sie sehn, blendet und stumpft das Gesicht. Also schaue du sie hinieden im ruhigen Abglanz; Taten lehren uns mehr als ein bezaubernder Blick.
Lob ist freilich das Beste; der Tadel grenzet an Feindschaft!
Fache den Funken nicht an, der zwischen Freunden erglimmt ist; leicht versöhnen sie sich, und du bist beiden verhaßt.