Johann Gottfried Herder Zitate
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Eine schöne Menschenseele finden, ist Gewinn. Ein schönerer Gewinn ist, sie erhalten, und der schönste, und schwerste, sie, die schon verloren war, zu retten.
Die zwei größten Tyrannen der Erde: der Zufall und die Zeit.
Ein gemeinschaftliches Leben ist das Mark der wahren Freundschaft.
Die Moral blühet schön in Worten und zieht ihre Ranken hie und dort hin, ja sie umschlingt jede Ritze einer Menschenseele; die Sonne geht auf und sie ist nicht mehr, der Mensch, der sie erfand, verleugnet sie selbst und kein Ort kennt ihre Stätte.
Der ist der Tapfere nicht, der den zornigen Löwen hervorlockt. Der ist’s, der auch im Zorne die Worte gütig beherrscht.
Schätze den Hund nicht nach den Haaren, sondern nach den Zähnen.
Drücke den Pfeil zu schnell nicht ab, der nimmer zurückkehrt! Glück zu zerstören, ist leicht, wiederzugeben so schwer.
Naturwissenschaft und Naturlehre muß ein Knabe lernen, damit er sich seines Lebens erfreue, die Wohltaten der Natur erkenne und recht gebrauche und daß endlich einmal so mancher Irrtum und Aberglaube verschwinde.
Eine gute Rede muß so individuell sein, daß sie von keinem andern und zu keinem andern gehalten werden könnte. Sie muß immer Gelegenheitsrede sein.
Alles hat seine Zeit: Winter und Sommer, Herbst und Frühling, Jugend und Alter, Wirken und Ruhe.
Weiberschönheit macht durch ihren allmächtigen Zauber weise Männer zu Toren.
Das Succeßive in den Tönen ist nicht das Wesen der Dichtkunst. Ganz und gar auch nicht mit dem Coexsistenten der Farben zu vergleichen. Aus dem Succeßiven der Poesie folgt nicht, daß sie Handlungen schildere. Das Succeßive der Töne kommt jeder Rede zu.
Alles fließt zusammen. Alles wird Ein Ton, Ein Seufzer.
Vorübergehend ist also alles in der Geschichte, die Aufschrift ihres Tempels heißt: Nichtigkeit und Verwesung.
Die Geographie ist die Basis der Geschichte, und die Geschichte ist nichts anderes als eine in Bewegung gesetzte Geographie der Zeiten und Völker. Wer eine oder die andere treibt, versteht keine, und wer beide verachtet, sollte nicht auf, sondern wie der Maulwurf, unter der Erde wohnen.
Wer ausharret, wird gekrönt.
Schneller Gang ist unser Leben, laßt uns Rosen auf ihn streun!
Licht! Liebe! Leben!
Leben ist Lebens Lohn, Gefühl sein ewiger Kampfpreis.
Lasset uns mit mutigem, fröhlichem Herzen auch mitten unter der Wolke arbeiten, denn wir arbeiten zu einer großen Zukunft. Und lasset uns unser Ziel so rein, so hell, so schlackenfrei annehmen, als wir’s können; denn wir laufen in Irrlicht und Dämmerung und Nebel.
Was das Schicksal schickt, ertrage! Wer ausharret, wird gekrönt.
Ohne Begeisterung schlafen die besten Kräfte unseres Gemütes. Es ist ein Zunder in uns, der Funken will.
Wie der Schatten früh am Morgen Ist die Freundschaft mit dem Bösen; Stund‘ auf Stunde nimmt sie ab. Aber Freundschaft mit dem Guten Wächset wie der Abendschatten, Bis des Lebens Sonne sinkt.
Wir messen unsere trägen Schritte nach Raum und Zeit und sind – wir wissen es nicht – inmitten der Ewigkeit.
In jeder Zeit war die Poesie der Inbegriff der Fehler und Vollkommenheiten einer Nation, ein Spiegel ihrer Gesinnungen, der Ausdruck des Höchsten, nach welchem sie strebte.
Einzeln ist der Mensch ein schwaches Wesen, aber stark in Verbindung mit anderen. Einsam müht er sich oft umsonst. Ein Blick des Freundes in sein Herz, ein Wort seines Rates, seines Trostes weitet und hebt ihm den niedrigen Himmel, rückt ihm die Decke des Trauerns hinweg.
Denn das Band der Ehgenossen ist ein zart vertraulich Band.
Alles verwandelt sich, nichts stirbt. In schöner Verwandlung Wir die Hoffnung Genuß Und das Verlorne Gewinn.
Der Mensch soll nicht vernünftiger, er soll menschlicher werden.
Wer erdichten will, erdichte ganz; wer Geschichte schreiben will, habe das Herz, die Wahrheit nackt zu zeigen.
Je schwächer, je rachsüchtiger.
Nirgend auf Erden blühet die Rose der Glückseligkeit ohne Dornen; was aber aus diesen Dornen hevorgeht, ist allenthalben und unter allerlei Gestalten die zwar flüchtige, aber schöne Rose einer menschlichen Lebensfreude.
Ist die Sprache eines Menschen, einer menschlichen Gesellschaft schleppend, hart, verworren, kraftlos, unbestimmt, ungebildet, so ist’s gewiß auch der Geist dieser Menschen; denn sie denken ja nur in und mit der Sprache.
Trägt das Schicksal dich, so trage du wieder das Schicksal; Folg‘ ihm willig und froh: willst du nicht folgen, du mußt.
Rühre die Laute nicht, wenn ringsum Trommeln erschallen; führen Narren das Wort, schweiget der Weise still.
Unsere Lebensalter sind die der Pflanze: wir gehen auf, wachsen, blühen, blühen ab und sterben.
Wohl ihm, der bis auf die Neige Rein gelebt sein Leben hat.
Süß wie dem durstenden Wandrer in Mittagshitze der Quell ist; süß wie nach Wintergefahr Schiffern das blumige Land; Also und süsser noch ists, wenn nach langer Entfernung glückliche Liebe zwei sehnende Seelen vereint.
Dem Dichter geht Individualität seiner Götter weit über Charakter.
Talare hindern freien Gang, Reichtümer freie Seele.
Denn nichts wirkt, auch ohne daß wir es gewahr werden, auf unser jugendliches Gemüt mehr, als das Beispiel derer, mit denen wir leben. Dreimal glücklich ist die aufblühende Seele, der, als sie noch Knospe war, der Himmel eine so schöne Stelle verlieh!
Alle Irrtümer des Menschen sind ein Nebel der Wahrheit.
Wer den Freund aufrichtig empfängt, Verwandte mit Achtung, Frauen mit Höflichkeit, Arme mit Gaben und Gunst, Stolze mit Demut, irrende Menschen mit sanfter Belehrung, Weise nach ihrem Gemüt, der ist ein freundlicher Mann.
Alle Fehler verzeihe ich gern, nur die Fehler der Disposition nicht.
Suche die Weisheit, Freund, als würdest du auf ewig hier sein; Tugend, als hätte dich schon der Tod am sträubenden Haar.
Daß sich die französische Sprache vor andern zu einer philosophischen Präzision gebildet, kommt unter andern auch davon her, daß in ihrem Vaterlande so lange und viel, so leicht und fein disputiert worden ist.
Vor Verrätern Hüte jeder sich, am meisten, Wer Gewalt und unrecht tut.
Kunst kommt von Können oder von Kennen her (nosse aut potesse), vielleicht von beiden, wenigstens muß sie beides in gehörigem Grad verbinden.
Thränen und Seufzer löschen nicht aus die Tafel des Schicksals; Bitten und Schmeichelei’n ändern kein Pünktchen auf ihr. Kümmerte sich der Engel, der über die Winde gesetzt ist, ob sein brausender Hauch irgendein Licht’chen verweh‘?
Fehlschlüsse, wenn man die Succeßion der Töne für das Hauptmerkmal der Poesie annimmt.