Johann Friedrich Herbart Zitate
Machen, daß der Zögling sich selbst finde, als wählend das Gute, als verwerfend das Böse: dies oder nichts ist Charakterbildung.
Das Fundament aller Anlagen ist die körperliche Gesundheit. Kränkliche Naturen fühlen sich abhängig; robuste wagen es, zu wollen. Daher gehört zur Charakterbildung wesentlich die Sorge für die Gesundheit.
Man richte den Zwang so ein, daß er bloß eine, womöglich persönlich scheinende Notwendigkeit (Schicksal) aufrecht erhalte.
Erziehung ist Arbeit, und hat, wie jede Arbeit, einerseits ihren Zweck, andererseits ihre Mittel und Hindernisse.
Wen eine einzelne Empfindung beherrscht, – wäre sie an sich die edelste, – der ist von der Einheit des Charakters am weitesten entfernt.
Lange Unfreundlichkeit hat Abstumpfung zur Folge.
Eines von den Werken der Tugend ist, Tugend zu erzeugen. Sie weckt andere Gemüter zur Einstimmung mit ihr selbst.
Zur nötigen Strenge muß die Güte und zur Güte noch die Freundlichkeit kommen, wenn man nicht das Gemüt des Kindes erkälten und die Keime des Wohlwollens töten will.
Wir sollten uns auch für das verantwortlich fühlen, was wir denken und empfinden.
Die Geschichte ist die Lehrmeisterin der Menschheit, und wenn sie es nicht wird, so tragen die Jugendlehrer der Geschichte die Schuld.
Aber man sorge auch für die ästhetische Stimmung. […] Freies, belebtes Gespräch führt jener Stimmung am nächsten; sinniges Alleinsein hilft sie vollenden. – Regt sich der Geschmack, so muß man die Phantasie zu beobachten suchen. Dazu hilft ein vertrauliches Verhältnis.
Es kommt vieles auf ein richtiges Auffassen der eigenen Individualität an; wer sich falsch beurteilt, ist in Gefahr, sich selbst zu zerreiben.
Man verliert nichts, wenn man unter gewissen Umständen denjenigen gerade zu als Gegner behandelt, der nur ein schwacher Freund und Gehilfe sein würde.
Das rechte Verhältnis zwischen Gefäß- und Nervensystem ist die erste sehr wesentliche Bedingung des guten Gedächtnisses.
Niemand darf sein Kind als sein Spielzeug behandeln.
Die Erziehung ist Sache der Familien; von da geht sie aus, und dahin kehrt sie größtenteils zurück.
Die bloße Praxis gibt eigentlich eine höchst beschränkte, nichts entscheidende Erfahrung, erst die Theorie muß lehren, wie man durch Versuch und Beobachtung sich bei der Natur zu erkundigen hat, wenn man ihr bestimmte Antworten entlocken will.
Niemals lernt derjenige eine Sache recht kennen, der damit anfängt, sie als Mittel zu etwas anderem zu gebrauchen.
Die vier Begriffe: Vielseitigkeit, Interesse, Charakter und Sittlichkeit muß man zusammen im Auge haben; jeden einzeln und alle in allen Vergleichungen.
Macht und Ansehen, die notwendigen Grundlagen der Obrigkeit, sind allemal für den Staat etwas Vorgefundenes, das, wenn schlecht gehütet, zwar bald zerstört, aber niemals nach Willkür wieder geschaffen werden kann. Wie viel Willkür sich einmischt, so viel ist an Macht verdorben.
Die Bildung des Gedankenkreises – also Unterricht – ist der wesentliche Teil der Erziehung.
Wer die Reflexion einmal kennt, dem genügt selten das Empirische. Es ist zu dürftig und beengt trotz allem Reichtum.
Sind die Lehrer mechanische Arbeiter, so drücken sie den Geist der Jugend unfehlbar um so mehr, je größere Amtstreue sie in ihrem Berufe beweisen wollen. Der Lehrer muß Geist haben, um den Gedanken des Schülers freie Bewegung geben zu können.
Es ist das Los der großen Reformatoren, daß sie, aufgehalten im Kampf mit einer großen Zahl wegzuräumender Verkehrtheiten, nicht leicht dazu kommen, etwas durchaus Ganzes, und als solches Bleibendes, zu stiften.
Das Interesse, das der Mensch unmittelbar empfindet, ist die Quelle seines Lebens. Solcher Quellen recht viele zu öffnen, sie reichlich und ungehindert strömen zu machen, das ist die Kunst, das menschliche Leben zu verstärken.
Die Grenzen des Gedankenkreises sind die Grenzen für den Charakter.
Der Zweck der Erziehung ist, die Kinder dem Spiel des Zufalls zu entreißen.
Täusche sich niemand durch das üblich gewordene Gerede vom freien Denken, was zur Willkür im Denken führt, die von wissenschaftlicher Notwendigkeit das gerade Gegenteil ist. Für den Flug des Denkens wachsen die Flügel sehr langsam.
Aller Schwärmerei droht der Übergang in Fanatismus. Darum darf keine Schwärmerei Nachsicht finden bei den Denkern.
Der Blödsinn, der allein unter allen Geisteszerrüttungen angeboren vorkommt, ist allgemeine Schwäche des Geistes.
Der Autorität beugt sich der Geist; sie hemmt seine eigentümliche Bewegung; und so kann sie trefflich dienen, einen werdenden Willen, der verkehrt sein würde, zu ersticken.
Achtet es nicht gering, daß schon das Kind eine ästethische Stimme kennen lerne. Freies, belebtes Gespräch führt jener Stimmung am nächsten. Regt sich der Geschmack, so muß man die Phantasie zu beobachten suchen. Dazu hilft ein vertrauendes Verhältnis am meisten.
Der Grad der Aufmerksamkeit ist wichtiger als deren längere Dauer. – Am erfolgreichsten ist die unwillkürliche Aufmerksamkeit, sie muß durch die Kunst des Unterrichts gesucht werden.
Die Hauptgrundlage des Charakters ist die Konstruktion der Neigungen.
Jede Spaltung in den Meinungen schwächt eine Kraft, die bisher als eine einzige gewirkt hat.
Anschauen heißt, ein Objekt, indem es gegeben wird, als ein solches und kein anderes auffassen.
Jedes Kind wächst in seiner eigenen Kraft und Gestalt; darum sei uns die Eigenart eines jeden Kindes heilig.
Es gibt in jeder Wissenschaft solche Fragen, die jedes Zeitalter sich vo Neuen vorlegen muß, wäre es auch nur, um die schon gegebene richtige Antwort mit eigener Einsicht anzunehmen.
Die größte Sünde ist die Langeweile.
Langweilig zu sein, ist die größte Sünde des Unterrichts.
Die Freiheit hat keinen anderen Wert, als den eines richtigen Gebrauchs. So von der politischen bis zur akademischen Freiheit und von der Freiheit der Selbstbeherrschung bis zur künstlerischen Freiheit.
Mangel an Gedankenvorrat ist der gewöhnliche Mangel jugendlicher Aufsätze. Und dieser Mangel ist nicht immer derselbe, wie der Mangel an Kenntnissen. Er ist vorzüglich Mangel an Meinungen und Empfindungen.
Nur wer sich die Abhängigkeit der menschlichen Dinge zu gestehen geneigt ist, kann Religion haben.
Die Gewohnheit ist das Gedächtnis des Willens.
Wessen Geschmack verdorben ist, wer das Bizarre, das Wilde, das Flüchtige, das Häßliche liebt, – der ist auch für die Forschung nach Wahrheit verdorben.
Das Treiben und die Gewohnheit der Menschen bestimmen ihren Charakter und Willen, nicht umgekehrt.
Das Anschauen ist das Wichtigste unter den bildenden Beschäftigungen eines Kindes.
Charakter ist innere Festigkeit.
Wo man das Ansehen der Vergangenheit nicht mehr achtet, da wird bald jedes Ansehen lästig gefunden, auch das der Gegenwart.
Der Wert des Menschen beruht nicht im Willen, sondern im Wollen.