Jean Paul Zitate
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Ihr Eltern lehrt lieben, so braucht Ihr keine Zehn Gebote – lehrt lieben, sagte ich, das heißt: Liebt!
Manche haben nur für gelehrte, aber nicht plane Sachen Scharfsinn, und gleich gewissen Tieren, können sie schlecht gehen aber gut klettern.
Wie Geruch zu Geschmack, so verhält sich Erinnerung zur Gegenwart.
Man kann wohl einen Schwarm Mücken im Zimmer sumsen hören, aber nicht eine.
Die Predigten sind Kehrbesen, die den Unrat von acht Tagen aus den Herzen der Zuhörer herausfegen.
Man muß, um einen Menschen zart und fein zu behandeln, nicht bloß nach der hohen Achtung messen, die man für ihn hat, sondern auch die (vielleicht irrige) Achtung erraten, die er für uns hegt und nach deren Größe ihn unsere Vernachlässigungen schmerzen.
Wenn einer uns auf ein Butterbrot lädt, so findet man es wohl gut, daß er keins gibt, aber närrisch, wenn er nur eines gäbe.
Ein Mensch, den die Sonnennähe eines großen Menschen nicht in Flammen und außer sich bringt, ist nichts wert.
Wenn Selbsterkenntnis der Weg zur Tugend ist, so ist die Tugend noch mehr der Weg zur Selbsterkenntnis.
Das schönste an einem Feiertag ist die Aussicht auf einen zweiten. Daher ist der letzte stets ein Aschermittwoch.
Das große unzerstörliche Wunder ist der Menschen-Glaube an Wunder, und die größte Geistererscheinung ist die unsrer Geisterfurcht in einem hölzernen Leben voll Mechanik.
Zur Veränderlichkeit braucht man Zeit.
Um ein guter Gesellschafter zu sein, ist es sehr gut, etwas zu treiben, was die Gesellschaft selbst interessiert. Daher ist ein Jurist, Kaufmann unter Bürgerlichen an und für sich ein besserer als ein Philosoph oder gar Dichter.
Die Besorgnis, falsch zu scheinen, macht, daß man es scheint. Daher sieht bei einem Argwöhnischen ein Aufrichtiger halb wie ein Falscher aus.
Unsre schlimmsten Taten bleiben uns mehr im Gedächtnis als unsere guten.
Unter allen Dingen ist menschliche Bescheidenheit am leichtesten totgeräuchert oder totgeschwefelt, und manches Lob ist so schädlich wie eine Verleumdung.
Die Weiber sind so verschieden von uns, daß der erfahrenste Mann immer noch 3 Zeiten durchgeht, wo er sie 1) über, 2) neben, 3) unter sich setzt.
Verbote wirken nichts, aber Beispiele der Milde wirken alles.
Das Leben gleicht einem Buche. Toren durchblättern es flüchtig; der Weise liest es mit Bedacht, weil er weiß, daß er es nur einmal lesen kann.
Der Körper wird der Scharfrichter der Seele.
Die Liebe vermindert die weibliche Feinheit und verstärkt die männliche.
Die Liebe ist eine angeborne, aber verschieden ausgeteilte Kraft und Blutwärme des Herzens; es gibt kalt- und warmblütige Seelen, wie Tiere.
Wie viel mehr kostet die fremde Meinung uns täglich Geld und Sünde als die eigene.
Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben, über die Sterne.
Himmel, wie wollt ihrs einmal im Himmel aushalten, falls ihr nicht das Glück habt, verdammt zu werden?
Einmal innerlich deine Affekte ganz ausreden lassen und sie abhören und ausfragen, was sie denn eigentlich wollen!
Der schönste, reichste, beste und wahrste Roman, den ich je gelesen habe, ist die Geschichte.
Je jünger die Kinder, desto eher darf man vor ihnen schnell zwischen Ernst und Scherz hinüber- und herüberfliegen, eben weil sie selber so überflattern. So sind auch ihre anderen Übergänge immer Übersprünge; wie schnell vergeben und vergessen sie!
Sie [die Musik] teilt Kindern nichts als Himmel aus; denn sie haben noch keinen verloren und setzen noch keine Erinnerungen als Dämpfer auf die hellen Töne.
Jeder ist mit seinem Leibe sein eignes Gebeinhaus.
Körperliche Abhärtung ist, da der Körper der Ankerplatz des Mutes ist, schon geistig nötig.
Wenn ein Lehrer immer weiter lehrt und lernt; wenn er das Gelesene sogleich zu einem Gelehrten vor Schülern machen kann: so muß ihn jedes neue Buch unendlich heben, weil er damit andere hebt und die erkauften Gewinste für kräftige Eroberungen ansieht.
Staatsschiffe, welche die Segel verloren, haben darum noch nicht ihre Anker eingebüßt.
In der Jugend kann man gegen niemanden gleichgültig sein: man haßt oder liebt.
Der Instinkt oder Trieb ist der Sinn der Zukunft; er ist blind, aber nur, wie das Ohr blind ist gegen Licht und das Auge taub gegen Schall.
Die Verstellung und Eitelkeit durchgreift manche so, daß sie unbewußt es tun und es nicht mehr anders machen können.
Die Menschen haben überall die Neigung, alles auf etwas Höheres zu deuten, so die Linien in der Hand.
Ein Narr ist nie so lächerlich, als man ihn macht.
Die Freude fliegt als ein so schönfarbiger, schmeichelnder, nichts verletzender Goldfalter um uns; nur legt und läßt er so oft Eier zu gefräßigen Raupen zurück, welche viel und lange verzehren, bis sie sich wieder entpuppen zu leichten Goldfaltern.
Jedem Jahrhundert sendet der Unendliche einen bösen Genius zu, der es versuche.
Mut besteht nicht darin, dass man die Gefahr blind übersieht, sondern darin, dass man sie sehend überwindet.
Der Mensch ist gut und will nicht, daß man vor einem andern als ihm selbst krieche.
Aber keine Ruhe und Kälte ist etwas wert als die erworbene – der Mensch muß der Leidenschaften zugleich fähig und mächtig sein.
Niemand ändert sich schwerer, als der stets unter andern oder in Geschäften lebt, d. i. träumt – die andringende, überhäufende Gegenwart ersticket jeden stillen Keim.
Die Zeit ist eine Larve der Ewigkeit.
Jede Freude füllt, jeder Schmerz leert dich, aber in jener hat noch Sehnsucht Platz, in diesem noch Zuversicht.
Ich wäre am begierigsten, die Fehler der Engel zu wissen.
Nichts ist gefährlicher als eine unvollendete Versöhnung, sie erschwert die vollendete mehr als keine.
In den Flitterwochen heißt dem Manne die Frau noch ein Vergißmeinnicht; aber später bekommt sie die übrigen Namen, die dieses Blümchen in verschiedenen Gegenden trägt: Sumpfmäuseohr, Krötenäugel, Skorpionmangold.
Heiraten in der Jugend heißt, sich im Sommer einen Ofen kaufen. Erst im Winter weiß man, ob er heizt oder raucht.