Jean Paul Zitate
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Wie es Schreibmenschen, so gibt es auch Sprechmenschen, die nur durch zweite Menschen zu ganzen werden, und welche, um viel Witz, Scharfsinn, Feuer zu haben, durchaus Zuhörer bedürfen.
Die Vernunft schlägt Wurzeln in der Mistlache der Leidenschaften.
Ein guter Arzt rettet, wenn nicht immer von der Krankheit, so doch von einem schlechten Arzte.
Ironie ist der Weg und Übung zur Laune.
Der Tod, er ist der Argus mit Millionen Augen, aber zugeschlossenen. Aber er schließt sie zu, damit wir unsere auftun, und schläft, damit wir wachen. Tun wir unsere Augen erst dann auf, wenn er seines öffnet und uns damit ansieht, so ist’s hart für uns.
Die Menschen sollen sich einander bei den Händen fassen und nicht nur gut sein, sondern auch froh. Die Freude ist der Sommer, der die inneren Früchte färbt und schmilzt.
Leidenschaft macht, daß man besser und schlechter handelt als die Vernunft täte.
Es ist beinahe noch schwerer, gut zu schreiben, als ebensogut zu reden: denn zu jenem hab ich nicht mehr Zeit als bei diesem, weil gute Gedanken doch schnell entstehen.
Der Mann verbeißet die Wunde und erliegt an der Narbe – das Weib bekämpft den Kummer selten und überlebt ihn doch.
Entwirf bei Wein, exekutiere bei Kaffee.
Wißt, daß der Gang des bessern entfesselten Menschen immer ein Flug ist.
Die Fehler in jedem Amt beurteilt man zu streng, wenn man nicht darin war.
Noch dazu schauete Viktor immer […] zu Emanuels offnem Fenster und ließ sich ein Lächeln von ihm wie eine laufende Welle voll Licht herunterwehen.
Man gebe manchem Selbstvertrauen, so ist er ein Weltmann.
Die Weiber und sanfte Leute sind nur zaghaft in eigenen Gefahren, und herzhaft in fremden, wenn sie retten sollen.
Nur unser Herz ist eigentlich unsre eigne Geschichte; die Begebenheiten teilen wir mit Stadt und Land.
Fehler, daß man den andern nur widerlegen, nicht überreden will.
Es gibt eine Zeit in der Jugend, wo – wegen der Kraft etc. – uns der Skeptizismus gefällt, der uns nachher, näher am Grabe, peinigt.
Mit Nachbeten und Nachahmen fängt jeder an.
Erweiche dich durch die Ausmalung der Leiden des Feindes, denke dir ihn als einen geistig Gebrechlichen, der Mitleid verdient.
Wenn das Herz das Wahre hat und sucht, ist’s gleichgültig, wo der Kopf irrt.
Bei der Besserung sieht man, daß man eine Menge Dinge im Umgang, die man aus Höflichkeit und Mode tat, aus Tugend nun tut und leichter.
Die Liebe braucht gar keine Erklärung, nur der Haß.
Der Mensch ist nie sanfter, als wenn er in seinem Entschlusse recht fest steht.
Jede Lust ist eine Selbstmörderin, und damit gut.
Wer die Menge unbedeutender ungenial(ischer) Bücher sieht, hält die Menschen für noch unbedeutender.
Der Eitle ließe in der Minute seine Stellung, Kleidung weg, wo er wüßte, daß man sie als Eitelkeit bemerkte.
Der Gedanke an die Unsterblichkeit ist ein leuchtendes Meer, wo der, der sich darin badet, von lauter Sternen umgeben ist.
Solang‘ ein Weib liebt, liebt es in einem fort – ein Mann hat dazwischen zu tun.
Der Mensch weint oft im Schlafe; wenn er erwacht, weiß er kaum, daß er Thränen hatte. Dafür halte das Leben! Im zweiten weißt du nicht mehr, daß du im ersten geweint.
Briefe sind nur dünnere Bücher für die Welt.
Wurst ist eine Götterspeise. Denn nur Gott weiß, was drin ist.
Der Mensch wird nicht gut (obwohl besser), weil er sich bekehrt, sondern er bekehrt sich, weil er gut ist.
Die Erinnerungen früherer Zeiten nehmen von Jahrzehnt zu Jahrzehnt eine andere Gestalt und Wirkung für uns an.
Söhne deine Phantasie nie mit dem nächsten Unglück aus, sondern mit dem größten. Nichts löset mehr den Mut auf als die warmen, mit kalter Angst abwechselnden Hoffnungen.
Mäßiges Verleumden… sollte man einer Ehefrau, als einen geringen Ersatz ihrer verlorenen Schmeicheleien, eher erleichtern als versalzen.
Das tugendhafte Herz wird, wie der Körper, mehr durch Arbeit, als durch gute Nahrung gesund und stark.
Es gibt einen Ernst für alle; aber nur einen Humor für wenige.
Nichts befriedigt die liebende Seele, als was sie mit der liebenden teilt.
Ewige Unart, aus Gelehrsamkeit oder Tugend in einem Falle und Fache, auf sie in andern Fällen und Teilen zu schließen.
Man denkt, jeder gehe dahin, wohin man geht.
Eigennützige Liebe ist ein Widerspruch.
Wer ein rechtes Ideal, das er ins Leben ziehen will, im Geiste hegt, ist gegen d(as) Gift der Mode geschirmt, wie Schwangere gegen ansteckende Krankheiten.
Der Kopf ändert sich ewig, das gute Herz wenig.
Durch Tadel wird man öfter mehr vorsichtig und klug als besser.
Höflichkeit ist der Widerschein der Sittlichkeit.
Die Liebe der Menschen ist leichter zu erlangen als wiederzuerlangen.
Nicht der äußere Mensch, aber der innere hat Spiegel nötig. Man kann sich nicht anders ganz sehen, als im Auge eines fremden Sehers.
Im Leben ist’s wie am Himmel. Eben dadurch, daß Sternbilder auf der einen Seite runtersinken, müssen neue auf der anderen herauf.
Die weibliche Kleider-Liebe hat samt der Reinlichkeit, welche gleichsam auf der Grenzscheide zwischen Leib und Sittlichkeit wohnt, eine Wand- und Tür-Nachbarin, nämlich Herzens-Reinheit.