Jean Antoine Petit-Senn Zitate
seite 1
Jemanden über eine schon vollzogene Sache zurate ziehen, heißt nicht seine Meinung darüber zu vernehmen, sondern seinen Beifall.
Zwei Ursachen im Leben entfernen uns unsere Freunde: ihr Wohlstand, der nun unser nicht bedarf, und ihr Unglück, in dem sie uns notwendig hätten.
Der Haß, den wir gegen unsere Feinde hegen, schadet weniger ihrem Glück, als dem unsrigen.
Um in seinen Arbeiten vorwärts zu kommen, muss man die Bedeutung derselben höher anschlagen; die Eigenliebe hilft uns außerordentlich dabei.
Der Geiz und das Genie scheinen mir zwei Parallellinien zu sein, die sich nie begegnen können.
Mit Geld kann man aus gewissen Leuten alles machen, nur keine Ehrenmänner.
Eine böswillige Kritik macht mehr Aufsehen, als ein gutes Buch.
Die Leuchtwürmer glänzen in der Dämmerung des Abends, wie die Erinnerungen der Kindheit den Schatten der Vergangenheit erleuchten.
Einen Fehler durch eine Lüge zu verdecken heißt, einen Flecken durch ein Loch ersetzen.
Wir sind oft weit mehr durch uns selbst geprellt, als durch andere.
Das Nichtvorhandensein großer Laster ist die einzige Tugend vieler Leute.
Derjenige, der die Fehler eines andern durch die Brille seiner eigenen Tugenden betrachtet, ist gern geneigt, sie zu verzeihen; die Nachsicht ist die Tochter einer reinen Seele.
Der Neid schwärzt, wie die Flamme, alles, was über ihn hinweggeht, und was er nicht erreichen kann.
Je mehr unser Vermögen abnimmt, desto ungescheuter sprechen unsere Freunde sich gegen uns aus; dieser Freimut ist vollständig, sobald wir nichts mehr haben.
Eine schöne Seele ist wie eine Flamme; beide streben immer dem Himmel zu.
Eher überlebt die Freundschaft den Tod als die Abwesenheit.
Es gibt einen nationalen Egoismus. Was ein Fehler bei einem einzelnen Menschen ist, kann das eine Tugend bei einem Volke sein?
Das Zwerg-Talent hat meist eine Riesen-Eigenliebe.
Der Tod einer Mutter ist der erste Kummer, den man ohne sie beweint.
Die Freundschaft überlebt eher den Tod, als die Abwesenheit.
Die Reue nähert uns mehr dem Ewigen, als uns die Sünde von ihm entfernt.
Für viele Redner ist es besser, von sich reden zu hören, als selbst zu sprechen.
Empfängt dich ein Schuldner schlecht, so sei versichert, dass du bezahlt wirst.
Die Heirat ist ein sicherer Hafen im Sturm, aber noch öfter ein Sturm im Hafen.
Es gibt keinen Hund, welcher so gut darin dressirt ist, seinem Herrn alles zurückzubringen, wie die Eigensucht.
Die Sonne beleuchtet niemals zu gleicher Zeit alle Theile unseres Körpers; ebenso kann die Vernunft nicht alle Seiten unseres Geistes erleuchten.
Glauben wir immer nur die Hälfte von dem Guten, das man von uns sagt, und von dem Bösen, das man über andere ausstreut.
Der Neidische tröstet sich weniger geschwind über unser Glück, als wir selbst über unser Unglück.
Man ist viel weniger unglücklich, noch nicht reich zu sein, als wenn man es schon gewesen ist.
Es ist eine Aufopferung der Eigenliebe, wenn man an seine Talente nur glaubt, um Gott dafür zu danken.
Die Jugend überwindet den Sturm der Leidenschaften, das Alter unterliegt demselben; so entführt der Nordwind im Herbste das Blatt, das lustig den ganzen Sommer auf dem Baume grünte.
Unter den Schriftstellern wenden die Armen an Gütern ihre Kleider, die Armen im Geiste aber ihre Gedanken.
Es gibt unbedeutende Leute genug, die sich überall zeigen, die man aber nirgends sieht.
Wenn Plauderer uns ein Geheimniß anvertrauen, so geschieht dies unter der Bedingung, es Niemand weiter zu sagen: es ist dies ein Monopol, das sie sich vorbehalten, um es Allen sagen zu können.
Ein blinder Glaube ist mehr wert, als ein erleuchteter Zweifel; denn für einen Christen heißt glauben – hoffen.
Es gibt ein Übel, von dem uns unsere Ärzte auf die Dauer gründlich heilen: von dem Glauben an ihre Kunst.
Für viele Menschen dürfte – leider! die Furcht zu sterben geringer sein, als noch einmal zu leben.
Der Pedant will uns nur von dem unterrichten, was er weiß, nicht von dem, was wir nicht wissen.
Die Zeit wirft Runzeln, wie der Parthe seine Pfeile warf, – im Fliehen.
Das Gewissen spricht, aber der Eigennutz schreit.
Die Vergnügungen der Kindheit werden von der Jugend verachtet, die der Jugend von dem Manne; die Vergnügungen jeglichen Alters sind wie die Sprossen einer Leiter, man gelangt zu der einen nur dadurch, daß man die andern mit Füßen tritt.
Eine Geliebte liebt man am meisten, eine Frau am besten und eine Mutter immer.
Die Schamhaftigkeit und der Tau lieben das Dunkel; beide glänzen dagegen nur am Tage, um zum Himmel zu steigen.
Wie viele kleine Sachen werden mit großen Worten gesagt!
Viele Redner reden um zu reden, andere um gut zu reden, alle aber um von sich reden zu machen.
Verdient die Vergangenheit unsere Reue, die Gegenwart unsere Anstrengungen, die Zukunft unsere Besorgnisse?
Die Zeiten der politischen Krisen haben nur Meinungen; die Tugenden zählen nicht.
Man erweckt den Glauben, daß man sich selbst nicht achte, wenn man zu begierig die Achtung anderer sucht.
Die Projektemacher sind wie die Spinnen, die ihr eigenes Netz flechten.
Das Herz einer keuschen Jungfrau bewahrt den Keim der Liebe, wie die Rosenknospe, die geschlossen den köstlichsten Duft enthält.