Jakob Bosshart Zitate
seite 4
Der Bauer hat etwas Fatalistisches; der Städter ist des Wahns, es lasse sich alles erzwingen, man müsse nur die Ziele ausstecken. Der eine lässt wachsen, der andere will wachsen.
Die Tiefe kommt nicht aus dem Studium, sondern aus den Rissen der Seele.
Jedes Jahrhundert sollte seinen Rousseau haben.
Es ist ein irriger Glaube, der da erwartet, die „verkommene“ kapitalistische Welt werde eines Tages von selber zusammenstürzen oder sich eines Morgens zertrümmern lassen.
Die meisten Menschen sind zu dumm, um über sich selber nachzudenken.
Es ist wunderbar, wie die Natur manchmal bedeutende Persönlichkeiten durch Generationen hindurch vorbereitet – Vererbung, Blutmischung, Zufall -.
Merkmal Schilt nicht den alternden Strom, weil er trübe zum Weltmeer flutet, Denn auch der Schlamm, den er führt, ist seiner Stärke ein Teil.
Lebendig sein, heißt ewig unruhig sein, ewig suchend.
Die Ahnung ist die Quelle der Religion.
Die Entwicklung der Technik, der Industrie, kurz der äußerlichen Zivilisation ging so rasch, daß die innere nicht zu folgen vermochte, denn die geht immer langam voran, weil sie ihrer Natur gemäß solid sein muß.
Verwirf deine Meinung, wenn sie den Widerspruch scheut.
Gibt es in der Welt etwas, worüber wir nicht lachen können? Ja, diese Gabe des Lachens, wie seltsam und wie köstlich ist sie, und wie erlösend kann sie uns werden. Existiert ein Hymnus auf das Lachen?
Späteren Zeiten wird es noch viel klarer werden als uns, dass unser Elend von der Herrschaft des Geldes und der Industrie und von der falschen Einschätzung der Lebensgüter herstammt.
Wer nie in Banden war, weiß nichts von Freiheit.
Es ist eine traurige Tatsache: Man muß das Menschliche und die Menschlichkeit immer gegen die Menschen verteidigen.
Den Künstler muß nach jedem vollendeten Werk die Angst überfallen, er könne sich nicht mehr übertreffen.
Religionen sind wie Särge und Wiegen: man legt uns hinein, fragt keiner, wie wir liegen.
Es muß einer schon in vielen Stücken abgestorben sein, bis er sich alt fühlt. Der gesunde Geist kommt sich immer jung vor.
„In den Tag hineinleben!“ Schwerster Tadel, höchstes Glück!
Einsamkeit ist ohne Gemeinschaft nicht möglich, so wenig wie das Nichts ohne das Sein.
Das wahrhaft Große ist daran kenntlich, daß es nicht nachgeahmt werden kann, es ist etwas Einziges. Eine technische Erfindung, eine Maschine kann großartig sein, sie kann etwas von der Art des Großen haben, aber sie kann nie wirklich groß sein.
Die Presse, dieser unaufhörliche Regen, der alles verwäscht, aber auch zum Überschwang führen kann, ist der größte Feind der geistigen Selbständigkeit, unkontrollierbar, vom Geld gekauft, dem Geld verklaut. (verklauen = fest verbinden)
Frage dich vor der Ehe: Sind du und deine Erwählte wert, in Kindern fortzuleben?
Extreme Idealisten sind immer Feiglinge, sie nehmen vor der Wirklichkeit Reißaus.
Die Kirche hat dem Christentum die Zähne ausgebrochen.
Das größte Elend hienieden ist nicht das soziale, sondern die Verkümmerung so mancher Menschenseele.
Das Gute ist dem Göttlichen ebenso fremd wie das Böse. Gott hat mit moralischen Werten nichts zu schaffen.
Was unser Staatswesen unsicher macht: Wir besitzen politisch die Demokratie, aber unser wirtschaftliches Leben ist auf einem autokratischen Prinzip aufgebaut, Kapitalismus und Arbeiterausbeutung.
Wer die Menschen erziehen will, hüte sich davor, stets auf sie zu drücken, etwas Lüpfen tut bessern Dienst.
Es gibt eine Flucht in die Welt, wie es eine Flucht aus der Welt gibt, jene ist sogar die weitaus häufigere.
Will der Sozialismus sich unter Ausschluß der Intellektuellen durchsetzen, so verfällt er der Stümperei in allem.
Die Wahrheit hat die Augen hinten am Kopf.
Alles künstlerische Schaffen ist ein Streben nach Ausgleich.
Jeder muß für die Menschheit kämpfen.
Der Sozialismus muß eine Sache der Menschheit sein und darf nicht zur Sache einer Klasse herabgewürdigt werden.
Das neunzehnte Jahrhundert hat den Klassizismus, die Romantik, den Naturalismus totgeschlagen; was bleibt dem zwanzigsten Jahrhundert übrig? Schlagt die Afterkultur tot!
Die Jugend haßt das Alter, weil es sie zu hemmen droht; das Alter haßt die Jugend, weil sie den Besitz bedroht.
Der Mystiker sagt: Die Welt wird ganz von mir aufgenommen, sie geht in mich ein, wird mir assimiliert. So werde ich eins mit dem All.
Nur eine Sonne und so viele Augen! Nur eine Welt und so viele betrachtende Seelen!
Es gibt Menschen, die erfahren etwas Tiefes nur durch Liebe und Tod.
Das Weltübel ist die Machtgier im Großen und Kleinen, in Staaten, Korporationen, Parteien, auch im einzelnen Individuum.
Man möchte sagen, der Weltwille hat sich den Weltgesetzen unterworfen.
Nur was wir erlebt haben, kennen wir.
Welche Verheerungen und Verrenkungen in den Köpfen, welche Geblähtheit hat Nietzsches Buch und Schlagwort vom Willen zur Macht hervorgerufen!
Die Jugend birgt in sich die Möglichkeit einer Neuorientierung der Menschheit.
Wenn man nicht aus Erfahrung wüßte, daß das Schlimme zum Guten ausschlagen muß, wie wäre das Leben manchmal zu ertragen?
Der Selbstbetrug ist der häufigste Betrug und auch der schlimmste. Er kann tragisch werden. Er kann ein Lebenswerk verunmöglichen.
Wer die Masse bewegen will, muß in seine Sprache etwas Berauschendes mischen.
Die ganze Welt unserer Vorstellung ist unrichtig, falsch, verzerrt; warum ihr denn so großes Gewicht beilegen? Wichtig ist, was in uns vorgeht. Das ist, wenigstens für uns, echt und wahr.
Man muß das kurze Erdenleben zu etwas Heiligem, zur Ewigkeit machen. Das einzige Mittel aber dazu ist in unserer Zeit, der Erwerbsgier den Krieg anzusagen, das Leben wieder auf den Geist aufzubauen. Alle Geld-, Macht-, Genuß- und Eitelkeitssklaverei muß überwunden werden. Freiheit!