Helene Gräfin von Waldersee Zitate
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Das Unwillkürliche ist maßgebend und wertvoll.
Sogenannte Verstandsmenschen zeichnen sich oft mehr durch Gemütsmangel als durch Geistesfülle aus.
Manche Menschen lieben wir mehr, wenn wir mit ihnen zusammen sind, für andre dagegen wachsen in der Trennung unsrer Liebe erst Schwingen, und wir werden uns dann ihrer Kraft gerade voll bewusst; mir scheint, diese Liebe ist die tiefere und ihr Gegenstand der wertvollere.
Kühle Berechnung schlägt oft einen kühnen Wagemut aus dem Felde.
Sympathie ist nicht zu erklären, oft nicht zu rechtfertigen; und doch, welche Macht!
Edle Menschen handeln oft recht unklug, denn die Klugheit dieser Welt ist selten edel.
Die Stimme der Wahrheit siegt selten durch Majorität.
Glück macht milde und großmütig; es will unwillkürlich auch andern aus seiner Fülle mitteilen.
Es gibt eine Liebe, die treibt duftende Blumen, und eine, die zieht nahrhafte Gemüse; die beiden können sich weder verstehen noch würdigen, ob sie auch wollen, und das bringt viel Herzeleid und viel Sünde in die Welt!
Nichts demütigt tiefer als ein unverdientes Lob.
Volle Vergebung ist nur in der Liebe.
Die Einsamkeit erzieht Philosophen.
Arme Menschen! Die Qual erpreßt ihnen den Ausruf: „Ich kann nicht mehr!“ und wie lange müssen sie oft noch!
Wie der Weg zur Hölle dem Sprichwort nach mit guten Vorsätzen gepflastert ist, so verbauen die Entschuldigungen den Weg zum Himmel.
Für einen Menschen mit regem Gedankenleben ist die praktische Anforderung des Alltags viel weniger Arbeit als Erholung.
Liebe ist stärker als Haß und vergebende Güte machtvoller als Rache.
Es gibt eine feine Herzensanmut des Gebens, die fast des Dankes überhebt.
Ein Wahrhaftiger hat den Mut seiner Meinung, während Lüge und moralische Feigheit Hand in Hand gehen.
Starke Egoisten erziehen unbewußt ihre Umgebung zur Selbstlosigkeit.
Gewohnheit lähmt die Flügel der Liebe.
Das menschliche Gemüt ist ein heimlicher Sonnenanbeter.
Man teilt die Menschen am unterschiedlichsten in Denkende und Nichtdenkende.
Nicht die augenblickliche Kraft eines Gefühls, nein, die Dauer entscheidet über seinen Wert.
Die zäheste Begleiterin des Menschen ist die irdische Hoffnung! Sie drängt sich mit ihrem unwahren Lächeln noch in die Sterbezimmer! Und wir armen Menschen können nicht leben, leiden und sterben ohne sie!
Es liegt etwas sehr Entmutigendes darin, zu erfahren, dass weder Erziehung noch täglicher Verkehr, weder Beispiel noch eindringliche Mahnung etwas Wesentliches an dem zu ändern vermag, was dem Menschen angeboren, was seine eigentliche Natur ist.
Der Idealismus breitet seine Flügel aus und schwingt sich über den Schmutz der Erde hinweg; der praktische Sinn wandert mit wasserdichten Stiefeln einfach hindurch.
Wir lieben oft mehr „trotzdem“ als „weil“.
Der Durchschnitt fasst nur das übliche Maß von Freude und Leid und bleibt im Gleichgewicht; ein großes, tiefes Herz fasst mehr, und gerade ihm kann es geschehen, dass ein Übermaß die herkömmlichen Grenzen gefährdet und überflutet.
Die größte Tragik des Lebens liegt darin, dass wir Verlorenes und Unerreichbares so leidenschaftlich überschätzen müssen!
Manche erhalten und nähren sich geradezu von innerer Unwahrheit über sich und die Ihren und sind satt und glücklich dabei.
Häßlicher als Haß ist nur eins: erheuchelte Liebe.
Herzensgüte ist entweder eine Schwäche oder eine Kraft.
Heftigkeit ist versöhnlich; kühle Ruhe bucht und berechnet jede Schuld.
Es ist oft eine Umschreibung, zu sagen: „Die Zeit vergeht,“ um nicht zu sagen: Das Leben vergeht.
Man lernt viel mehr von Feinden als von Freunden; darum ist’s ein Segen, auch Feinde zu haben.
Echter Humor ist Gemütssache.
Manche Ehen erinnern unwillkürlich an das ungleiche Gespann eines Pferdes mit einem Rind.
Eine Frau beugt sich tief, um zu dem, den sie mit ihrer Liebe krönt, aufsehen zu können.
Liebe kann Schwäche sein, Treue ist immer Kraft.
Es ist ein Vorrecht flacher Seelen, daß bei ihnen so vieles im Sande verlaufen kann.
Der warmherzige Idealist rechnet unwillkürlich immer wieder mit den guten Seiten der Menschen und wird von Enttäuschung zu Enttäuschung gestoßen; der kühle Realist rechnet mit den Fehlern und verrechnet sich fast nie.
Es bleibt dabei: Lieben und über alles geliebt zu werden, ist das größte, wahrste Glück.
Glückliche Sandnaturen, in denen der Wind der Zeit die Leidensspuren verweht! In schwerem Boden gräbt der wuchtige Schritt des Schmerzes seine Pfade immer tiefer von Jahr zu Jahr.
Das strenge Urteil der Menschen hätte nur dann den Wert der Gerechtigkeit, wenn die Richter mit ihrem eigenen Tun ebenso kritisch und unerbittlich verführen wie mit dem ihrer Nächsten.
Je mehr die Wahrheit Raum in uns gewinnt, umso klarer wird die Selbsterkenntnis und damit das Schuldgefühl; und weil der Tod des Lebens größte Wahrheit ist, darum weint so viel heiße Reue an Särgen!
In der Sonne ist man gerne müßig; die Arbeit aber tut man besser im Schatten.
Verständnislose verwechseln Schönheitssinn mit Eitelkeit.
Edeln Naturen ist die Herzensgüte unbewußt zu eigen.
Es gibt Augenblicke des Glückes, deren leuchtende Erinnerung noch jedes spätere Dunkel durchbricht, jenen Sternen gleich, die, längst erloschen, ihr Licht noch durch die Nächte senden.
Ein hoher Geist erliegt oftmals der niederen Schlauheit.