Heinrich von Treitschke Zitate
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Alle Völker sind wie die einzelnen Menschen ebenso einseitig, aber in der Fülle dieser Einseitigkeit zeigt sich der Reichtum des Menschengeschlechts. Jedes Volk zeigt ein anderes Bild und einen anderen Gedanken der Gottheit.
Ein Demagoge, der dem Pöbel schmeichelt, der behauptet, daß in dessen schwieligen Fäusten die eigentliche Intelligenz des Volkes liege, der lügt mit Bewußtsein; das ist der Grund, warum Demagogen zu den scheußlichsten Gestalten der Geschichte gehören.
Über des Menschen sittliche Würde entscheidet nicht, was er glaubt, sondern wie er glaubt.
Freiheit heißt nichts anderes, als das Freisein von vernunftswidrigem Zwange.
Bis an das Ende der Geschichte werden die Waffen ihr Recht behalten; und darin liegt die Heiligkeit des Krieges. – Die Größe des Krieges liegt gerade in jenen Zügen, welche die flache Aufklärung ruchlos findet.
Alle bürgerliche Gesellschaft ist Klassenordnung. – Keine Macht der Welt wird je bewirken können, daß eine neue künstliche Klassenordnung die natürliche Verschiedenheit der sozialen Gruppen aufhebt.
Der Mensch schätzt nur, was er überschätzt.
Immer sind es nur die müden, geistlosen und erschlafften Zeiten gewesen, die mit dem Traum des ewigen Friedens gespielt haben.
Friedrich Ludwig Jahn ist ein lärmender Barbar.
Jede Frage der Gegenwart, wenn sie das Herz bewegt, muß einer würdigen Behandlung offen stehen.
Die Kunst kennt keine Mittelstraße; sie kennt nur vollkommene oder verfehlte Werke.
Jene blutlose Objektivität, die gar nicht sagt, auf welcher Seite der Darstellende mit seinem Herzen steht, ist das gerade Gegenteil des echten historischen Sinnes.
Es ist schlimm um die Generation bestellt, in der die Jugend konservativer ist als das Alter.
Wer nur selbstsüchtig ist, der mag noch so gescheit sein, er kann den Zusammenhang der menschlichen Dinge nicht durchschauen.
Man kann nicht das Recht sprechen anders als aus dem Geiste eines bestimmten Staates heraus.
Kein Volk hat Gott verlassen, das sich nicht selbst verließ.
Das Übermaß der Freiheit wird Sklaverei, denn wenn es keine Autorität mehr gibt, so ist der Starke unumschränkt, und der Schwache verfällt dem Rechte der Faust. Die Überspannung der Freiheit führt nicht allein zur Knechtschaft, sondern ist selbst schon Knechtschaft.
In jedem rückhaltlos ehrlichen Bekenntnis liegt eine starke sittliche Kraft.
Zur Tat berufen sind jene feurigen Naturen, bei denen Charakter und Bildung zusammenfallen und jede Erkenntnis als ein lebendiger Entschluß in der Seele glüht.
Heute aber ist die herrschende Vorstellung, daß jeder Mensch eine Masse von Notizen in seinem Kopf herumtragen solle, und das nennt man dann allgemeine Bildung.
Der Verlust der Empfänglichkeit für Poetisches und Musik ist ein Verlust an Glück und dürfte möglicherweise nachteilig für den Intellekt, noch wahrscheinlicher für den moralischen Charakter sein, da er den gemütlich erregbaren Teil unserer Natur schwächt.
Ohne Dienstboten keine Kultur.
Jeder rechte Redner wirkt sein Größtes durch einen höchst persönlichen Zauber, den die Nachwelt nicht mehr begreift.
Das göttliche Gebot der Liebe, wie es das Christentum verkündet, ist vielleicht das Gewaltigste, was die Menschheit an wirklichen Fortschritten im Gebiet der großen absolut sittlichen Ideen geleistet hat.