Giacomo Leopardi Zitate
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Die Vernunft ist ein Licht. Davon will und soll die Natur erleuchtet, jedoch nicht in Brand gesteckt werden.
Etwas ganz Unausstehliches ist das viele Von-sich-selber Reden.
Die Langeweile gleicht der Luft, welche alle Zwischenräume zwischen den Gegenständen ausfüllt und deren Platz einnimmt, wenn sie ihn freigeben und kein anderer Gegenstand an ihre Stelle tritt.
Der Mensch, welcher sich selbst nichts mehr wünscht und sich selbst nicht mehr liebt, taugt auch für andere nichts.
Um anderes, um Größeres hat sich die Natur zu kümmern, als darum, ob wir jauchzen oder wimmern.
Die Einsamkeit tut fast, was die Jugend getan; oder verjüngt sicherlich den Geist, stärkt und befeuert die Phantasie…
Man kann das Gefühl zu gefallen genießen, solange man sicher ist, nicht nur vor allem sich selbst zu gefallen.
Kein Jahrhundert reiner Barberei hat sich je für barbarisch gehalten, sondern jedes hat noch immer geglaubt, die Blüte der Jahrhunderte und das vollkommenste Zeitalter des menschlichen Geistes und der Gesellschaft zu sein.
Viele Dummheiten sagt man in Gesellschaft nur aus Lust am Reden.
Der Betrug ist sozusagen die Seele des gesellschaftlichen Lebens und eine Kunst, ohne die in Wahrheit keine Kunst und kein Talent wenn man nur ihre Wirkung auf die Menschen im Auge hat, vollkommen ist.
Das durch und durch zivilisierte Europa wird eines Tages die Beute jener Halbbarbaren, die es aus den Weiten des Nordens bedrohen; und wenn diese Eroberer dann zivilisiert werden, kehrt die Weit wieder in ihr Gleichgewicht zurück.
Keine menschliche Eigenschaft verdient im gewöhnlichen Leben weniger Duldung und wird auch tatsächlich weniger geduldet als die Unduldsamkeit.
Glauben ist so weit davon entfernt, mit der Unwissenheit unvereinbar zu sein, daß man ruhig behaupten kann, er sei im Gegenteil mit der Unwissenheit eher vereinbar als mit dem Wissen.
Die Kinder finden im Nichts das Gesamte, die Erwachsenen im Gesamten das Nichts.
Jener Grieche trachtete mehr danach, gut zu sein als es zu scheinen, die Welt aber befiehlt uns, gut zu scheinen und es nicht zu sein.
Wer steigen will, wenn auch durch wahre Verdienste, der lasse die Bescheidenheit fahren. Auch darin gleicht die Welt den Weibern: mit Scham und Zurückhaltung erreicht man nichts bei ihr.
Was ist stärker im Menschen, die Natur oder die Vernunft?
Daß die Vernunft eine Feindin jeder Größe ist, ist eine Erkenntnis, die man nicht wichtig genug nehmen kann.
Einer, der gefragt wurde, was auf der Welt das Seltenste sei, erwiderte: Das, was alle besitzen sollten, nämlich der gesunde Menschenverstand.
Herrschaft und Gewalt, ob du sie wen’gen wünschest oder vielen, mißbrauchen wird sie stets, wer sie besitzt.
Die Unentschlossenheit ist schlimmer als die Verzweiflung.
Das Leben und das absolute Fehlen von Illusionen und damit von Hoffnung sind widersprüchliche Dinge.
Welches Ding in der Welt hat nur einen Schatten oder ein Tausendstel von der Vollkommenheit, die ihr an Frauen zu finden wähnt?
Niemand möge glauben, daß er zu leben gelernt habe, wenn er nicht zugleich auch gelernt hat, alle Anerbieten, von wem sie auch kommen mögen, für nichts anderes als lauter leere Worte zu halten…
Wenn ich nach einigen Jahren eine Person wiedersah, die ich jung gekannt hatte, kam es mir beim ersten Blick immer vor, als begegnete ich jemand, der ein großes Unglück erlitten habe.
Das Reizvolle entsteht meistens dadurch, dass ein Gran Hässliches dem Schönen hinzugefügt wird.
Die Philosophie zermürbt und zerstört die Poesie, und die Poesie verdirbt oder beeinträchtigt die Philosophie.
Langeweile ist der unfruchtbarste aller menschlichen Zustände. Sie ist die Tochter der Vergänglichkeit und die Mutter des Nichts. Und sie ist nicht nur an sich unfruchtbar; alles, was sich ihr nähert und was sie durchdringt, wird ihr darin gleich.
Öffne ein Fenster, lass mich das Licht sehen.
Ein schwerer Irrtum, dem die Menschen tagtäglich verfallen, ist der Glaube, daß ihnen ihre Geheimnisse gewahrt würden.
Das sein wollen, was wir nicht sind, das vernichtet ganz im allgemeinen alles in der Welt: und aus keinem anderen Grunde wird eine gewisse Anzahl Menschen unerträglich, die sehr liebenswert sein könnten, wenn sie sich nur mit ihrem Wesen zufriedengeben wollten.
Die Blinden werden immer von den Sehenden geleitet werden, oder in die Grube fallen, und sicherlich ist keine Dienstbarkeit und keine Verknechtung schlimmer als die, welche den Verstand betrifft.
Man kann […] kein nutzbringendes Geschäft mit seinem Elend treiben, wenn es echt ist. Keiner ist jemals geachteter oder willkommener gewesen, weil er unglücklicher war als andere.
Es verursacht größere Schmerzen, einen quälenden oder gar furchtbaren Gedanken, der sich festgesetzt hat, mit Gewalt aus dem Hirn zu reißen, als bei ihm zu verweilen.
Es ist seltsam, zu beobachten, daß fast alle Menschen, die etwas gelten, sich einfach benehmen, und daß einfaches Benehmen fast immer als Zeichen von geringem Wert gilt.
Es muß einen wunder nehmen, daß fast allen Männern von großer Tüchtigkeit einfache Sitten eigen sind und daß immer einfache Sitten als Zeichen von geringer Tüchtigkeit gelten.
Das Menschengeschlecht und, abgesehen von Einzelnen, auch ein noch so kleiner Teil von ihm zerfällt in zwei Gruppen: die einen üben Willkür, und die anderen erdulden sie.
Schweigsamkeit ist die Sprache aller starken Gefühle: der Liebe (und gerade in ihren schönsten Augenblicken), des Zornes, der Verwunderung, der Furcht usf.
Der Betrug ist die Seele des socialen Lebens.
Die Vernunft ist eine Leuchte; und die Natur will Licht durch sie erhalten, aber nicht von ihrer Flamme verzehrt werden.
Ein eifersüchtiger Mann zu der Ehefrau: Ist dir denn nicht bewußt, du Teufel, daß du schön bist wie ein Engel?
Die Menschen hassen nie so sehr den, der Böses tut, noch das Böse selbst, wie den, der es beim Namen nennt.
Am längsten und wirklich erfreulich ist nur die Abwechslung aus dem einfachen Grunde, weil auf die Dauer nichts wirklich erfreulich ist.
Im Gespräch gibt es kein Vergnügen, das lebhaft oder von Dauer wäre, wenn es uns nicht erlaubt ist, von uns selbst zu reden oder von Dingen, die uns […] selbst angehen.
Gefragt, was auf Erden das Seltenste sei, antwortet einer: was allen gehört, der gemeine Verstand.
… wenn ich nicht sterben will, dürfte ich nicht leben.
Als würdige Erfindung Unsterblich weiser Geister Und letztes Übel gaben uns die Götter Das Alter, wo die Sehnsucht Noch währet, doch vernichtet ist die Hoffnung.
Die Welt ist voll von Leuten, die nicht hersehen, wenn du hinsiehst, und nicht danken, wenn du grüßt, und fliehen, wenn du ihnen nachläufst; zeig ihnen aber den Rücken und mach eine finstere Miene, gleich kehren sie um, neigen sich untertänigst und laufen nun ihrerseits hinter dir her.
Man sieht es alle Tage, daß die Menschen den, der sie liebt oder ihnen gar Wohltaten erweist, hassen und fliehen.
Langeweile gibt es nur bei solchen Menschen, denen der Geist etwas bedeutet.