Friedrich Rückert Zitate
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Schlecht ist das Schlechte nicht, denn das verkennt man selten; das Mittelmäß’ge ist’s, das leicht für gut kann gelten.
Von deinen Kindern lernst du mehr, als sie von dir. Sie lernen eine Welt von dir, die nicht mehr ist, Du lernst von ihnen eine, die nun wird und gilt.
Wer zu befehlen weiß, dem wird gehorcht mit Lust.
Anmuthig werden selbst alltägliche Sentenzen Im Silbenwasserfall melodischer Kadenzen.
In Gottes Acker ist von Nutzen auch der Mist; Pfui aber über dich, wenn du nichts Bessres bist!
Das eine, was du liebst, wird dir vom Tod entzogen, Und um das andre hat die Ferne dich betrogen. Ein drittes lebt, und ist dir nah, und doch getrennt; Das ist die Trennung, die ein Herz am meisten brennt.
Erst nach dem Nachbarn schaue, Sodann das Haus dir baue! Wenn der Nachbar ist ein Schuft, So baust du dir deine Totengruft.
Dein Vergangenes ist ein Traum und dein Künftiges ist ein Wind. Hasche den Augenblick, der ist zwischen den beiden, die nicht sind.
Allwie der Mensch, So ist sein Gott, so ist sein Glaube, Aus geist’gem Äther bald, Und bald aus Erdenstaube.
Lebt in der Gegenwart! Zu leer ist und zu weit Der Zukunft Haus, zu groß das der Vergangenheit.
O Wanderer am Bach geh‘ nur dem Wasser nach. Es führet sicher dich zu Menschen Dach und Fach.
Helft, Ritter, wenn ihr Ritter seid, seid Retter!
Prahl nicht heute: Morgen will dieses oder das ich tun! Schweige doch bis morgen still, sage dann: Das tat ich nun!
Ehre dich, ehre dich selber, wenn dich ein Schwächling necket, laß ihn laufen.
Es hat sich gegen Liebe die Vernunft ermannt und als Empörungsfahne Weisheit aufgesteckt. Die Liebe hat zum Angriff einen Hauch gesandt, und die Vernunft hat zitternd das Gewehr gestreckt.
Mein einz’ger Wunsch ist meiner Wünsche Ruh‘.
Die Sittlichkeit allein ersetzt den Glauben nicht; doch weh‘ dem Glauben, dem die Sittlichkeit gebricht.
Viel kann aus wenig Worten lernen, wem es ist verlieh’n, als wie du kannst aus kleinen Kernen große Bäume zieh’n.
Bei Unverträglichkeit gedeiht kein Feuer im Haus: Der eine bläst es an, der andre bläst es aus.
Nicht das Schönste auf der Welt soll dir am meisten gefallen; sondern, was dir wohlgefällt, sei dir das Schönste von allen.
Das Mittelmaß ist gut dem Alter wie der Jugend, nur Mittelmäßigkeit ist keine Tugend.
Gebrochenes Versprechen ist kein getanes, doch ein gesprochenes Verbrechen.
Du bringst nichts mit hinein, du nimmst nichts mit hinaus, laß eine goldene Spur im alten Erdenhaus.
Sechs Wörtchen nehmen mich in Anspruch jeden Tag: Ich soll, ich muß, ich kann, ich will, ich darf, ich mag.
Durch Wechselbeistand kann auch Not die Not vertreiben, so wie einander warm zwei kalte Hände reiben.
Wenn es dir übel geht, nimm es für gut nur immer; Wenn du es übel nimmst, so geht es dir noch schlimmer.
An zwei Tagen zitterst du umsonst vorm Tod: Wo ihn Gott bestimmt, wo Gott ihn nicht bestimmt. Denn am ersten hilft kein Arzt in deiner Not Und am letzten dir kein Mensch das Leben nimmt.
Was man nicht kann hassen und noch weniger lassen, o Herz! Da ist kein Mittel geblieben, als es von ganzer Seele zu lieben.
Man glaubt die Wahrheit nicht, wenn sie ein Armer spricht, doch selbst die Lüge glaubt man einem reichen Wicht.
Der Jugend steht es an, gefoppt zu werden; Doch traurig ist ein Tölpel ist der Glatze.
Die wahre Tugend ist, daß jeder seine Frist das tüchtig tut, wozu er taugt und tüchtig ist.
Der Unschuld schönster Lohn ist, daß sie unbefangen Nichts Arges denkt, und braucht vor Argem nicht zu bangen.
Du bist die Ruh‘, Der Friede mild, Die Sehnsucht du Und was sie stillt.
Der schrankenlose Geist ist darum nur gefangen in Schranken, um darin zur Freiheit zu gelangen.
Verlangen kann ein Menschenherz nichts Besseres auf Erden als fühlen Liebeslust und -schmerz und dann begraben werden.
Gewohntes wünsch‘ ich mir, doch mach ich zum Bedinge, Daß aus Gewohnheit nie Gleichgültigkeit entspringe.
Glück hilft nur manchmal, Arbeit immer.
Pflicht ist das höchste Band, das hier die Guten bindet; Pflicht ist der Weg, auf dem man Glück und Ruhe findet.
Dein wahrer Freund ist nicht, wer dir den Spiegel hält der Schmeichelei, worin dein Bild dir selbst gefällt. Dein wahrer Freund ist, wer dich sehn lässt deine Flecken und sie dir tilgen hilft, eh‘ Feinde sie entdecken.
Es lassen Schein und Sein sich niemals einen, nur Sein allein besteht durch sich allein. Wer etwas ist, bemüht sich nicht zu scheinen. Wer scheinen will, wird niemals etwas sein.
Laß keinen, was er nicht halten kann, dir versprechen! Was nützt es dir, wenn du ihn zwingst, den Eid zu brechen.
Unköniglicher doch ist keine Eigenschaft als Mißgunst; durch sie wird ein König bettelhaft.
Nicht viel sind tausend Freund‘, ein einz’ger Feind ist viel; Denn diesem ist es ernst, und jenen nur ein Spiel.
Freigiebig ist nicht, wer nur gibt, wo ihm kein Mangel droht; freigiebig ist, wer Hunger hat und teilt mit dir sein Brot.
Klage dein Leid nicht den Ungetreuen, Die sagen: o Gott! und sich heimlich freuen.
Im selben Maß du willst empfangen, mußt du geben; Willst du ein ganzes Herz, so gib ein ganzes Leben.
Wer nicht gewacht hat, kann nicht schlafen. Wer nicht gelebt hat, kann nicht sterben.
Der Ruhm des Mannes ist des Weibes höchster Reiz, Die Ehre seines Weibes des Mannes höchster Geiz.
Lüg‘ einfach, und ich glaub’s; doch, wenn hinzu du fügst so viel Beteu’rungen, so merk‘ ich, daß du lügst.
Die Ehre muß dich suchen, nicht du die Ehre!