Friedrich Nietzsche Zitate
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Und was ihr Welt nanntet, das soll erst von euch geschaffen werden: eure Vernunft, euer Bild, euer Wille, eure Liebe soll es selber werden! Und wahrlich, zu eurer Seligkeit, ihr Erkennenden!
Ich liebe diese Art Feigheit gegen die eigene Tat nicht; man soll sich selbst nicht im Stich lassen, unter dem Ansturz unerwarteter Schande und Bedrängnis.
Wir müssen die Dinge lustiger nehmen, als sie es verdienen, zumal wir sie lange Zeit ernster genommen haben, als sie es verdienen.
Ich liebe den, welcher seine Tugend liebt: denn Tugend ist Wille zum Untergang und ein Pfeil der Sehnsucht.
Irrtum – der Glaube ans Ideal – ist nicht Blindheit, Irrtum ist Feigheit…
Mancher kann seine eignen Ketten nicht lösen und doch ist er dem Freunde ein Erlöser.
Der Glaube an Autorität ist die Quelle des Gewissens: Es ist also nicht die Stimme Gottes in der Brust des Menschen, sondern die Stimme einiger Menschen im Menschen.
Wer die Kraft hätte, sein ganzes Leben lang nichts als ein Pläne-Schmiedender zu sein, wäre ein sehr glücklicher Mensch: aber er wird sich gelegentlich von dieser Tätigkeit ausruhen müssen, dadurch, daß er einen Plan ausführt – und da kommt der Ärger und die Ernüchterung.
Aber, wo ich nur Lebendiges fand, da hörte ich auch die Rede vom Gehorsame. Alles Lebendige ist ein Gehorchendes.
Die großen Epochen unsres Lebens liegen dort, wo wir den Mut gewinnen, unser Böses als unser Bestes umzutaufen.
Ich verstehe unter Geist, wie man sieht, die Vorsicht, die Geduld, die List, die Verstellung, die große Selbstbeherrschung, und alles, was Mimikry ist (zu letzterem gehört ein großer Teil der Tugend).
Die Langsamen der Erkenntnis meinen, die Langsamkeit gehöre zur Erkenntnis.
Die angeblich kürzeren Wege haben die Menschheit immer in Gefahr gebracht; sie verläßt immer bei der frohen Botschaft, daß ein solcher kürzerer Weg gefunden sei, ihren Weg – und verliert den Weg.
„Schöner Stil“ freilich ist nichts als ein neuer Käfig, ein vergoldetes Barbarentum.
Es ist oft kein geringes Zeichen von Humanität, einen anderen nicht beurteilen zu wollen und sich zu weigern, über ihn zu denken.
Ein wenig Weisheit ist schon möglich; aber diese selige Sicherheit fand ich an allen Dingen: dass sie lieber noch auf den Füßen des Zufalls – tanzen.
Eure Liebe zum Weibe und des Weibes Liebe zum Manne: Ach, möchte sie doch Mitleiden sein mit leidenden und verhüllten Göttern! Aber zumeist erraten zwei Tiere einander.
Ach, des Geistes wurde ich oft müde, als ich auch das Gesindel geistreich fand!
Ein sicheres Mittel, die Leute aufzubringen und ihnen böse Gedanken in den Kopf zu setzen, ist, sie lange warten zu lassen. Dies macht unmoralisch.
Lieben und Untergehn: das reimt sich seit Ewigkeiten. Wille zur Liebe: das ist, willig auch sein zum Tode.
Das Gebet ist für solche Menschen erfunden, welche eigentlich nie von sich aus Gedanken haben denen eine Erhebung der Seele ungekannt ist oder unbemerkt verläuft.
Wirf das Mißvergnügen über dein Wesen ab! Verzeihe dir dein eigenes Ich!
Seit ich des Suchens müde ward, Erlernte ich das Finden. Seit mir ein Wind hielt Widerpart, Segl ich mit allen Winden.
Die Gedanken sind die Schatten unserer Gefühle, immer dunkler, immer leerer und immer einfacher.
Jeder Umgang ist gut, bei dem die Wehr und Waffen, die man in den Instinkten hat, geübt werden.
Alles, was die Menschen mit Opfern an Glück verteidigt haben, ist nichts als Irrtum.
Wer seinen Gegner töten will, mag erwägen, ob er ihn nicht gerade dadurch bei sich verewigt.
Alle Leute möchten Vieles, aber Wenige wollen etwas. Unser eigenes, eigentliches Wollen verhält sich zu unserem Mögen wie der große Wogenschlag des Meeres sich zu den kleinen, krausen Wellen verhält, die sich nach dem Winde drehen.
„Du sollst“ klingt den meisten angenehmer als „ich will“: in ihren Ohren sitzt immer noch der Herdeninstinkt.
Im Grunde haben alle Civilisationen jene tiefe Angst vor dem „großen Menschen, welche allein die Chinesen sich eingestanden haben, mit dem Sprichwort „der große Mensch ist ein öffentliches Unglück.
Jedes gute Buch schmeckt herb, wenn es erscheint. Gute Leser machen ein Buch immer besser und gute Gegner klären es ab.
Die Dressierbarkeit der Menschen ist in diesem demokratischen Europa sehr groß geworden; Menschen welche leicht lernen, leicht sich fügen, sind die Regel: Das Herdentier, sogar höchst intelligent, ist präpariert.
Gegen die Männer-Krankheit, die Selbstverachtung, hilft es am sichersten, von einem klugen Weibe geliebt zu werden.
„Gut und Böse sind die Vorurteile Gottes“ – sprach die Schlange und floh in Eile.
An die Metaphysiker: Fragezeichen sind keine heiligen Mysterien.
Man muß aufhören, sich essen zu lassen, wenn man am besten schmeckt.
Wahrheit will keine Götter neben sich. – Der Glaube an die Wahrheit beginnt mit dem Zweifel an allen bis dahin geglaubten Wahrheiten.
Von allem Geschriebenen liebe ich nur das, was einer mit seinem Blute schreibt. Schreibe mit Blut: und du wirst erfahren, daß Blut Geist ist.
Das Leben sagt: Folge mir nicht nach, sondern dir!, sondern dir!
Die Menschen glauben an die Wahrheit all dessen, was ersichtlich stark geglaubt wird.
Ohne die blinden Schüler ist noch nie der Einfluss eines Mannes und seines Werkes groß geworden. Einer Erkenntnis zum Siege verhelfen heißt oft nur: sie so mit der Dummheit verschwistern, dass das Schwergewicht der letzteren auch den Sieg für die erstere erzwingt.
Der Deutsche fügt sich unter allen zivilisierten Völkern am leichtesten und dauerhaftesten der Regierung, unter der er ist, und ist am meisten von Neuerungssucht und Widersetzlichkeit gegen die eingeführte Ordnung entfernt. Sein Charakter ist mit Verstand verbundenes Phlegma.
Der Mann hat das Weib geschaffen – woraus doch? Aus einer Rippe seines Gottes – seines „Ideals“.
Ein Aphorismus, rechtschaffen geprägt und ausgegossen, ist damit, dass er abgelesen ist, noch nicht „entziffert“; vielmehr hat nun erst dessen Auslegung zu beginnen, zu der es einer Kunst der Auslegung bedarf.
Dialektik ist nur eine Form der Rache.
Welche Marter sind deutsch geschriebene Bücher für den, der das dritte Ohr hat! Wie unwillig steht er neben dem langsam sich drehenden Sumpfe von Klängen ohne Klang, von Rhythmen ohne Tanz, welcher bei Deutschen ein „Buch“ genannt wird!
Von seinen Feinden zu lernen ist der beste Weg dazu, sie zu lieben: denn es stimmt uns dankbar gegen sie.
Alles gackert, aber wer will noch still auf dem Nest sitzen und Eier brüten?
In zwei Zuständen nämlich erreicht der Mensch das Wonnegefühl des Daseins, im Traum und im Rausch.
Nichts ist so vollständig vergangen, wie eine vergangene Empfindung. Wir können, wie einem fremden Menschen gegenüber, nur noch von ihren Äußerungen auf uns selbst schließen.