Franz von Holtzendorff Zitate
In ihrer untätigen Gestalt zeigt sich die Selbstsucht als Neid gegen andere Menschen, in tätiger Gestalt als Herrschsucht über die Menschen, als Habsucht gegenüber den Dingen.
Das Parteileben ist die Schule der modernen Staatsmänner.
Alle extremen Parteien in Staat und Kirche sind aus zwei Elementen zusammengesetzt: Parteityrannen und Parteisklaven.
Regierung bedeutet heute Heranbildung des Volkswillens zur vernunftgemäßen Selbstbeherrschung.
Mir scheinen die Männer, deren Herz vor Liebe schlug, in denen jede Faser zart und innig empfand, frömmer als vermeinte Rechtgläubige, die ungläubig sind an das sie immer näher zu Gott leitende Edle und Freie im Menschen.
Edle Herzen erkennt man vorzugsweise an dem, was sie erfreut.
Man soll nicht nur wissen, was man will, sondern auch wollen, was man weiß.
Staatsamt und Parteiamt schließen einander aus.
Unternehmungsgeist, Gewerbefleiß und Handel schlagen nur in dem Boden der politischen und religiösen Freiheit Wurzel.
Das Wesen aller Tyrannei in Staat und Kirche ist: Offener Hochmut und geheime Furcht in unlösbarer Verbindung. Das Wesen aller Freiheit ist ideale Kraft des Geistes, der gewaltsame Verfolgungen des Gegners verschmäht.
Frömmigkeit heißt zuversichtlicher Glaube an die Macht der Wahrheit und die Beseligung des Menschen durch tätige Nächstenliebe.
Die gesunde Kritik sollte bei der Beurteilung künstlerischer Leistungen weniger darauf sehen, Proben des eigenen Scharfsinns abzulegen, als mehr darnach streben, unsere Fähigkeit zur Aufnahme geistiger Genüsse zu steigern.
Das rechte Verhältnis der Geschlechter zu einander ist ausgedrückt in der gegenseitigen Anerkennung der vollen und freien Persönlichkeit, in dem Verzicht auf gegenseitige Ausnützung und Selbsterniedrigung.
Interessen einzelner Volksteile dürfen in der Gesetzgebung nicht herrschen, aber sie verdienen Schonung. Nur aus Not, nicht aus Neid, sollen bestehende Interessen verletzt werden.
Radikale Demagogen suche sich oft den Anschein tiefblickender Männer zu geben, in dem sie jederzeit Mißtrauen gegen alle predigen, die zur Regierung gelangt sind.
Die schlimmste und gefährlichste Sklaverei ist diejenige, welche von den Menschen deswegen nicht mehr gefühlt wird, weil sie sich daran gewöhnt haben.
Gefährlich wird die Halbbildung erst dann, wenn sie ihre eigene Natur als Bruchteil verkennt und sich hochmütig einbildet, bereits Bildung geworden zu sein.
Verhältnismäßig wenige Menschen besitzen die Fähigkeit, sich für die Zwecke der Beobachtung politischer Tatsachen zuvor von den Motiven des Wünschens oder Fürchtens zu isolieren.
Jede Meinung hat einen Anspruch, entweder mit Schweigen aufgenommen oder wirksam widerlegt zu werden; niemand ist berechtigt, durch Geringschätzung Andersdenkende herabzuwürdigen.
Der denkbar höchste Grad der Lüge ist dann erreicht, wenn das Urteilsvermögen zwischen Wahrheit und Falschheit aufhört und der Lügende seiner eigenen Lüge glaubt und sich darüber entrüstet, daß andere in seine Worte Zweifel setzen.
Der sittliche Wert der Kompromisse richtet sich lediglich nach den Beweggründen der dabei beteiligten Personen. Entspringen Kompromisse nur aus der sittlichen Schlaffheit, die den notwendig gewordenen Kampf scheut, so sind sie verwerflich.
Des Arbeiters Lohn solle, wenn auch die Abschätzung schwierig ist, grundsätzlich nicht nur nach seinem größeren Geschick, sondern auch nach seinen moralischen Qualitäten, nach seiner Dienstzeit und Arbeitstreue bemessen werden, wie der Staat seinen Beamten Alterszulagen gewährt.
Die offene Gewalt verletzt die politische Moral weniger schwer, als die nachträgliche Umdeutung des Gesetzes durch eine hinterher neuentdeckte Auslegungsweise.
Eine gegen Feinde ehrliche und offene Staatsregierung unter lauter grundsätzlich lügenden, wäre eine Unmöglichkeit, wäre Selbstvernichtung.
Die Prüfung der Zweckmäßigkeitsverhältnisse in jedem konkreten Falle ist der Kern der praktischen Politik.
Keine Regierung ist heutzutage so schlecht, keine Partei so selbstvertrauensvoll, daß sie den Vorwurf des Rechtsbruches nicht abzuweisen suchen sollte.
Tieferen Einfluß auf die häusliche Erziehung können nur solche Frauen erfolgreich üben, denen ein Verständnis für die Mannigfaltigkeit des menschlichen Lebens, für Staat und Gesellschaft in deren einfachsten Grundbeziehungen innewohnt.
Die verkehrteste aller Bestrebungen wäre die, auf die Machtlosigkeit der Regierungen planmäßig hinzuarbeiten. Denn Ohnmacht der Regierung bedeutet gleichzeitig Unfreiheit der Nationen.
Gerechter Stolz und Bescheidenheit können sich wohl mit einander vertragen. Sie sind die Kennzeichen, woran das echte Verdienst von dem falschen, der Verdienstanmaßung oder des Verdienstwahnes, meistenteils unterschieden werden kann.
Jede Agitation will eine Machtentfaltung; man kann ihren Führern daher nicht zumuten, wissenschaftlich berechtigten Zweifel Respekt zu erzeigen.
Rein sachliche Entscheidungen kann man in politischen Dingen meistenteils nur von einer Minderzahl erwählter Volksvertreter erwarten.
Das Übermaß des Lesens stumpft den Blick ab für das Sehen ins Leben.
Ohne Wissen kein Gewissen. Blindäugige, die ihre eigene Vernunft von sich werfen, versetzen sich somit selber in den Urstand der Gewissenlosigkeit zurück.
Das kritische Genie ist immer freisinnig im Bewußtsein der eigenen Kraft und darum auch wohlwollend. Kritische Talente neigen stark zum Despotismus.
Echte Humanität bedingt Kraftentwicklung des Willens, um dem Hilflosen und Schwachen aufzuhelfen. Falsche Humanität läßt sich durch Beschönigung moralischer Schwächen selbst verweichlichen und entnerven. Nur starke Charaktere tragen die Perle wahrer Humanität in sich.
Es ist gewiß, daß die Steigerung des geistigen Lebens gerade in den Frauen auch die Veredelung der Familie verheißt.
Die Macht, welche dein Pflichtgefühl über dein Gewissen ausübt, die Stärke mit der das Sollen sich deinem Willen auferlegt, ist gleichbedeutend mit dem Grade deiner geistigen Freiheit. Alle Freiheit findet somit ihren Maßstab an sittlicher Macht.
Liberal sein heißt nicht nur die Freiheit für uns selber und zu unserem Vorteil verlangen, sondern auch anderen gegen uns zu unserem Nachteil einräumen.
Die Theoretiker haben eine Verantwortlichkeit dafür, wenn unsittliche Lehren, die im Gewande der Wissenschaftlichkeit vorgetragen werden, im wirklichen Leben gemeinschädlich zu wirken beginnen.