Emanuel Wertheimer Zitate
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Es ist unmöglich, so gut zu sein, wie du dich hältst.
Wer die Welt kennt, wie sie ist, sollte sich wundern, daß wir nicht alle an Verfolgungswahn leiden.
So viel ist das Leben gar nicht wert, wie dessen Erhaltung den Armen kostet.
Die Oberen sind fromm, damit es die Unteren seien.
Mit dem Alter werden die Tage immer länger, die Jahre immer kürzer.
Zwischen einem bestehenden und einem abgelegten Vorurteil liegen oft Jahrhunderte. Und wie viel Vorurteile haben wir abzulegen! Die Sonne dürfte indes ihr Licht verlieren, ehe wir das unsre gefunden.
Zum Ebenbild Gottes muß ein falsches Original gesessen haben.
Wer nur aus Mitleid gut ist, bedarf immer stärkerer Reizmittel, um es zu bleiben.
Es gibt Menschen, die ohne Gaumen auf die Welt kommen, und das sind die Zufriedenen.
Die Naturalisten nehmen der Rose Farbe und Duft, alles übrige geben sie mit peinlichster Treue wieder.
Eva war das Paradies im Garten Eden.
Es gibt wenig Liebesbriefe, die nicht Meineide enthalten; natürlich erst später.
Die Geschmacklosigkeit hat sich zu allen Zeiten den Begriff des Modernen beigelegt; im wesentlichen gibt es aber ebenso wenig eine moderne Kunst wie eine moderne Natur.
Den Schlaf kann kein Glücklicher schätzen.
Während man im Überfluß schwelgt, sieht man andre darben; dabei besitzt man den Mut – nein die Gotteslästerung, fromm zu sein.
Viele tragen Orden, denen die Natur jede Auszeichnung versagt hat.
Mit den Ursachen der Eifersucht schwinden zuweilen auch die der Liebe.
Nur Verliebte haben eine Vorstellung von der Ewigkeit.
Auch civilisirte Völker tättowiren sich – mit ehrlichen Mienen.
Man verliert seinen Ruhm, wenn man sich zu viel mit ihm beschäftigt.
Nicht Wünsche murmeln… Wohlthaten spenden, das sind Gebete!
Wer unsere idealen Eigenschaften finden will, braucht mehr als Scharfsinn: Erfindung.
Am schnellsten verstehen sich zwei Egoisten; um einander zu täuschen, spielen sie gegenseitig die Aufopfernden.
Die Menschen haben auch Augenblicke, wo sie dankbar, anhänglich, ja aufopferungsfähig sind: wenn sie Gefälligkeiten fordern.
Aufrichtige Reue folgt meist entgangenen Vorteilen.
Wir erhielten zu viel Vernunft im Verhältnis zum Gebrauch, den wir von ihr machen.
Man bewahrt allenfalls Geheimnisse, die andern nützlich, nicht aber solche, die andern schädlich sind.
Ein Glück, daß man sich in seinem Testament nichts vermachen kann.
Der große Geist kennt kein eignes Unglück, er wird nur durch die Leiden andrer Pessimist.
Die Moral vertrug sich nicht lange mit der Religion, weil die Religion sich nicht lange mit der Moral vertrug.
Mit nichts ist man so zufrieden wie mit sich.
Alles Erlaubte würde man hingeben für alles Verbotene.
Eifersucht ist die rachsüchtigste und – versöhnlichste Leidenschaft.
Nicht der Zweifel an Gott – die Menschen machen einen zum Atheisten.
Den Toten fehlt nichts als das Bewußtsein ihres Glücks.
Keiner möchte sterben und jeder will sich die Zeit vertreiben.
Der Geck ärgert uns durch den Mut seiner Lächerlichkeit, vor allem durch die beleidigende Voraussetzung, einen Geschmack mit ihm zu teilen.
Der Mensch braucht immer ein unerreichbares Ziel, eine vergebliche Hoffnung, eine ihn vorwärtstreibende Unzufriedenheit.
Wer kennt einen noch edlern Menschen, als sich selbst?
Wer all seine Fehler kennen lernen will, muß verarmen.
Die Frommen geben zu viel Moral und zu wenig Beispiel.
Die Macht zu schaden bringt Nutzen.
Jeder möchte helfen – mit den Mitteln des andern.
Das eigene Gewissen zu beruhigen, mißglückt selten.
Hochmut nimmt genau soviel Platz ein wie die Dummheit ihm einräumt.
Es gäbe wenig Unglück, sähe jeder das seine mit den Augen des Nächsten.
Eigentlich gibt es nur eine Kunstrichtung, alle übrigen entstehen aus einseitigen Vorzügen und glänzenden Fehlern.
Die Sterblichkeit hat abgenommen – aber auch die Unsterblichkeit.
Man besitzt Freunde, so lange man sie hindert, als solche zu handeln.
Man müßte sich oft verachten, würde man andre nicht besser kennen als sich selbst.