Emanuel Wertheimer Zitate
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Der Mensch bedarf des Lobes fast wie der Nahrung.
Der Anblick der Armut ist oft so ergreifend, daß man gerührt ein Almosen – für sich beiseite legt.
Auch das Gewissen richtet sich nach dem Erfolg.
Die Liebe umfaßt alles, nur nicht die Zukunft.
Dem Glück der Menschen fehlt nur die Genügsamkeit der Tiere.
Wer Geist besitzt, macht unerfüllbare Ansprüche an die Gesellschaft.
Das Mitleid urteilt oft falsch, handelt aber immer richtig.
Die Sorgen kommen gerne nachts, wenn man allein ist und Zeit hat, sich ihnen ganz zu widmen.
Die Sorgen um die Welt stören kaum das Mittagschläfchen.
Phantasie sei beflügelte Natur!
Wenn ein Dummkopf uns lobt, ist er nicht mehr so dumm.
Man verwest weder nach seinem Rang noch nach seinem Glaubensbekenntnis; der Natur fehlt noch immer die nötige Ehrfurcht vor unsern Torheiten.
Die Gelegenheit, Gutes zu thun, stimmt selten so fromm wie Glockengeläute, Weihrauch und bunte Fensterscheiben.
Man kann alles überschätzen, nur nicht die Eitelkeit und die Selbstsucht der Menschen.
Die meisten Tugenden verdanken wir der Klugheit.
Wenn es keinen Besitz gäbe, wären fast alle Tugenden entbehrlich.
Der schmerzlichste Verlust ist ein entgangener Gewinn.
Mancher hält dich für einen Dieb, weil du dich von ihm nicht bestehlen läßt.
Ein guter Gedanke hat fast nichts an.
Fremde Erfahrungen streifen das Gedächtnis, eigne verleihen Fähigkeiten.
Wer unfähig ist, sich zu Gunsten seiner Mitmenschen zu täuschen oder zu belügen, lebt in einer zu verächtlichen Welt.
Die Mittelmäßigkeit geht daran vorüber, das Talent bemerkt einen Grashalm, das Genie ein Wunder.
Man kann vielleicht Geist nachahmen, aber nicht Empfindung.
Mit den Jahren gewöhnt man sich viel Gutes ab – selbst das Gewissen.
Am gewissenhaftesten erfüllt man eine Pflicht, die Gewissenlosigkeit erfordert.
Die letzte Ehre, die man einem Toten erweist, ist manchmal die erste.
Den Gutherzigen schätzt man, weil er nicht merkt, daß man ihn mißbraucht.
Sorgen sind gute Gedächtnisübungen.
Die Schulen bilden furchtsame Denker: Unterthanen!
Ich glaube, die Tränen sind den Frauen gegeben, um über die Männer zu lachen.
Man muß den Menschen Tugenden einreden, um sie durch Eigenschaften zu bessern, die sie nicht besitzen.
Der Greis glaubt, alles zittere, die ganze Natur schleiche auf Krücken.
Wer unter schönen Frauen viel Geist zeigt, hat wenig Herz.
In der Ungleichheit geht uns die Natur mit schlechtestem Beispiel voran und mit noch schlechterem folgen wir.
Die Gesetze strafen nicht so viel Vergehen, als sie Unrecht schützen, sie sind da, um vor allem den großen Lügen Achtung zu verschaffen.
Am meisten erbarmt sich des Unglücklichen noch die Hoffnung.
Wir trösten oft aus Bequemlichkeit, öfter noch aus Geiz.
Die Religion hinterließ fast nichts als ihren ceremoniellen Teil, dem man als bequemstes, billigstes Andachtsmittel das Gebet entnimmt, da es meist nur Wünsche enthält.
Bücher vermehren sich jetzt fast rascher als Menschen – aus Unfruchtbarkeit?
Ohne Talent als Genie zu gelten – die Lösung dieses Problems ist unsrer Zeit endlich gelungen.
Gegenwärtiges Glück verstehen wenige zu genießen.
Der Unempfindliche kann selbst das Genie an sich zweifeln machen. Ich glaube, Champagner, von einem Phlegmatiker getrunken, hält sich für Wasser.
Um das Glück zu ersetzen, braucht man zu viel Verstand und zu wenig Moral.
Der Hunger besitzt eine drohende Ungeduld: indem er uns der menschlichen Stärke beraubt, verleiht er uns die Kraft des Tieres.
Loben hört sich auch der Taube.
Wir entschädigen uns durch Habsucht, sobald wir unsrer Genusssucht nicht mehr gewachsen sind.
Mit den Jahren begnügt man sich mit immer anspruchsloserem Trost.
Was den Egoisten verrät, das ist die mangelnde Geduld der Verstellung.
Während des Denkens darf man weder einer Nation, noch einer Konfession angehören.
Manche Philosophen fordern zu ihrem Verständnis mehr Verstand, als sie selbst besitzen.