Elmar Schenkel Zitate
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Geschwindigkeit ist doch oft die reinste Zeitverschwendung.
Dünn Heutige.
Dichtung ist Widerstand.
Wenn Sprache Gesichter formt, so müsste man doch an den Falten und anderen Spuren erkennen, welche Muttersprache einer hat.
Bücher als eine Form des Exils.
Der Mond war die Uhr der Urzeit.
Das Buch des Flüsterns. Darin nur das, was beinahe gesagt worden wäre.
Ichgestöber.
Das Wichtigste, was Bibliotheken versprechen, ist Dauer. Sie geben dem Geist eine Bleibe, und zwar auf länger. Buchhandlungen verschwinden wie Sandkörnchen im Sturm, elektronische Medien fressen sich selber auf, doch Bibliotheken bleiben wie Pyramiden im Sand stehen.
Dass etwas ein Fluss ist, erkennt man am Schlängeln. Das ist auch bei Reden der Fall – man sieht gleich, ob sie Flüsse sind oder Kanäle.
Wieviel schöner ist es doch meist, zum Beispiel einen verlorenen Gegenstand wiederzufinden oder eine gute Verdauung zu haben, als im Lotto zu gewinnen. Die Zufriedenheit hält länger an und sie ist ungetrübt.
Die Realität ist ständig auf der Flucht – vor dir.
Aphorismen: Moleküle, die Verbindungen suchen.
Unendlichkeit und Unkenntlichkeit sind eins.
Eine Kultur ist etwas, das verschiedene Lebensbereiche durchdringt und Tätigkeiten Sinn verschafft.
Die Intellektuellen leben immer schon in einem Gefängnis, denn intellektuell sein heißt, vom Leben abgeschnitten sein. Man bewegt sich von jeher in einer kleinen Zelle, die wir auch Kopf nennen.
Wer werden im Rückblick die Götter unserer Zeit gewesen sein? Welche Namen werden sie tragen: Sicherheit, Abfall, Größe, Angst, Geschwindigkeit, Kleinheit?
Jedem Menschen ist eine eigene Entfernung zugeordnet, in der er am besten aussieht. Ändere den Maßstab, und er zerfällt.
Für das Aufschieben: Wenn man immer alles sogleich machen würde, käme man zu nichts anderem mehr.
Warum zeigen MP3-Hörer keine Gestik? Welche Folgen hat es, dass sie fortwährend die körperliche Rhythmik unterdrücken, die doch von der Musik gefordert wird?
Verhexte Mathematik: Die Wahrheit ist die Summe aller Irrtümer.
Moral des Übersetzers: Texte zum Fremdgehen ermuntern.
Wer die Dinge ordnet, ihnen Namen gibt und sie einreiht in Vorhandenes, der setzt die ernsthafte Arbeit Adams fort, als Gott ihm im Paradies auftrug, allen Wesen Namen zu geben.
… [Es] dürfte so manch neue Gemeinschaft aus Verlorenen entstanden sein, die sich mit Fremden zusammentun mussten: Kulturaustausch durch Verirrung.
„Ich will auch mal was denken“, rief das Kind.
Eine Gratwanderung zwischen Selbstverwirklichung und Selbstverwirkung.
Französisch, die Sprache mit dem Schlafzimmerblick.
Der Mensch ist das Tier, das mit zweierlei Maß misst.
Das Verschwinden der Hand-Schrift führt auch zum Verschwinden der Verwandlung. Vor dem Druckbild sind wir alle gleich.
Manche Fragen, die das Teleskop stellt, kann nur das Mikroskop beantworten. Das Umgekehrte gilt auch.
Plagiatoren sind im Grunde bescheidene Menschen, denn sie folgen dem Prediger Salomo, der sagte, es gebe nichts Neues unter der Sonne.
Wenn man so sprechen könnte, dass jeder nächste Satz eine Überraschung wäre.
Kirchtürme sind das „Gefällt-mir-Zeichen“ der Vergangenheit. Nun ist das Internet voll von solchen kleinen Kirchtürmen und sie sind nur noch – oder wieder – Daumen geworden. Der Affe, der den Nutzen des Daumens erkannte, legte den Grundstein für alle Religion.
Trauerminute bei Formel I in Malaysia? im Gedenken an die verschollene Maschine mit den 260 Passagieren. Ein dicker Rennfahrer liegt unter einem Zelt, man fächelt ihm zu, denn die Sonne ist stark.
Die Jahreszeit des Aphorismus ist der Übergang vom Herbst zum Winter. Es sind keine Blätter mehr an den Bäumen und es liegt noch kein Schnee. Alles steht kahl und scharf umrissen da.
Je klarer das Feindbild, desto besser der Schlaf.
Gleichzeitig auf unserem Planeten: Steinzeit und Einsteinzeit.
Das Leben besteht aus Vorwänden. Immer nur Vorwänden, bis man vor der eigentlichen Wand steht.
Der Glückliche denkt nicht an den Sinn.
[…] Der Weltraum ist groß, der Mensch aber kopflos.
In dem Maße, wie alles mit allem zu korrespondieren anfängt, nehmen die Zufälle zu. In einer Welt, die so planbar wie möglich sein soll, erleben wir fortwährend Überraschungen.
Einfacher als die Geburt scheint der Tod zu sein. Am Ende schaffen ihn alle; doch nur ganz wenigen gelingt es, geboren zu werden.
Warum ähneln Schneehaufen Computersimulationen von Landschaften?
Regelmäßige Besuche bei Freunden oder Verwandten sind wie Uhrzeiger des Lebens.
Die Tiefsee und das Internet, voller Ungeheuer beide
Facebook – das c wäre besser als k auszusprechen.
Lernen durch Spiel: lernen, in dem man so tut, als lerne man. Das Passwort lautet: „Als ob“. Da springt eine die Tür auf, die sonst auf immer zugesperrt scheint.
Wie war der erste Donnerstag nach dem Big Bang nochmal?
Abhaltungskünste: alles was von den Wundern ablenkt.
Orientierung in der Welt ist am besten mit den Mitteln des Spiels zu finden.