Carl Ludwig Schleich Zitate
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Man ist in dem Maße jung, als man empfänglich bleibt für die Freuden der Jugend.
Frauen sind den Männern, was einem Bündel loser Seiten ein schöner Einband ist. Sie sind wie die Goldschmiede, denn sie geben dem Wesen des Mannes Schliff und Fassung.
Wenn wir gerechter wären, würden wir zugeben, daß jedes Leben mehr frohe als trübe Sekunden gehabt hat.
Die praktisch-poetischen Griechen würden sagen: Luft, Licht und Seifenschaum sind die drei Kinder der Hygieia.
Das Unglück des Briefeschreibens ist, daß die Worte für sich stehen ohne Geste, Ton und Mimik. Daher die vielen brieflichen Mißverständnisse.
Das Leben ganz zu bejahen oder ganz zu verneinen, ward nur dem Manne gegeben.
Ein Mensch ist so stark, wie er lustig sein kann.
Logik ist ohne Humor.
Der Ursprung der Religionen kann ebenso leicht aus der Dankbarkeit, dem Glück, etwas Tödlichem entronnen zu sein, hergeleitet werden als aus der Feigheit, sich einem allmächtigen Beschützer gegen Bedrohungen zu befreunden.
Der Humor [ist] eine angeborene Gabe der vielseitigen Betrachtungsfähigkeit der Welt und ihrer Erscheinungen, […] ein Erzieher des Volkes, ein Dokument seines Gemütslebens, eine Schatzkammer des Reichtumes seiner Seele.
Wenn das Auge die Schönheit eines Menschenleibes mit Strahlenfingern abtastet, fühlt man noch einmal den prüfenden Schöpfergedanken: Und Gott sah, daß alles gut war.
Ich bin eine Diagonalempfindung von allem, was auf mich von außen und von innen wirkt.
Selbst, wer die Frau lästert, ist in ihrem Bann. Man kann sie nur lieben oder hassen. Gleichgültigkeit gegen das Frauengeschlecht ist eine Krankheit des Mannes.
Ein gutes Zeichen, die Echtheit der Gefühle zu erprüfen, sind die Pupillen. Ein Mensch, der mit engen Pupillen eine Liebeserklärung macht, heuchelt.
Grundgesetz der Erkenntnis Wie oft ward „Anschauung“ und „Begriff“ segelnden Gedanken zum Felsenriff.
Alles Nationale ist Segen, alles Internationale wird früher oder später ein Gift der Nation [vielleicht nicht der „Menschheit“].
Die meisten Menschen, die früh alt werden, sind es immer gewesen. Es gibt greisenhafte Kinder, wie es Kinderseelen bei alten Menschen gibt.
Stolz stolpert leicht über das erste Bein, das ihm der Witz stellt.
Genüsse sind eine Musik, bei der die Pausen die Hauptsache sind.
Um Wunder zu erleben, muß man an sie glauben.
Erst gegen Ende unseres Lebens müssen wir uns eingestehen, daß uns die am meisten genützt haben, die uns die größten Hindernisse in den Weg gelegt haben.
Das Talent ist ein Notar der Vergangenheit, es vollstreckt die Testamente des Genies. Das Genie aber ist ein Erblasser, der Ahne ohne Vorfahren, von dem die ganz Menschheit erbt.
Wir lieben die uns Wohlwollenden, aber wir achten mehr die, die es wagen, uns ehrlich anzugreifen. So hoch ist unsere Meinung von uns selbst.
Ich habe mehr Mitfreude als Mitleid in mir. Im Mitleid ist oft gemeinsames Sichleidtun. Sich ohne Vorteil freuen zu können ist uneigennütziger und ehrlicher.
Metaphorisch (Manche Metapher entbehrt nicht des Reizes.) Orden sind Hämorrhoiden des Ehrgeizes!
Denn überall sieht der Verstehende den Weg, auf dem alles vermeidbar gewesen wäre.
Ein wahrhaft guter Mensch kann leicht die Zivilisation, nie die Kultur beleidigen.
Es gibt Frauen, mit deren Geduld Gott Felsen aufbauen könnte, und andere, deren verblüffende Ausreden ihn veranlassen könnten, einen kleinen Engel, den er gerade trägt, aus dem Arm fallen zu lassen.
Die Frau ist weniger wert als der Mann? Wer diese Frage beantwortet, muß auch sagen, ob Feuer weniger wert ist als Wasser.
Jede Krankheit zeigt sich an und warnt. Ihre Meldereiter sind: Unlust, Unbehagen, Kraftabfall und Schmerz. Aber auch die kommende Gesundheit gibt Signale: Hoffnung und Tatenlust.
Das Sprichwort ist Brot, der Aphorismus das Fleisch, das Aperçu das Dessert der Geistesnahrung. Alle drei haben etwas Pikantes und Knuspriges.
Das Kriterium von erlaubt und unerlaubt ist die Gemeinnützlichkeit und die Gemeinschädlichkeit.
Wir verschwenden unsere Zufriedenheiten und rechnen wie Geizhälse mit unseren Widerwärtigkeiten.
Es gibt Menschen, die auch im Wachen auf jemand böse bleiben, der sie im Traum gekränkt hat.
Ein nicht fröhliches Kind ist unter allen Umständen ein krankes Kind.
„Ichlose“ schlucken, verdauen, kauen, husten, tasten, wandeln [im Somnambulismus!], und fast jeder Greis wird ein des zu höchst erworbenen Vermögens auch wieder verlustig gehender, armer Zellautomat, hilflos, wie er vor der Geburt seines Bewußtseins von sich selber gewesen ist.
Ohne ein Leben nach dem Sterben bleibt dieses Leben ein phantastische Chaos. Verstanden werden kann das Leben nur als Leben im Licht der Ewigkeit.
Irrtum, Fiktion, Lüge, Wahrheit sind alle Kinder derselben Mutter: der Phantasie! Ihre Verwandtschaft nachzuweisen ist bisher der dramatischen Kunst besser gelungen als dem Leben. Aber Kunst ist ja willkürlich aus Menschengeist gestaltetes Leben.
Der Tanz ist die Wiege des Kusses.
Jung sein heißt „toujours en vedette“ (bevorzugt) sein.
Lachen ist Ebbe und Flut unseres Zwerchfells. Es ist eine Form forcierter Atmung aus Lustgefühl: Sehnsucht nach Gleichgewicht.
Regeneration ist neue Zeugung im alten Leibe.
Ich bin mir immer sehr reich vorgekommen, auch wenn ich kein Geld hatte. Ich glaube, Selbstbewußtsein mit einigem, wenn auch bescheidenem Grunde ist das größte Bankkapital. Sicher das sicherste.
Es gehört Mut zu dem Bekenntnis, glücklich zu sein, die meisten sind nur aus Furcht bescheiden. Der alte Aberglaube an den Neid der Götter macht viele zu Heuchlern und Verleugnern ihres Frohsinns.
Wo ist die Staatsordnung, die keinem Haß Raum gäbe?
Jedes Jahrhundert weiter wird neue Zauber der reinen Luft entdecken und wird sie wachsend verehren.
Man kann Gott nicht entdecken, nur an seinen Werken erkennen.
Der größte Humorist ist der liebe Gott.
Jeder Dulder ist ein Christus, der für Brüder stirbt.
Erlebnisse können Instinkte aufheben, aber auch Instinkte schaffen, beides durch Stromumkehrungen in den Chromosomstrudeln. Das ist wohl der Kernpunkt aller Variation und Vererbung.