Baltasar Gracián Zitate
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Stelle dich nicht auf die falsche Seite einer Diskussion, nur weil dein Gegner auf der richtigen Seite steht.
Bücher sind die Nahrung der Seele.
Alles hat heutzutage seinen Gipfel erreicht, aber die Kunst, sich geltend zu machen, den höchsten.
Wenige können uns Gutes antun, aber fast jeder kann uns Schaden zufügen.
Dem Klugen nützen seine Feinde mehr, als dem Dummen seine Freunde.
Verachtung ist die subtilste Form der Rache.
Worte kann man nicht essen, sie sind Wind; und von Artigkeiten kann man nicht leben, sie sind ein höflicher Betrug.
Nie konnte das Wirkliche das Eingebildete erreichen: Denn sich Vollkommenheiten denken, ist leicht, sie verwirklichen, sehr schwer.
Die Phantasie ist das Vermögen der Freiheit im Menschen.
Aus der Geduld geht der unschätzbare Frieden hervor, welcher das Glück der Welt ist.
Nie aus der Fassung zu geraten ist ein wichtiger Punkt der Klugheit.
Seinem Herzen glauben, zumal wenn es erprobt ist: dann versage man ihm nicht das Gehör, da es oft das vorherverkündet, woran am meisten gelegen.
Es gibt keinen, der nicht in irgendetwas der Lehrer des andern sein könnte: und jeder, der andre übertrifft, wird selbst noch von jemandem übertroffen werden.
Das meiste und Beste, was wir haben, hängt von andern ab.
Wir leben, um zu erkennen und um uns selbst zu erkennen.
Das praktischeste Wissen besteht in der Verstellungskunst.
Wer immer scherzt, ist nie der Mann für ernste Dinge. Man stellt ihn dem Lügner gleich, sofern man beiden nicht glaubt, indem man beim einen Lügen, beim andern Possen besorgt.
Falsch angelegte Dinge sind nie von Bestand: schon daß sie so viel verheißen, muß sie verdächtig machen; wie das, was zu viel beweist, selbst nicht richtig sein kann.
Die größte Vollkommenheit der Handlungen stützt sich auf die sichere Meisterschaft, mit der man sie ausführt.
Mit Bedauern sieht die fremde Klugheit, wie oft einem ganzen Verein erhabener Fähigkeiten sich ein kleiner Fehler keck angehängt hat; und eine Wolke ist hinreichend, die ganze Sonne zu verdunkeln.
Der Zeit nachgeben, heißt: sie überflügeln.
Die Höhe der Gunst des Glückes wird oft durch die Kürze ihrer Dauer aufgewogen: denn das Glück wird es müde, einen so lange auf den Schultern zu tragen.
Der große Haufen hat viele Köpfe, und folglich viele Augen zur Mißgunst und viele Zungen zur Verunglimpfung.
Wer immer scherzt, ist nie der Mann für ernste Dinge. – Sein Weilchen mag der Scherz haben, aber alle übrige Zeit gehöre dem Ernst.
Eine Schöne zerbreche schlau bei Zeiten ihren Spiegel, um es nicht später aus Ungeduld zu tun, wenn er sie aus ihrer Täuschung gerissen hat.
Denn der Verstand ist eben die königliche Eigenschaft und deshalb jeder Angriff auf ihn ein Majestätsverbrechen.
Ohne Mut ist das Wissen unfruchtbar.
Freiheit ist kostbarer als jedes Geschenk, das dich dazu verleiten mag, sie aufzugeben.
Das Nein des Einen wird höher geschätzt als das Ja mancher andern: denn ein vergoldetes Nein befriedigt mehr, als ein trockenes Ja.
Neuheit ist nicht die Sache des Weisen.
Das abermals und immer wieder auf einen Verdruß Zurückkommen ist eine Art Verrücktheit.
Sich ehe Anlaß da ist entschuldigen, heißt sich anklagen; und sich bei voller Gesundheit zu Ader lassen, heißt dem Übel, oder der Bosheit, zuwinken.
Der Anfang der Selbstbesserung ist die Selbsterkenntnis.
Der Kluge hüte sich, lästig zu sein, und zumal den Großen, da diese ein sehr beschäftigtes Leben führen, und es schlimmer wäre, einen von ihnen verdrießlich zu machen als die ganze übrige Welt.
Sogar das Wissen muß nach der Mode sein, und da, wo es nicht Mode ist, besteht es grade darin, daß man den Unwissenden spielt.
Jeder Dumme ist fest überzeugt; und jeder fest Überzeugte ist dumm: je irriger sein Urtheil, desto größer sein Starrsinn.
Das Gedächtnis ist nicht allein widerspenstig, indem es uns verläßt, wenn wir es am meisten brauchen, sondern auch töricht, indem es herangelaufen kommt, wenn es sich gar nicht schickt.
Es gibt eine einzige Rettung, eine einzige, für die müde Seele: Die Liebe zu einem anderen Menschen.
Doppelten Verstand hat man nötig bei denen, die keinen haben.
Man darf dich nicht für einen Betrüger halten, auch wenn man heute nicht leben kann, ohne einer zu sein. Deine größte List muß sein, zu verbergen, was als solche erscheint.
Unnachgiebigkeit muß im Willen liegen, nicht im Urteil.
Das letzte Glück ist, zu philosophieren.
Kopf und Herz – die beiden Pole im Kosmos besserer Fähigkeiten. Eins ohne das andere – halbes Ding.
Nicht bloß Ergötzen, sondern auch Nutzen muß man aus seinem Freunde schöpfen; denn er muß die drei Eigenschaften besitzen, welche einige dem Guten, andre dem Dinge überhaupt beilegen: Einheit, Güte und Wahrheit.
Ein weiser Mann zieht mehr Nutzen aus seinen Feinden als ein Dummkopf aus seinen Freunden.
Nicht ohne Absicht hat die sorgsame Natur, in der Biene, die Süße des Honigs mit der Schärfe des Stachels verbunden. Sehnen und Knochen hat der Leib; so sei der Geist auch nicht lauter Sanftmut.
Der Weise weiß, daß der Leitstern der Klugheit darin besteht, daß man sich nach der Gelegenheit richtet.
Man soll wissen, dass es Pöbel überall gibt, selbst im schönen Korinth, in der auserlesensten Familie: Jeder macht ja die Erfahrung in seinem eigenen Hause.
Wer nichts auf Morgen ließ, hat viel getan.
O unglückseliges Jahrhundert, wo die Tugend fremd, die Schlechtigkeit an der Tagesordnung ist!