Baltasar Gracián Zitate
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Selbsterkenntnis ist die Schule der Weisheit.
Die Offenherzigen werden geliebt, aber betrogen.
Viele haben den Beinamen der Großen, der dem Caesar und dem Alexander gehört, angenommen, aber vergeblich, da ohne die Taten das Wort ein bloßer Hauch ist.
Behutsames Schweigen ist das Heiligtum der Klugheit.
Mancher wäre ein Phönix in seinem Beruf gewesen; hätte er keine Vorgänger gehabt.
Der Weise schätzt alle, weil er in jedem das Gute erkennt und weiß, wie viel dazu gehört, eine Sache gut zu machen.
Oft war ein guter Rat besser angebracht in der Form eines Witzwortes, als in der der ernstesten Belehrung.
Hochachtung erlangt man desto weniger, je mehr man darauf ausgeht: denn sie hängt von der Meinung andrer ab, weshalb man sie sich nicht nehmen kann, sondern sie von den andern verdienen und abwarten muß.
Das meiste wird mit Worten bezahlt, und mittelst ihrer kann man Unmöglichkeit durchsetzen… Allezeit habe man den Mund voll Zucker, um seine Worte damit zu versüßen, so daß sie selbst dem Feinde wohlschmecken. Um liebenswürdig zu sein, ist das Hauptmittel, friedfertig zu sein.
Sein Beginnen vorher beschlafen, ist besser, als nachmals darüber schlaflos liegen.
Besser mit allen ein Narr, als allein gescheit, sagen politische Köpfe.
Sich nicht mit dem einlassen, der nichts zu verlieren hat. Denn dadurch geht man einen ungleichen Kampf ein. Der andre tritt sorglos auf: denn er hat sogar die Scham verloren, ist mit allem fertig geworden und hat weiter nichts zu verlieren.
Um liebenswürdig zu sein, ist das Hauptmittel, friedfertig zu sein.
Das Klagen schadet stets unserem Ansehen.
Sie [die Wahrheit] ist ein gefährlich Ding: jedoch kann der rechtliche Mann nicht unterlassen sie zu sagen.
Die Hoffnung ist eine große Verfälscherin der Wahrheit: die Klugheit weise sie zurecht und sorge dafür, daß der Genuß die Erwartung übertreffe.
Es ist schlauer, Beleidigungen zu vermeiden, als sie zu rächen.
Entweder man lobt sich, welches Eitelkeit, oder man tadelt sich, welches Kleinheit ist.
Der geistige Mut übertrifft die körperliche Kraft; er sei ein Schwert, das stets in der Scheide der Klugheit ruht, für die Gegenwart bereitet.
Stets handeln, als würde man gesehen: Der ist ein umsichtiger Mann, welcher sieht, daß man ihn sieht oder doch sehen wird. Er weiß, daß die Wände hören und daß schlechte Handlungen zu bersten drohen, um herauszukommen.
Sich vor dem Siege über Vorgesetzte hüten. Alles Übertreffen ist verhaßt, aber seinen Herrn zu übertreffen ist entweder ein dummer oder ein Schicksalsstreich.
Mit zwanzig Jahren ist der Mensch ein Pfau, mit dreißig ein Löwe, mit vierzig ein Kamel, mit fünfzig eine Schlange, mit sechzig ein Hund, mit siebzig ein Affe, mit achtzig – nichts.
Anziehungskraft besitzen: sie ist ein Zauber kluger Höflichkeit. Man benutze diesen Magnet seiner angenehmen Eigenschaften mehr zur Erwerbung der Zuneigung, als wirklicher Vorteile, doch auch zu allem.
So sehr darf man nicht allen angehören, daß man nicht mehr sich selber angehörte. Ebenso darf man auch seinerseits nicht seine Freunde mißbrauchen, und nicht mehr von ihnen verlangen, als sie eingeräumt haben.
Es ist ein Kniff der Unwürdigen, als Gegner großer Männer aufzutreten, um auf indirektem Wege zu der Berühmtheit zu gelangen, welcher sie auf direktem Wege, durch Verdienste, nie teilhaft geworden wären.
Ein Freund muß die Freiheit haben, ohne Zurückhaltung zu raten, ja zu tadeln.
Unser Ansehen beruht mehr auf dem Geheimhalten, als auf dem Tun.
Grade die Wahrheiten, an welchen uns am meisten gelegen, werden stets nur halb ausgesprochen; allein der Aufmerksame fasse sie im vollen Verstande auf.
Ein schönes Benehmen ist der Schmuck des Lebens, und jeder angenehme Ausdruck hilft wundervoll von der Stelle.
Dem Gerechten keine Gesetze, und dem Weisen keine Ratschläge.
Die Liebe führt die Vertraulichkeit ein, und mit jedem Schritt, den diese vorwärts macht, geht die Hochachtung um einen zurück.
Nie wird der die Statue auf dem Altar gehörig verehren, der sie als einen Stamm im Garten gekannt hat.
Die Leidenschaft färbt alles, was sie berührt, mit ihren Farben, bald günstig, bald ungünstig.
Es ist eine Regel der Klugen, die Dinge zu verlassen, ehe sie uns verlassen.
Die Anwandlungen der Leidenschaft sind das Glatteis der Klugheit, und hier liegt die Gefahr, sich ins Verderben zu stürzen.
Jeder faßt seine Ansichten nach seinem Interesse und glaubt, einen Überfluß an Gründen für dieselben zu haben.
Sich beraten schmälert nicht die Größe und zeugt nicht vom Mangel eigener Fähigkeit, vielmehr ist sich gut beraten ein Beweis derselben.
Jede Leutseligkeit bahnt den Weg zur Geringschätzung.
Mit dem Fleiße bringt ein mittelmäßiger Kopf es weiter, als ein überlegener ohne denselben. Die Arbeit ist der Preis, für den man den Ruhm erkauft; was wenig kostet, ist wenig wert.
Es gibt Leute, die mehr zum Hindernis als zur Zierde der Welt da sind.
Seinen heutigen Freunden traue man so, als ob sie morgen Feinde sein würden, und zwar die schlimmsten.
Nicht leicht wird man andern Schmerz verursachen, ohne, entweder durch Mitleid, oder durch Vergeltung, selbst wieder Schmerz zu erdulden.
Die Kunst, die Verleumdung zu beschwichtigen, ist, sie unbeachtet zu lassen.
Man muß denken wie die wenigsten und reden wie die meisten.
Es gibt Leute, welche mehr zum Hindernis als zur Zierde der Welt da sind, unnütze Möbeln, die jeder aus dem Wege rückt.
Den toten Löwen zupfen sogar die Hasen an der Mähne.
Die Verachtung ist ferner auch die klügste Rache.
Der Kluge tut gleich anfangs, was der Dumme erst am Ende. Der eine und der andere tun dasselbe, nur in der Zeit liegt der Unterschied: Jener tut es zur rechten, dieser zur unrechten.
Es gibt keinen Tropf, der nicht bösartig wäre.
Gegen die List ist die beste Vormauer die Aufmerksamkeit. Für feine Schliche eine feine Nase.