Wilhelm Raabe Zitate
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Das Geschick drückt die Könige und die Bettler gleichermaßen nieder, wenn es ihm beliebt.
Früher achtete der Mensch nicht sehr auf sich. In der antiken Welt tat jeder das Seinige gut oder schlecht. … Damals wurde aber auch keiner „verkannt“; – heute wimmelt es auf Erden von „Verkannten“.
Die Billardkugeln sind besser dran als die Menschen, die sich auch von allen möglichen Tölpeln und Lümmeln umherstoßen lassen müssen, aber mit Gefühl.
Der Mensch erträgt mit Pläsier, dass man über ihn weint, dass man über ihn lacht, erträgt er nicht.
Der Kerl hat viel zu oft recht. Der lehrt es einem, wie man sich dann und wann nach einem Menschen sehnen kann, der auch mal unrecht hat.
Das Original macht Fußtapfen. Die Nachahmer treten in diese Tapfen, aber schief.
Was man von der Mutter hat, das sitzt fest und läßt sich nicht ausreden, das behält man, und das ist auch gut so, denn jeder Keim der sittlichen Fortentwicklung des Menschengeschlechts liegt darin verborgen.
Wer denkt, wenn er in die Freuden seiner Kinderjahre zurückblickt, daran, daß seine Eltern auf dem Kampfplatz waren? Auf dem Kampfplatz in der bittersten, bösesten Bedeutung des Wortes!
Wer die Arme sinken läßt, der ist schon verloren.
Das entzückende Gefühl des richtigen Alters: Wenn ich den Krempel um mich her ansehe und sagen kann, das brauchst du ja nicht mehr.
Es ist ein wundersam Ding um des Menschen Seele und des Menschen Herz kann sehr oft am glücklichsten sein, wenn es sich so recht sehnt.
Die meisten Menschen sind Münzen, nur wenige sind Prägestöcke.
Wir gehen immer, wohin wir müssen: wenigen nach und hoffentlich zuletzt denn doch auch vielen vorauf.
Wer wahrhaft vornehm ist, hat immer Respekt, wo er hingehört, der Pöbel nicht.
Wie kahl und jämmerlich würde mancher Fleck auf Erden aussehen, wenn kein Unkraut darauf wüchse.
Es ist recht häufig viel besser, die Bedrängten sich ausreden und ausschreien zu lassen, als ihnen zur Geduld zu reden und zu raten.
Wird nicht fast alles Große mit gefesselter Faust gewonnen? Gebraucht sie lieber fest als Faust.
Der Augenblick, welcher dem Menschen seinen Gewinn zeigt, lehrt ihn auch seinen Verlust am deutlichsten erkennen.
Wie doch des Menschen Selbstsucht aus jeglichem auf seinem Wege sein eigenen kleines Wohl und Übel herauszuklauben sich bemüht!
O Herbst, was ist lieblicher, als deine Schritte im Tal? Was ist herrlicher, als dein Wandel auf den Hügeln? […] Der September ist die Zeit, Gedichte zu machen, und aus dem Leben ein Gedicht.
Und wenn der Tod kommt, meinen sie doch immer wieder, das sei das Neueste und noch nicht dagewesen.
Mit aller Kraft hatte er gestrebt, das zu lernen, was von der hohen Wissenschaft sich lernen ließ, und er mußte sich sagen, daß dies im Grunde wenig genug war.
Kein Geschlecht der Menschen reicht weit genug in die kommenden Geschlechter, daß es seine Ideale, die dann selten noch die ganzen Ideale sind, erfüllt sähe.
Was wächst, wächst still.
Hütet Euch, jene schwächliche Resignation, von welcher der nächste Schritt zur Gleichgültigkeit führt, zu befördern, oder sie gar hervorrufen zu wollen.
Das Geld fällt vielen Menschen zu wie ein Denarius in eine Kloake.
Wenn er an den Füßen auch Hände gehabt hätte, würde er auch damit zugegriffen haben. – Es juckt diesem Affengeschlecht in allen zwanzig Fingern!
Es sind nicht immer die, die vom Publikum Meister genannt werden und sich selber so nennen, die ihr Bestes tun.
Wir tragen eben den Frieden wie ein Gewand, an dem wir vorn flicken, während es hinten reißt – der Stoff hält sich eben nicht.
Wen der Strahl der ersten reinen Liebe berührt hat, der ist gezeichnet mit einem göttlichen Scheine vor den Menschen.
Es ist am Ende doch nur der Ernst, in den Büchern, der sie erhält.
Der Männer Herz muß bluten um das Licht. Aber der Frauen Herz muß bluten um die Liebe.
Gegen ein Vorurteil im Kleinen, wie im Großen ist’s stets das Nützlichste, sich unter dem Winde anzuschleichen.
Der Mensch hat vor dem Tier nur den zweifelhaften Vorzug, daß er denken kann: Es kommt auf mich an.
Ruhm ist: mitgedacht werden, wenn an ein ganzes Volk gedacht wird.
Die Zeiten gehen hin, und für jedermann kommen einmal die Jahre, wo er merkt, daß sie hingegangen sind, und er sich wundert, daß er nichts getan hat, sie aufzuhalten.
In Deutschland hat mehr als in irgendeinem andern Lande der Welt nur der Pöbel Geld und wendet es in seiner Weise an.
Die Welt würde nicht viel werden, wenn es den Hunger in ihr nicht gäbe.
Wenn einem der Lebensweg malhört, soll man immer selber schuld daran sein: kommt man anständig durch, ist immer das unverdiente Glück schuld daran gewesen.
Nicht nur, wenn zwei dasselbe tun, ist es nicht dasselbe: auch wenn man zweimal dasselbe tut, ist es gleichfalls nicht mehr dasselbige.
Erfahren sollst du, dass das, was ihr Unkraut nennt, wenigstens auch die Tugend desselben hat: nämlich nicht zu verderben und auszugehen.
Wieviel Zeit von seinen eigenen Tagen behält man übrig für die Bedrängnis der anderen?
Diese moderne Literatur mit ihrem Feuilletonsgeruch.
Ein Freund ist jemand, der deinen kaputten Zaun übersieht, aber die Blumen deines Gartens bewundert.
Ein Faust zu sein, ist es nicht nötig, alles studiert zu haben, das Wollen allein genügt.
Die echte Philosophie lernt man nicht auf den Schulbänken.
Wir werden am gerechtesten und am bittersten für unsere Überhebungen gestraft.
Nicht die behaglich Hinlebenden, sondern die Verstümmelten, die Unglücklichen, bilden das rechte Kriterium für Dichterwerke.
Den richtigen Lesepöbel hat einzig und allein das „Volk der Dichter und Denker“ aufzuweisen.
Stelle keine überflüssigen Fragen in betreff der Schicksale anderer an die Zukunft, sondern beschäftige dich fürs erste möglichst intensiv mit dem, was vor deiner eigenen Nase liegt.