Arthur Schopenhauer Zitate
seite 1
Unser reales Leben ist, wenn die Leidenschaften es nicht bewegen, langweilig und fade; wenn sie es aber bewegen, wird es bald schmerzlich.
Daher ist uns jede Entbehrung für den Augenblick ziemlich leicht, aber jede Entsagung entsetzlich schwer: Denn jene trifft nur die vorübereilende Gegenwart, diese aber die Zukunft und schließt daher unzählige Entbehrungen in sich, deren Äquivalent sie ist.
Eine Lüge ist Notwehr gegen unbefugte Neugier.
Ein unpersönlicher Gott ist gar kein Gott, sondern bloß ein missbrauchtes Wort, ein Unbegriff, eine contradictio in adjecto, ein Schiboleth für Philosophieprofessoren, welche, nachdem sie die Sache haben aufgeben müssen, mit dem Worte durchzuschleichen bemüht sind.
Es ist der Zufall: er, der die königliche Kunst versteht, einleuchtend zu machen, dass gegen seine Gunst und Gnade alles Verdienst ohnmächtig ist und nichts gilt.
Sind einem gegebenen Menschen, unter gegebenen Umständen, zwei Handlungen möglich, oder nur Eine? – Antwort aller Tiefdenkenden: Nur Eine.
Besonders überwiegt die Gesundheit alle äußeren Güter so sehr, daß wahrlich ein gesunder Bettler glücklicher ist, als ein kranker König.
Höflichkeit ist wie ein Luftkissen: Es mag wohl nicht viel drin sein, aber es mildert die Stöße des Lebens.
Das Geld gleicht dem Seewasser. Je mehr davon getrunken wird, desto durstiger wird man.
Die Ehe ist ein Fallstrick, den uns die Natur legt.
Da der ganze Mensch nur die Erscheinung seines Willens ist; so kann nichts verkehrter sein, als, von der Reflexion ausgehend, etwas anderes sein zu wollen, als man ist: denn es ist ein unmittelbarer Widerspruch des Willens mit sich selbst.
Das Alter aber hat die Heiterkeit dessen, der eine lange getragene Fessel los ist und sich nun frei bewegt.
In der Jugend herrscht die Anschauung, im Alter das Denken vor: daher ist jene die Zeit für Poesie, dieses mehr für Philosophie.
Unser Gedächtnis gleicht einem Siebe, dessen Löcher anfangs klein, wenig durchfallen lassen, jedoch immer größer werden und endlich so groß sind, daß das Hineingeworfene fast alles durchfällt.
Man pflegt die Jugend die glücklichste Zeit des Lebens zu nennen, und das Alter die traurige. Das wäre wahr, wenn die Leidenschaften glücklich machten.
Witz ist das Zusammenbrechen einer großen Erwartung in ein Nichts.
Der Bart sollte, als halbe Maske, polizeilich verboten sein. Zudem ist er, als Geschlechtsabzeichen mitten im Gesicht, obszön: daher gefällt er den Weibern.
Intuitiv nämlich, oder in concreto, ist sich eigentlich jeder Mensch aller philosophischen Wahrheiten bewußt: sie aber in sein abstraktes Wissen, in die Reflexion zu bringen, ist das Geschäft des Philosophen, der weiter nichts soll, noch kann.
Je mehr ein Mensch des ganzen Ernstes fähig ist, desto herzlicher kann er lachen. Menschen, deren Lachen stets affektiert und gezwungen herauskommt, sind intellektuell und moralisch von leichtem Gehalt.
In einer so beschaffenen Welt gleicht der, welcher viel an sich selber hat, der hellen, warmen, lustigen Weihnachtsstube, mitten im Schnee und Eise der Dezembernacht.
Die eigene Erfahrung hat den Vorteil vollkommener Gewissheit.
Ein geistreicher Mensch hat, in gänzlicher Einsamkeit, an seinen eigenen Gedanken und Phantasien vortreffliche Unterhaltung, während von einem Stumpfen die fortwährende Abwechslung von Gesellschaften, Schauspielen, Ausfahrten und Lustbarkeiten die marternde Langeweile nicht abzuwenden vermag.
Dem allen entspricht die wichtige Rolle, welche das Geschlechtsverhältnis in der Menschenwelt spielt, als wo es eigentlich der unsichtbare Mittelpunkt alles Tuns und Treibens ist und trotz allen ihm übergeworfenen Schleiern überall hervorguckt.
Was die Geschichte erzählt, ist in der Tat nur der lange, schwere und verworrene Traum der Menschheit.
Lesen heißt mit einem fremden Kopfe, statt des eigenen, denken.
Das Leben aller genialen Menschen ist durchweg tragisch, wenn es auch, von außen gesehen, noch so ruhig erscheint.
Wir sollten stets eingedenk sein, dass der heutige Tag nur einmal kommt und nimmer wieder. Aber wir wähnen, er komme wieder; morgen ist jedoch ein anderer Tag, der auch nur einmal kommt.
Der Jammer des Lebens geht schon genugsam aus der einfachen Betrachtung hervor, dass das Leben der allermeisten Menschen nichts ist als ein beständiger Kampf um diese Existenz selbst, mit der Gewissheit ihn zuletzt zu verlieren.
Jede menschliche Vollkommenheit ist einem Fehler verwandt, in welchen überzugehen sie droht; jedoch auch umgekehrt, jeder Fehler, einer Vollkommenheit.
Alles Verstehen ist ein Akt des Vorstellens, bleibt daher wesentlich auf dem Gebiete der Vorstellung.
Den Deutschen hat man vorgeworfen, daß sie bald den Franzosen, bald den Engländern nachahmen: da ist das Klügste, was sie tun können, denn aus eigenen Mitteln bringen sie doch nichts Gescheites zum Markte.
Es ist nämlich eine triviale und nur zu häufig bestätigte Wahrheit, daß wir oft törichter sind, als wir glauben: hingegen ist, daß wir oft weiser sind, als wir selbst vermeinen, eine Entdeckung, welche nur die, so in dem Fall gewesen, und selbst dann erst spät, machen.
Ganz glücklich in der Gegenwart hat sich noch nie ein Mensch gefühlt; er wäre denn betrunken gewesen.
Die einzige Welt, welche jeder wirklich kennt und von der er weiß, trägt er in sich, als seine Vorstellung, und ist daher das Zentrum derselben. Deshalb eben ist jeder sich alles in allem; er findet sich als den Inhaber der Realität und kann ihm nichts wichtiger sein, als er selbst.
Auf ein lesenswertes Buch kommt eine Myriade beschmutztes Papier.
Die gewöhnlichen Leute sind bloß darauf bedacht, die Zeit zuzubringen; wer irgendein Talent hat, – sie zu benutzen.
Das fortwährende Dasein des Menschengeschlechts ist bloß ein Beweis der Geilheit desselben.
Ist doch unsere zivilisierte Welt nur eine große Maskerade.
Mancher Kaufmann betrügt, ohne Skrupel; aber stehlen würde er schlechterdings nicht.
Ein armes, erbärmliches Tier ist der Mensch, wie er in der Regel ist, dem fremde Autorität die Stelle eigenen Urteils vertreten muß.
Die Menschen sind zum Tadeln aufgelegt, weil sie sich durch dieses indirekt selbst loben.
Das Geld ist die menschliche Glückseligkeit in abstracto; daher, wann man nicht mehr fähig ist, sie in concreto zu genießen, man sein ganzes Herz an jenes hängt.
Nichts ist schwerer, als bedeutende Gedanken so auszudrücken, daß sie jeder verstehen muß.
Der erfüllte Wunsch macht gleich einem neuen Platz: jener ist ein erkannter, dieser ein noch unerkannter Irrtum.
Daß die Wünsche der Menschen hauptsächlich auf Geld gerichtet sind, wird ihnen oft zum Vorwurf gemacht, jedoch ist es wohl natürlich.
Ein denkender Kopf kann mit seinem Zeitalter zufrieden sein, wenn solches ihm vergönnt in seinem Winkel zu denken, und sich nicht um ihn bekümmert; – und mit seinem Glück, wenn es ihm einen Winkel schenkt, in dem er denken kann, ohne sich um die Andern bekümmern zu dürfen.
Durch viele Zitate vermehrt man seinen Anspruch auf Gelehrsamkeit, vermindert aber den auf Originalität, und was ist Gelehrsamkeit gegen Originalität! Man soll sie also nur gebrauchen, wo man fremder Autorität wirklich bedarf.
Furcht vor dem Tode ist, so ist der Geselligkeitstrieb der Menschen im Grunde kein direkter, beruht nämlich nicht auf Liebe zur Gesellschaft, sondern auf Furcht vor Einsamkeit.
Die erbärmliche Angst der Universitätsphilosophie vor meinen Schriften ist Angst vor der Wahrheit.
Blonde verlangen durchaus Schwarze oder Braune, aber nur selten diese jene. Der Grund hiervon ist, daß blondes Haar und blaue Augen schon eine Spielart, fast eine Abnormität ausmachen.