Sully Prudhomme Zitate
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Die Scham ist das Widerstreben der Frau, ihren Körper ohne die Seele hinzugeben; ein Beweis der Unteilbarkeit des Seins.
Es gibt Fälle, in denen man sehr stark sein müßte, um nicht zum Schmeichler zu werden.
Die Aufrichtigkeit ist die erste Bedingungen jeglichen geistigen Schaffens.
Der Liebende scheint mir immer weniger genießen als gefallen zu wollen, und dennoch ist er Egoist: er will gefallen, um zu genießen.
Die praktische Philosophie besteht weniger darin, das Glück zu suchen, als in der Kunst, darauf zu verzichten.
Die Dichter schreiben für die Dichter wie die Geologen für die Geologen.
Empörung macht Mut. Es gibt keine feige Empörung.
Man darf Erfolg haben und Zuneigung erobern nicht miteinander verwechseln.
Das Elend des Menschen ist, die Wahrheit zu lieben und doch auf sie warten zu müssen.
Alles, was des Übermaßes fähig ist, kann Quelle des Übels werden.
Gesundheit erkennt man daran, daß das Leben seine Wurzeln gern in das irdische Element senkt und sich dort wohl fühlt.
Die Hoffnung macht selbst das elendeste Leben noch lebenswert.
Der Verschwender ist Sklave des Geldes.
Die Dummheit des Mannes erkennt man an seinen Worten, die der Frau an ihrem Schweigen.
Das Glück ist irdisch.
Feinfühligkeit beim Almosengeben ist die Anmut des Wohltuns.
Die Anmut ist die Geschmeidigkeit der Form.
Man muß beim Versagen einer Bitte immer höflich sein, aus Furcht vor der eigenen beschämten Miene, wenn man bittet.
Es gibt Menschen, die man lieber krank als untreu sehen möchte, und das nennt man Liebe.
Bringen wir einander doch mehr Liebe entgegen, und die Erde hat ein anderes Gesicht.
Je freier man sich fühlt, um so mehr Freiheit will man haben.
Es gibt Menschen, die durch kleine Zwischenfälle aus dem Gleichgewicht geraten können, während sie die großen Schläge standhaft ertragen.
Eine Gegenleistung zu verlangen, das heißt mißgönnen, was man gibt. Das heißt: nicht schenken, sondern verkaufen.
Die Zärtlichkeit: Genie des Herzens.
Die Empörung ist der Zorn der Gerechtigkeit.
In der Liebe ist Egoismus, in der Freundschaft nicht. Das eine leiht, das andere gibt.
Wir glauben zu leben, aber in Wirklichkeit arbeiten wir nur, um nicht zu sterben.
Was vergänglich ist und dem Zufall unterworfen, kann nie Quelle des Glücks sein; man darf das Glück, wenn es von Dauer sein soll, nicht mit dem notwendigerweise flüchtigen Vergnügen verwechseln. Wir müssen also das Glück in den unzerstörbaren Dingen suchen.
Die unerfüllte Liebe ist unvollkommen, Liebe ohne Zärtlichkeit und ohne Achtung desgleichen.
Ehe und Erziehung sind ohne Unterordnung nicht denkbar, ohne Gehorsam des Schwächeren dem Stärkeren, des Unerprobten dem Lebenserfahrenen gegenüber.
Die Seele ist ruhig, wenn sich das Herz zufrieden fühlt, deshalb ist jeder Glaube, ob wahr oder falsch, etwas wert, man muss eben einen haben.
Nicht alle Liebenden sind Dichter, bei weitem nicht. Gott sei Dank! Aber es gibt etwas, das alle Liebenden mit Dichteraugen sehen: das geliebte Objekt.
Wenn alle Menschen, die Sie kennen, Ihre Briefe untereinander austauschten, wäre Ihnen unbehaglich zumute.
Die Liebenden fordern immer Glück voneinander, die Freunde geben es sich.
Jedes Alter kann einen guten Gebrauch vom Leben machen, aber man kennt die Möglichkeiten nur, wenn man dieses Alter durchlebt hat.
Man gefällt den anderen nur, wenn man sich zu ihrem Vorteil abwertet.
Die Scherben einer Liebe lassen sich nie mehr zusammensetzen.
Es kann Leidenschaft ohne Achtung geben, dann bleibt sie ohne Zärtlichkeit.
Man muß sparsam leben, aber seinen Verhältnissen gemäß. Deshalb fällt wohlverstandene Sparsamkeit nie auf, sobald man sie gewahr wird, ist sie Knauserei.
Der gelehrteste Mensch ist nicht der, der die meisten Wahrheiten kennt, sondern der, der die besten kennt.
Die Eifersucht ist der Zoll der Liebe.
Die Höflichkeit ist die einzige Heuchelei, die man sich verzeiht, denn sie ist gegenseitig.
Alle Auflehnung gegen die Natur, gegen die Seinsbedingungen ist unfruchtbar und krankhaft.
Die Annehmlichkeit und die Leichtfertigkeit eines auf die mechanischen Beschäftigungen beschränkten Daseins ersticken die Knospe gerechter Auflehnung.
Im Feingefühl hat das Herz Geist.
Ein und dieselbe Handlung kann vom Wahnsinn oder von höchster Philosophie eingegeben sein.
Die Gesetze eines Volkes bringen zum Ausdruck, was es zu sein vorgibt; die Sitten, was es ist.
Eine Liebesbeziehung läßt ebensoviel an Unabhängigkeit verloren gehen, was sie an Zuneigung gibt, und ein Bruch gleicht nie durch Unabhängigkeit aus, was er an Zuneigung nimmt. Deshalb übe größte Vorsicht, wer sich bindet, und das lernt man immer zu spät.
Immer wieder findet man in den intelligentesten Menschen zugleich die liberalsten und in den Ungebildetsten die radikalsten.
Barmherzigkeit ist leichter zu üben als Gerechtigkeit.