Stefan Zweig Zitate
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Wer Brasilien wirklich zu erleben weiß, der hat Schönheit genug für sein halbes Leben gesehen.
Nicht ungestraft gehen alle Menschen gleich angezogen, gehen alle Frauen gleich gekleidet, gleich geschminkt: Die Monotonie muß notwendig nach innen dringen… Unbewußt entsteht eine Gleichhaftigkeit der Seelen, eine Massenseele…
Was ein Mensch in seiner Kindheit aus der Luft der Zeit in sein Blut genommen, bleibt unausscheidbar.
Dem, der alles zu verlieren vermag, wird alles Gewinn.
Kein Künstler ist während der ganzen vierundzwanzig Stunden seines täglichen Tages ununterbrochen Künstler; alles Wesentliche, alles Dauernde, das ihm gelingt, geschieht immer nur in den wenigen und seltenen Augenblicken der Inspiration.
…wozu lebt man, wenn der Wind hinter unserm Schuh schon die letzte Spur von uns wegträgt?
Das größte Mißverständnis der Menschheit [ist der] Völkerhaß.
Tief und gut vermag das Herz zu vergessen, wo es dringlich vergessen will.
Selten ist ein und derselben Generation beides gegeben; läßt die Sitte dem Menschen Freiheit, so zwängt ihn der Staat ein. Läßt ihm der Staat seine Freiheit, so versucht ihn die Sitte zu knechten.
Man war Schriftsteller, man hatte das Wort und damit die Pflicht, seine Überzeugungen auszudrücken [gegen die Kriegshetze], soweit dies in einer Zeit der Zensur möglich war.
Ich glaube, es gibt nur zwei Sorten von Menschen, die den Idealismus der Menschlichkeit nähren können: die, die ein wenig einfältig, dabei aber glühenden Herzens sind, und jene anderen, die ihren Skeptizismus haben und verbergen.
Die halbe Wahrheit ist nichts wert.
… dem einen fehlt der Wein, dem andern der Becher
Denn dies unterschied den ersten Weltkrieg wohltätig vom zweiten: das Wort hatte damals noch Gewalt. Es war noch nicht zu Tode geritten von der organisierten Lüge, der Propaganda, die Menschen hörten noch auf das geschriebene Wort, sie warteten darauf.
Ungeduld ist Angst.
… was haben wir nicht gesehen, nicht gelitten, nicht miterlebt?
Der Mensch in uns sagt: nur durch Trauer lebst du wahrhaft die Zeit, fühlst du den Krieg. Aber das Leben spricht: nur durch Freude erlöst du dich von der Zeit, besiegst du den Krieg.
Welches Urteil wäre schwerer umzustoßen als ein Vorurteil?
Immer erscheinen die entscheidenden Ideen nachträglich als einfache und selbstverständliche.
Ein Mensch, den man einmal so weit getrieben hat, daß er nicht einmal die Lächerlichkeit fürchtet, ist unberechenbarer als sieben Verbrecher.
Gedanken leben ebenso von der Bestätigung wie vom Widerspruch.
Alles Leiden aber wird sinnvoll, wenn es die Gnade der Gestaltung erlebt. Dann wird es höchste Magie des Lebens.
Sein Geist war ein genial erfundener Apparat.
(Freud) als Denker (war) keineswegs verwundert über diesen fürchterlichen Ausbruch der Bestialität (unter Hitler) – seine Meinung, daß das Barbarische, daß der elementare Vernichtungstrieb in der menschlichen Seele unausrottbar sei, sei auf das entsetzlichste bestätigt.
Wollte man beginnen, darüber bin ich mir klar, das gleichzeitige Elend dieser Erde sich auszudenken, es würgte einem den Schlaf ab und erstickte einem jedes Lachen im Mund.
Dankbarkeit, man spürt sie ja so selten bei Menschen, und gerade die Dankbarsten finden nicht den Ausdruck dafür, sie schweigen verwirrt, sie schämen sich und tun manchmal stockig, um ihr Gefühl zu verbergen.
Die Weltgeschichte ist nicht nur, wie sie meistens dargestellt wird, eine Geschichte des menschlichen Mutes, sondern auch eine Geschichte der menschlichen Feigheit.
Jede Entdeckung, jede Erfindung wird gültig nicht nur durch den, der sie macht, sondern mehr noch durch den, der sie in ihrem Sinne, in ihrer wirkenden Kraft erkennt.
Erst im Unglück weiß man wahrhaft, wer man ist.
Denn wo sie vollendet gestaltet, bedarf die Geschichte keiner nachhelfenden Hand, sondern einzig des ehrfürchtig darstellenden Worts.
Nun ist glücklicherweise die Geschichte eine ausgezeichnete Dramatikerin, und wie für ihre Tragödien weiß sie auch für ihre Komödien einen blendenden Abschluß zu finden.
… überall schuf sich das [durch prüde Moralvorschriften] Gehemmte Abwege, Umwege und Auswege.
Schach ist wie die Liebe – Allein macht es weniger Spaß.
Wie sollte ein so rascher Ruhm nicht einen so leeren Kopf beduseln?
Aber in der Geschichte wie im menschlichen Leben, bringt Bedauern einen verlorenen Augenblick nicht mehr zurück und 1000 Jahre kaufen nicht zurück, was eine einzige Stunde versäumt.
Dieser großen Dichterin Geschichte ist keine Art der Technik und der Kunst fremd, in jeder gibt sie unseren Kunstformen das entscheidende Exempel.
Wer die Vergangenheit nicht versteht, versteht nichts wirklich.
Erst der Enthusiasmus, dann erst der Fleiß.
Man haßt immer die Menschen, denen man Unrecht tut.
Jeder Schatten ist im letzten doch auch Kind des Lichts, und nur wer Helles und Dunkles, Krieg und Frieden, Aufstieg und Niedergang erfahren, nur der hat wahrhaft gelebt.
Einer muß den Frieden beginnen wie den Krieg.
Die einen wollen Frieden und die anderen keinen Krieg. So was erzeugt natürlich Spannungen.
… Als meinen einzig sicheren Besitz empfinde [ich] das Gefühl der inneren Freiheit.
Der Haß hat ein besseres Gedächtnis als die Liebe.
Denn die Unabhängigkeit existiert immer nur im Individuum, in der Einzahl. … Immer ist es der einzelne, der sie mitten in die Welt und immer nur für sich allein errichtet.
Wer Kälte ausstrahlt, der muss Kälte erwarten.
Wir mussten Freud recht geben, wenn er in unserer Kultur, unserer Zivilisation nur eine dünne Schicht sah, die jeden Augenblick von den destruktiven Kräften der Unterwelt durchstoßen werden kann.
Ein Gedächtnis ist treu und zäh, was sich ihm einprägt, wird beständig nachgeprüft, nachdem es sich schon gewichtig bewies dadurch, daß es blieb.
Aber er [R.R.] hatte auch seine andere Pflicht nicht vergessen, die Pflicht des Künstlers, seine Überzeugung auszusprechen und sei es auch gegen den Widerstand seines Landes und sogar den Unwillen der ganzen kriegsführenden Welt.
Erst wo Geheimnis wirkt, beginnt das Leben.