Antoine de Rivarol Zitate
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Man weiß, daß das Alter mehr von der Erinnerung als von der Phantasie fordert.
Aus Vertraulichkeit entsteht die zarteste Freundschaft und der größte Haß.
Es ist kein Vorteil einen Kopf zu haben. Auch Stecknadeln besitzen einen.
Es mag sein, daß Verschwörungen zuweilen durch geistreiche Köpfe angezettelt werden; ausgeführt werden sie immer durch Bestien.
Die Vernunft schreibt die Geschichte, aber die Leidenschaften machen sie.
Die Philosophie als spät gereifte Frucht des Geistes und des Lebensherbstes darf nicht dem Volke dargeboten werden, das stets im Kindesalter bleibt.
Die Sprache ist ein Instrument, dessen Federn man nicht überanstrengen darf.
Das Wort prekär meint heute eine Sache oder einen Zustand, die schlecht gesichert sind, und es beweist, wie wenig man durch das Gebet (prière) erlangt, denn daher stammt das Wort.
Günstig für Revolutionen ist die Verquickung einer Masse Dummheit mit einer kleinen Menge Licht.
Wörter sind wie Münzen: Sie haben einen Eigenwert, ehe sie alle möglichen Werte bezeichnen.
Die herrliche Fähigkeit des Geistes zur Bildung von Sammelbegriffen ist die Wurzel fast aller seiner Irrtümer gewesen.
Laster sind oft Gewohnheiten statt Leidenschaften.
Die Herrscher dürfen niemals vergessen, daß die Regierung immer nur Vater ist und sein muß, und das Volk das Kind ist.
Ein Weiser ist in Religionsfragen weder abergläubisch noch gottlos.
Er [Buffons Sohn] ist das traurigste Kapitel der Naturgeschichte seines Vaters.
Was den Menschen gemeinsam ist, sei das Wesentliche, was sie voneinander unterscheidet, sei geringfügig.
Hängt die Armee vom Volk ab, so hängt schließlich die Regierung von der Armee ab.
Verachtung muß das geheimste unserer Gefühle bleiben.
Zu einem frommen Fürsten gehört ein Beichtvater als Staatsmann.
Die meisten unserer Gottlosen sind nur rebellische Frömmler.
Es bleibt festzustellen: Das Volk bedarf anschaulicher und nicht begrifflicher Wahrheiten.
Völlige Sicherheit, stets geheiligtes Eigentum eines jeden über seine Person und sein Vermögen, darin besteht die wahre soziale Freundschaft.
Die Vernunft setzt sich zusammen aus Wahrheiten, die man sagen, und solchen, die man verschweigen muß.
In Menschen wie in der Sprache ist alles Beziehung.
Das Genie erwürgt alle, die es plündert.
Die Politik gleicht der Sphinx der Fabel: Sie verschlingt alle, die ihre Rätsel nicht lösen.
Wenn du reich bist, bedeutet das nicht zugleich, daß du auch glücklich bist, ähnlich wie: wenn du eine Geliebte hast, muß das nicht heißen, daß du sie auch liebst.
Zu plötzliche Erscheinungen in der Literatur werden nicht geschätzt; selbst der strahlendste Ruhm braucht sein Morgengrauen.
Der eigentliche Redner der Volksversammlung ist die Leidenschaft.
Furcht ist die schrecklichste der Leidenschaften, weil sie ihre ersten Anstrengungen gegen die Vernunft macht: sie lähmt Herz und Geist.
Wenn das Wort eines Weisen: Wenn du zweifelst, enthalte dich des Urteils, die schönste Maxime der Moral ist, ist es auch die erste in der Metaphysik.
Die, welche Wunder begehren, sind sich nicht bewußt, daß sie damit von der Natur die Unterbrechung ihrer Wunder verlangen.
Man verdirbt das unschuldige Kind mit freien Reden, und eine zarte Liebe verführt die galante Frau: beides durch den Reiz des Ungewohnten.
Die Erinnerung begnügt sich mit Teppichen, aber die Phantasie umgibt sich mit Gobelinbehängen.
Er [Mirabeau] ist für Geld zu allem fähig, selbst zum Guten.
Rechte sind Güter, die sich auf Macht gründen. Mit der Macht sinken die Rechte dahin.
Der Wille ist ein handfester Sklave, der bald den Leidenschaften, bald der Vernunft zu Diensten steht.
Die zivilisiertesten Völker sind nicht weiter von der Barbarei entfernt als das glänzendste Eisen vom Rost. Die Völker und die Metalle sind nur an der Oberfläche poliert.
Man hat Vermögen ohne Glück, wie Frauen ohne Liebe.
Methoden sind die ausgetretenen Bahnen des Geistes, Richtwege des Gedächtnisses.
Die außerordentlichen Geister wenden sich vor allem den alltäglichen, vertrauten Dingen zu, während den gewöhnlichen Köpfen nur die außerordentlichen Dinge auffallen.
Da die Philosophie die Frucht langer Überlegung und das Resultat eines ganzen Lebens ist, so kann und soll sie niemals dem Volk geboten werden, das immer am Anfang des Lebens steht.