Rainer Maria Rilke Zitate
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…man muß abseits gehen in irgendeine unzugängliche Stille, vielleicht sind die Toten solche, die sich zurückgezogen haben, um über das Leben nachzudenken.
Leben, Geduld haben, arbeiten und keinen Anlass zur Freude versäumen.
Sei jedem Abschied voraus!
So laß uns Abschied nehmen wie zwei Sterne, durch jedes Übermaß von Nacht getrennt, das eine Nähe ist, die sich an Ferne erprobt und an dem Fernsten sich erkennt.
Die Nacht im Silberfunkenkleid streut Träume eine Handvoll, die füllen mir mit Trunkenheit die tiefe Seele randvoll.
Und der Letzte geht vielleicht vorüber und erkennt mich nicht obzwar ich brenn. Ach die Bäume hängen glühend über und ich fühle keinen Fühlenden.
Nirgends, Geliebte, wird die Welt sein, als innen. Unser Leben geht hin mit Verwandlung. Und immer geringer verschwindet das Außen.
Unsere Wirrnisse sind seit je ein Teil unserer Reichtümer gewesen.
Rose, oh reiner Widerspruch, Lust, Niemandes Schlaf zu sein unter soviel Lidern.
Vor der Natur gibt es kein Urteil; sie hat immer recht.
Die Nacht ist wie ein großes Haus. Und mit der Angst der wunden Hände reißen sie Türen in die Wände – dann kommen Gänge ohne Ende, und nirgends ist ein Tor hinaus.
Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge ziehn. Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen, aber versuchen will ich es.
Der Gott, der uns in den Himmeln entfloh, aus der Erde wird er uns wiederkommen.
Nichts ist so unbedingt aufgegeben, wie das tägliche Erlernen des Sterbens, aber nicht durch Absagen an das Leben bereichert sich unser Wissen um den Tod, erst die ergriffene und aufgebissene Frucht des hiesigen verteilt in uns seinen unbeschreiblichen Geschmack.
Nicht ist die Liebe gelernt.
Daß wir erschraken, da du starbst, nein, daß dein starker Tod uns dunkel unterbrach, das Bisdahin abreißend vom Seither: das geht uns an; das einzuordnen wird die Arbeit sein, die wir mit allem tun.
Schicksal ist nicht mehr als wir.
Rast. Gast sein einmal. Nicht immer selbst seine Wünsche bewirten mit kärglicher Kost. Nicht immer feindlich nach allem fassen, einmal sich alles geschehen lassen und wissen: was geschieht, ist gut.
Dank ist ja vielmehr eine Verfassung, denn eine Aussprache.
Aushalten und Geduld haben, keine Hilfe erwarten als die ganz große, nahezu wunderbare!
Die moderne Bauschablone Will mir wahrlich gar nicht passen.
Wenn es zwei Menschen gelingt, die Weite in sich zu lieben, so gibt sie ihnen die Möglichkeit, einander immer in ganzer Gestalt und vor einem großen Himmel zu sehen.
Und mit kleinen Schritten gehen die Uhren neben unserem eigentlichen Tag.
Dieses ist das erste Vorgefühl des Ewigen: Zeit haben zur Liebe.
Man muß nicht ein Pflaster, weil es einmal gut getan hat, das ganze Leben aufgelegt lassen.
Als war ich von dem Skorpion gestochen und hoffte Heilung durch dasselbe Tier.
In einer guten Ehe ernennt einer den anderen zum Beschützer seines Alleinsein.
Jedem, der sein Blut hinaufhob in ein Werk, das lange wird, kann es geschehen, daß ers nicht mehr hochhält und daß es geht nach seiner Schwere, wertlos. Denn irgendwo ist eine alte Feindschaft zwischen dem Leben und der großen Arbeit.
Wir ordnen’s, es zerfällt. Wir ordnen’s wieder – und zerfallen selbst.
Es gibt Augenblicke, in denen eine Rose wichtiger ist als ein Stück Brot.
Vergangen nicht, Verwandelt ist, Was war.
Befiehl den letzten Früchten, voll zu sein; gib ihnen noch zwei südlichere Tage, dränge sie zur Vollendung hin und jage die letzte Süße in den schweren Wein.
Das namenlose Leid der Liebe ist immer dieses gewesen: daß von ihr verlangt wird, ihre Hingabe zu beschränken.
Stillen Umgang mit dem inneren Gesetz!
Blühe, blühe, Blütenbaum, balde kommt das Reifen. Blühe, blühe, Blütenbaum. Meiner Sehnsucht schönsten Traum lehr mich ihn begreifen.
Auch die Furcht ist kühn.
Der Wunsch, einen eigenen Tod zu haben, wird immer seltener. Eine Weile noch, und er wird ebenso selten sein wie ein eigenes Leben.
Und der Mut ist so müde geworden und die Sehnsucht so groß.
Das Leben ist durchaus nicht so konsequent wie unsere Sorgen, es hat viel mehr Einfälle und viel mehr Seiten als wir.
Jeder schafft die Welt neu mit seiner Geburt; denn jeder ist die Welt.
Wir haben, wo wir uns lieben, ja nur dies: einander lassen; denn daß wir uns halten, das fällt uns leicht und ist nicht erst zu erlernen.
Du mußt dein Ändern leben.
Alles wird wieder groß sein und gewaltig. Die Lande einfach und die Wasser faltig, die Bäume riesig und sehr klein die Mauern; und in den Tälern, stark und vielgestaltig, ein Volk von Hirten und von Ackerbauern.
Irgendwo blüht die Blume des Abschieds und streut immerfort Blütenstaub, den wir atmen, herüber; auch noch im kommendsten Wind atmen wir Abschied.
Lieben heißt allein sein.
Verse sind nicht, wie die Leute meinen, Gefühle (die hat man früh genug), es sind Erfahrungen.
Um sich zu erfüllen muß sie [die Kunst] dort wirken, wo Alle – Einer sind. Wenn sie dann diesen Einen beschenkt, kommt grenzenloser Reichtum über Alle.
Die Zeit geht so schnell und ich habe es längst aufgegeben, mit ihr um die Wette zu laufen.
Wie hab ich das gefühlt, was Abschied heißt. Wie weiß ich’s noch: ein dunkles, unverwund’nes, grausames Etwas, das ein schön verbund’nes noch einmal zeigt und hinhält und – zerreißt.
Ein weißes Schloß in weißer Einsamkeit In blanken Sälen schleichen leise Schauer Todkrank krallt das Geränk sich an die Mauer, uns alle Wege weltwärts sind verschneit.