Rainer Kohlmayer Zitate – Seite 2

Rainer Kohlmayer Zitate

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Geschlechtsspezifische Komplimente. – Er findet sie herrlich, sie findet ihn dämlich.

Rainer Kohlmayer

Eros und Euros. – Die Einigung Europas hat eine ungeheure Komplizierung der Bürokratie bewirkt. Relativ problemlos klappt die Einigung Europas bisher nur in Banken und Betten.

Rainer Kohlmayer

Der Wirklichkeit „ins Auge“ blicken. Was kann dabei schon herauskommen? Höchstens ein Selbstporträt.

Rainer Kohlmayer

Wenn man sagt „Ich gehe davon aus, daß“ behauptet man eigentlich, daß man, im Gegensatz zu den andern, schon am Ziel war.

Rainer Kohlmayer

Nichts zu lachen. – Wer mit sich allein ist, denkt nicht in Polaritäten. Das Alleinsein beseitigt die Kontraste.

Rainer Kohlmayer

Leber kaputt: Promilleus.

Rainer Kohlmayer

Neugeborenen zur geflissentlichen Beachtung empfohlen. – „Unser Planet bietet abwechslungsreiche Tätigkeit in gut funktionierendem Schlachthaus, mit Aufstiegsmöglichkeiten.“

Rainer Kohlmayer

Vorübergehende Bindung. – Als sich die Liebe nicht einstellte, wurde sie eingestellt.

Rainer Kohlmayer

Prozeß der Zivilisation. – Gibt es eine nachdrücklichere Anleitung zur Selbstbeherrschung, Demut, Bescheidenheit als den täglichen Stau auf der Autobahn? Aber die Auslese ist hart: entweder heiligmäßige Sanftmut oder früher Herzinfarkt.

Rainer Kohlmayer

Glück mit grünem Punkt. – Statt der sperrigen Beziehungskisten von früher gibt es jetzt leicht ersetzbare und voll recyclingfähige OrgasmusspenderInnen.

Rainer Kohlmayer

Praxisbezogene Theorie. – Als das Karussellpferd müde, störrisch und aufsässig wurde, machte der Menageriebesitzer eine kleine Pause und zog dem Tier den Doktorhut der Karussellpferdtheorie über den Kopf. Stolz trabte es weiter.

Rainer Kohlmayer

Schreibtischtäter. – Er wurde wegen Vorspiegelung richtiger Tatsachen mit einem Schreibverbot belegt.

Rainer Kohlmayer

Eine Frage des Standpunkts. – Mancher rühmt sich, er stünde auf den Schultern der Vorfahren, während er in Wirklichkeit der Zukunft auf dem Fuß steht.

Rainer Kohlmayer

Die Jugend ist ein schlechter Verteidiger, scharfer Ankläger und unerbittlicher Richter. Nach den üblichen Jugendsünden verschiebt sich mit dem Älterwerden die Begabung immer mehr zugunsten der Verteidigung.

Rainer Kohlmayer

Zwischen der Ehe und einem Verhältnis besteht ein ähnlicher Unterschied wie zwischen Grammatik und Stilistik. Jene handelt von den Pflichten, diese von den Freiheiten, jene von der Norm, diese von den Abweichungen. Ohne jene wären diese nicht möglich.

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Avantgarde. – Rasch altern ist der sicherste Weg, um seiner Zeit vorauszueilen.

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Der Kollege. – Er war so nörglerisch, daß man seine gelegentliche Freundlichkeit für Ironie hielt.

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Poet als Seismograph. – Im Glück das Erdbeben voraushören, in der Liebeserklärung die Gleichgültigkeit des biologischen Programms vernehmen, in den Zwängen der Alltagsroutine das aggressive Potential der Erlösung entdecken. Darwin, Marx, Freud, Nietzsche – die mythischen Poeten ihrer Epoche.

Rainer Kohlmayer

Promillegedanken. Tee mit Rum: Promillentee.

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Eskapis-Muse. – Es gibt einen lyrischen Eskapismus, den man am besten als „Druckmäusertum“ zusammenfaßt.

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Posthumor. – „Empfänger verweigert Annahme der Sendung wegen Ablebens.“

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„Ach, du…“ – Die schönsten Abkürzungen sind die stammelnden Tautologien der Verliebten.

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Hagestolz. – Er fürchtete lebenslang die Beziehung zwischen Umarmung und Verarmung.

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Provinzprofessor, vor dem Spiegel übend. – Es gelang ihm mehrmals, das Wort „Niveau“ auszusprechen, ohne rot zu werden.

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Autogenes Denken für Anhänger des sprachlichen Determinismus. – „Haha!“ lachte er – und wirklich, die Welt kam ihm komisch vor. „Au!!“ schrie er – und wirklich – es tat ihm weh.

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Erste Instanz. – Der Prozeß der Meinungsbildung endet meist damit, daß ein Vorurteil gefällt wird.

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Sitzungen. – Was ist schlimmer: Das matschige Hirn oder das matschige Rückgrat?

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Entsprechend dem Wort „Redewendungen“ für direkte, anschauliche Ausdrücke könnte man das Wort „Redewindungen“ für verlogene Umschreibungen verwenden.

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Trotzalter der Vernunft. – „Unsere nationale und kulturelle Identität…“

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Varianten der Pädagogik. – Erstens, die Kunst, Schwieriges einfach darzustellen: Das Genie. Zweitens, die Kunst, Schwieriges schwierig darzustellen: Der Professor. Drittens, die Kunst, das Einfache schwierig erscheinen zu lassen: Der deutsche Professor.

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Rotkäppchen und Direktor Wolf. – „Vorgesetzter, warum hast du so kleine Ohren?“ – „Wie bitte?“

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Gott lacht über die menschlichen Schwächen, der Teufel über die menschlichen Stärken.

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Raum ohne Hirn schafft Volk ohne Raum.

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Norden und Süden. – Offensichtlich ist auch der Globus unterhalb der Gürtellinie besonders empfindlich. Solange jedoch Promoter, Schiedsrichter, Trainer, Champions ausschließlich aus dem Norden kommen, sind praktisch alle Schläge erlaubt.

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Self-destroying pedagogy. – Am schnellsten veralten jene Lehren, die zum Nutzen der Jugend aus der Vergangenheit gezogen werden.

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Durchblick gewinnen. – Man verschiebt die Grenze der Intransparenz.

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Letzter Wille. – Der zynische Bankrotteur hinterließ nichts als ein Konto bei einer Schweizer Samenbank. „Um wenigstens meine Gläubigerinnen zu befriedigen…“

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Inkognito. – Seine Wahrheitsliebe ging nicht so weit, dass er die Perücke abgelegt hätte. Aber immerhin trug er sie unfrisiert.

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Vorsicht, Einfallgefahr. – Aphorismen sind die ruinöseste Art des Denkens. Sie blockieren Einbahnstraßen und bringen Fassaden ins Wanken.

Rainer Kohlmayer

Mahlgeräusche aus der welthistorischen Recyclinganlage. – „Forrrt – Schritt – Forrrt – Schrott – Forrrt – Schritt – Forrrt – Schrott…“

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Oscar Wilde: Gewaltiger Körperbau, in dem aber nur der Mund, also die Sprech- und Kauwerkzeuge ungewöhnlich entwickelt waren. Eine Engelszunge in einem Koloß. Daß selbst die Zähne noch miserabel waren – gelb und lang und dünn, – konzentrierte seine Fähigkeiten noch mehr auf den verbalen Charme.

Rainer Kohlmayer

Was hast du zu sagen? – Die Arbeitsteilung geht so weit, daß diejenigen, die das Sagen haben, nichts mitzuteilen, und diejenigen, die etwas mitzuteilen hätten, nichts zu sagen haben.

Rainer Kohlmayer

Reservatio mentalis. – Das ehrlichste Mitleid ist doch das Selbstmitleid. Es ist der Zwilling der Schadenfreude.

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Was in der Antike das Schicksal bewirkte, leistet heute die Statistik: Sie vernichtet Helden und Schurken.

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Hartnäckige Reue. – Der Versuch, den Ast, auf dem man saß, wieder an den Baum zu sägen.

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-ismus. – Je nackter die Tatsachen, desto abstrakter die Lügen.

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Ehebündnis. – „Er ist mit einer Fahnenstange verheiratet. Sie zeigt immer die gleiche aufrechte und hölzerne Treue.“

Rainer Kohlmayer

Schwamm drüber. – Herr K. führte ein Theaterstück auf, in dem die Feigheit der Intellektuellen grausam deutlich angeprangert wurde. Als die Kritiker überraschenderweise schrieben, dem Stück mangele es an Mut und Klarheit, meinte Herr K. nachdenklich: „Sie haben begriffen.“

Rainer Kohlmayer

Der Vamp. Die Frau. Das Weib. – Die deutsche Sprache verhindert mit ihren willkürlichen Genusartikeln, daß die Allmacht der Geschlechtlichkeit im Bewußtsein Fuß faßt. Ein neurotisches Ablenkungsmanöver.

Rainer Kohlmayer

Naturbusen. – Der junge Goethe schwärmte vom Busen der Natur – im Singular. Der alte Goethe wußte, daß die Natur viele Busen hat.

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