Paul Heyse Zitate
seite 1
Unsinnige Pedanterei, Will stets der Geist die Sinne meistern! Am echten Geiste werden frei Gesunde Sinne sich begeistern.
Wer sich an andere hält, dem wankt die Welt. Wer auf sich selber ruht, steht gut.
Ein Bilderbuch ist diese Welt, das manchem herzlich wohlgefällt. Der blätternd Bild um Bild genießt, vom Text nicht eine Zeile liest.
Das sind die Edelsten auf Erden, Die nie durch Schaden klüger werden.
Wird den Winden auch zum Raube, Was ein Staubessohn geschrieben, Sei es gleich dem Blütenstaube, Der befruchtet im Zerstieben.
Gewisse kritische Menschenfreunde warten mit dem Loben immer so lange, bis es den Betroffenen nicht mehr freuen kann.
Zufluß Der Tage wechselnd Glück und Ach Erneuert unser Blut. Dem Flusse mischt sich mancher Bach Und trübt nicht seine Flut.
Laß von brutalen Gewalten nie deine Seele knechten; kannst du nicht Recht behalten, halte doch fest am Rechten.
Solang du schimpfst und tobst und bellst, Bleibst du dem Volk erfreulich. Doch wenn du einfach Recht behältst, Finden sie’s unverzeihlich.
Doch ihr, die Geistesmacht entflammt, O haltet den Tempel rein! Ist heiliger doch kein Priesteramt, Als Hüter des Worts zu sein.
Anthropomorphismus Du glaubst, mit Gott vertraulich Unter vier Augen zu sein, Und blickst doch nur erbaulich Ins Spiegelglas hinein.
Ihr Männer seid Meister im Verzweifeln, Wir Frauen im Hoffen.
Sobald die Künste verblühn, Kommt Wissenschaft in Gunst. Sie lohnt auch Handwerksmühn, Denn Wissen ist keine Kunst.
Ars longa Fünf Stunden lang mich ergeben In euren Meistergesang? Verzeiht! Kurz ist das Leben, Und diese Kunst – zu lang.
Nie wird ein Weib sich ganz dir weihn, Hat es dir nie was zu verzeihn.
Wenn Kopf und Herz sich widersprach, Thät doch das Herz zuletzt entscheiden. Der arme Kopf gibt immer nach, Weil er der Klügre ist von Beiden.
Verdammlich ist’s, nach Glück zu streben; Das Ziel des Menschens ist die Pflicht. – Allein beglückt es Euch denn nicht, Euch euren Pflichten hinzugeben?
Erdachtes mag zu denken geben, doch nur Erlebtes wird beleben.
Der Strom der Tränen ist nicht helle, Doch wäscht man Gold aus seiner Welle.
Gründliche Thorheit Die menschlichste der Schwächen Ist, über das, was uns das Herz gebrochen, Noch obendrein den Kopf uns zu zerbrechen.
Auf so manche Lust der Welt Lernt man früh verzichten. Was uns bis zuletzt gefällt, Sind Bilder und Geschichten.
Fruchtlose Polemik Streite doch nicht mit jedem Tropf! Du triffst, so klar und scharf du bist, Doch nur den Nagel auf den Kopf, Mit dem er selbst vernagelt ist.
Sei zum Geben stets bereit, miß nicht kläglich deine Gaben, denk, in deinem letzten Kleid wirst du keine Taschen haben.
Je ernster sie sind, je redlicher, Je schlimmer der Kampf mit harten Schädeln. Nichts ist der Wahrheit schädlicher, Als der Irrtum der Edeln.
Der Kinder Sünde, der Väter Fluch.
So viel Verdienste du erwirbst, so viel dir Gut und Mut beschieden – wenn du es mit den Philistern verdirbst, dann wehe deinem Frieden!
Das ist des Alters Los auf Erden, daß alle Rechte zu Pflichten werden.
Späte Erkenntnis „Für diese Weisheit bin ich blind, So hell meine jungen Augen sind.“ – Werde nur alt! Wirst’s auch erfahren: Weitsichtig wird man mit den Jahren.
Pädagogik Zur Kinderlehre wird’s genügen, Lehrt ihr das A und O verstehn, Die Mädchen: einen Mann zu kriegen, Die Buben: ihren Mann zu stehn.
Liebe ist leuchtend wie das Morgenlicht und schweigsam wie das Grab.
Ich saß an einem Tisch von Silber reich. Nie sah ich solchen Aufwand all mein Leben. Drei süße Speisen gab es da zugleich: Zucker und Honig und mein Schatz daneben.
Wenn sich die Sprüche widersprechen, ist’s eine Tugend, kein Verbrechen. Du lernst doch nur von Blatt zu Blatt, daß jedes Ding zwei Seiten hat.
Wen Götterworte nicht erheben, den erdrücken sie.
In Liebesflammenqual vorm Jahr, Und doch frisch angesengt schon heuer? Das alte Sprichwort lügt fürwahr: Gebrannte Kinder lockt das Feuer.
Das ist das Schicksal aller holden Dinge: Erkauft mit Thränen und mit Schmerz verloren.
Räthsel, die zu lösen endlich, Werden sie „natürlich“ schelten. Nur was ewig unverständlich, Wird als Offenbarung gelten.
Philologie Buchstabensel’ge Philologie Vermeint, den Logos liebe sie? Wortklauberei weiß nichts fürwahr Vom „Worte“, das „zu Anfang“ war.
Nur nicht gleich das Schwert gewetzt Und das Beil geschliffen! Was ihr niemals überschätzt, Habt ihr nie begriffen.
Dem echten Lehrer muß jeder Schüler gleichviel gelten; je talentloser, träger und hartköpfiger der Zögling, desto mehr muß er den Erzieher reizen, etwas aus ihm zu machen.
Im Lauf der Welt ist das Gemeine des Erhabnen Schatten.
Wer keinen Fußtritt spüren will im Rücken, Muß sich nicht bücken.
Brautglocken sind der Freundschaft Sterbeglocken.
An die Nazarener Die Künste preist ihr salbungsvoll Und warnt vor Sinnenreizen? Wenn euch der Ofen wärmen soll, So, denk‘ ich, müßt ihr ihn heizen.
Der Dichter soll, vom Gott besessen Über dem Werk sich selbst vergessen.
Wichtigste Kunst Du wirst der Leute Lieb‘ und Gunst, Zumal der Biedern, bald verlieren, Verstehst du nicht die edle Kunst, Mit Anstand dich zu ennuyieren.
Eine Kraft muß wollen, oder sie ist keine Kraft.
Das eben ist das Wunder der Liebe: sie will von dem Geliebten lieber mit Füßen getreten, also von ungeliebten Händen geliebkost werden.
Von jeder wirklich dichterischen Schöpfung ist zu verlangen, daß sie uns ein bedeutsames Menschenschicksal, einen seelischen, geistigen oder sittlichen Konflikt vorführe, uns durch einen nicht alltäglichen Vorgang eine neue Seite der Menschennatur offenbare.
Wie kannst du deine Zeit verachten Und doch nach ihrem Lobe schmachten? Soll man dir deinen Stolz verzeihn, Mußt drauf verzichten, eitel zu sein.
Das sind die Traurigen, die Flachen, die tief und stark sich scheinen: Die Frauen, die nicht lachen, die Männer, die nicht weinen.