Nicolas Chamfort Zitate
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Nach seiner Rückkehr aus Deutschland sagte M…: Ich wüßte nichts, das ich weniger zu sein wünschte als ein Deutscher.
Wer sein Glück zu sehr von seiner Vernunft abhängig macht, wer es prüft und sozusagen seine Genüsse kontrolliert und nur die ausgesuchtesten sich noch erlaubt, hat schließlich gar keines mehr.
Würdenträgern ohne Verdienste erweist man Ehren ohne Ehre.
Jede Frau, die einen Geliebten wählt, stellt stärker in Rechnung wie andere Frauen diesen Mann sehen, als wie sie selber ihn sieht.
Die Bemerkung des Aristoteles in seiner Rhetorik, daß jede Metapher sich umkehren lassen müsse, ist vorzüglich. So hat man gesagt, das Alter sei der Winter des Lebens; kehrt man die Metapher um, so ist sie ebenfalls richtig, denn man kann sagen, der Winter sei das Alter des Jahres.
Es ist kein Kompliment für eine ungetreue Ehefrau, wenn der Gatte glücklicher aussieht als der Liebhaber.
Empfinden macht denken. Das gibt man zu, nicht, daß das Denken sich in Empfinden umsetzt. Es ist nicht weniger wahr.
Ein Mann von Rang muß die allgemeine Achtung besitzen, ohne sie erstrebt zu haben, ja fast gegen seinen Willen.
Der einsichtige Mensch spielt eine traurige Rolle. Er verletzt seine Freunde, indem er ihnen Unglücksfälle voraussagt, die sie sich durch ihren Leichtsinn zuziehen.
Die Natur hat Illusionen den Weisen wie den Narren mitgegeben, damit die Weisen nicht zu unglücklich würden durch ihre Weisheit.
Der Mensch lebt öfters mit sich allein und kann die Tugend nicht entbehren; lebt er mit anderen, so hat er die Ehre nötig.
Der verlorenste aller Tage ist jener, an dem man nicht über das Mißgeschick eines anderen lachen konnte.
Als ich der Welt und dem Vermögen entsagte, fand ich Glück, Stille, Gesundheit, ja Reichtum und merkte, dem Sprichwort zum Trotz, daß, wer das Spiel aufgibt, es gewinnt.
Man muß sich entscheiden, die Frauen entweder zu lieben oder sie zu durchschauen; dazwischen gibt es nichts.
Mit dem Glück verhält es sich wie mit den Uhren: die einfachsten gehen am besten.
Die Meinung ist die Königin der Welt, weil die Dummheit die Königin der Schwachköpfe ist.
Wenn Diogenes in unserer Zeit leben würde, müßte seine Laterne eine Blendlaterne sein.
In der Philosophie gibt es, wie in der Medizin, viele Drogen, aber sehr wenig gute Mittel und fast gar keine Spezifika.
Die Überzeugung ist das Gewissen des Geistes.
Es ist unbestreitbar, daß es in Frankreich sieben Millionen Menschen gibt, die Almosen verlangen, und zwölf, die außerstande sind, sie ihnen zu geben.
In den Naivitäten eines wohlgeratenen Kindes steckt oft eine sehr liebenswürdige Philosophie.
Ohr und Geist können müde werden, dasselbe zu hören, das Herz nie.
Wie schlecht auch ein Mann über die Frauen denken mag: Es gibt keine Frau, die darin nicht noch um einiges weiter ginge als er.
Jede Nichtswürdigkeit wird verziehen, nur kein Charakter. Wer die Welt verstehen will, der merke sich das.
Ehe und Zölibat haben beide ihre Nachteile. Man muß den Stand wählen, dessen Nachteile sich beheben lassen.
Das tragische Theater hat einen großen moralischen Nachteil: Es überschätzt die Bedeutung von Leben und Tod.
Was das Glück betrifft, gleicht es einer Uhr: Je einfacher ihr Mechanismus, um so seltener geht sie entzwei.
Viele Schriftsteller glauben den Ruhm zu lieben und lieben doch nur ihre Eitelkeit.
Warum erblickt man im Alter das Leben, welches man hinter sich hat, so kurz? Weil man es für so kurz hält, wie die Erinnerung desselben ist. Aus dieser nämlich ist alles Unbedeutende und viel Unangenehmes herausgefallen, daher wenig übrig geblieben.
Jeder, der nur wenige Bedürfnisse hat, scheint den Reichen zu drohen, fortwährend auf dem Sprunge zu sein, ihnen zu entschlüpfen. Daraus sehen die Tyrannen, daß sie im Begriffe sind, einen Sklaven zu verlieren.
Das vernünftigste und maßvollste Wort in der Streitfrage Ehe oder Zölibat lautet: So oder so, du wirst es bereuen.
Durch die Leidenschaften lebt der Mensch, durch die Vernunft existiert er bloß.
Die ganze Moral läßt sich auf einen einzigen Satz bringen: genießen lernen beim Nehmen und Geben, ohne sich und anderen zu schaden.
Die Liebe ist der Austausch zweier Phantasien und die Berührung zweier Hautschichten.
Der wahrhaft Gläubige untersucht keinen Glaubenssatz; es verhält sich damit wie mit einer bitteren Arzneipille: wenn man sie kaut, kann man sie nicht schlucken.
Ich habe in der Welt gesehen, daß man ohne Unterlaß die Achtung der anständigen Menschen dem Ansehen und die Ruhe dem Ruhme opfert.
Die meisten Freundschaften sind so mit Wenn und Aber gespickt, daß sie auf bloße Beziehungen hinauslaufen, die dank stillschweigender Übereinkunft weiter bestehen.
Die Öffentlichkeit! Wie vieler Narren bedarf es, um eine Öffentlichkeit zu ergeben?
Liebe mag blind sein, aber sie kann trotzdem einen teuren Ring von einem billigen unterscheiden.
Beobachtet oder erlebt man die Qualen, die mit starken Gefühlen in Liebe und Freundschaft verbunden sind, so möchte man glauben, daß Leichtsinn und Frivolität keine so großen Torheiten seien und das Leben gar nicht mehr wert sei, als was die Weltleute daraus machen.
Der Adel, sagen die Adeligen, ist ein Vermittler zwischen dem König und dem Volk. Ja, wie der Jagdhund ein Vermittler zwischen dem Jäger und dem Hasen ist.
Mit der Liebe ist es wie mit den Epidemien: Je mehr einer sie fürchtet, um so mehr ist er der Ansteckung ausgesetzt.
Die Armen sind die Neger von Europa.
Alles ist gleich eitel am Menschen, seine Freuden und seine Leiden, aber goldene oder himmelblaue Seifenblasen sind doch schöner als graue.
Ansprüche machen das Leben schwer. Das glückliche Leben beginnt, wenn man sie aufgibt.
Ist es nicht spaßhaft zu betrachten, daß der Ruhm vieler großer Männer darin beseht, ihr ganzes Leben der Bekämpfung von Vorurteilen und Dummheiten gewidmet zu haben, und welche man eigentlich nie in menschlichen Köpfen anzutreffen geglaubt hätte?
Viele Männer und Frauen suchen die allgemeine Achtung, nicht weil man sie kennt, sondern weil man sie nicht kennt.
Weder als Mensch noch als Glied der sozialen Ordnung muss man mehr sein wollen, als man kann.
Der Erfolg gebiert den Erfolg wie das Geld das Geld.
Paris, die Stadt der Freuden und Lustbarkeiten usw., in der vier Fünftel der Einwohner an Kummer sterben!