Marie von Ebner-Eschenbach Zitate
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Beim Genie heißt es: Laß dich gehen! Beim Talent: Nimm dich zusammen!
O Gott, gib, daß ich diesen Tag so lebe, daß ich wert bin, ihn zu leben.
Heilige, stille Einsamkeit, Mutter aller Gnaden!
Wie dem Körper sein Schatten, folgt dem Glücke das Leid und dem Erfolge Enttäuschung, Ekel und Schmerz!
Wenn der Mann das Amt hat und die Frau den Verstand, dann gibt es eine gute Ehe.
Es gibt zweierlei Arten von Büchern. Die einen lesen die Leute, weil sie wollen, die anderen, weil sie müssen. Die letztere Art ist die wahre. Die Generation, welche nicht gewollt hat, ist hin; jetzt kommen die Geschlechter, welche müssen.
Die meiste Nachsicht übt der, der die wenigste braucht.
Jeder Mensch hat ein Brett vor dem Kopf – es kommt nur auf die Entfernung an.
Langeweile ist eine Halbschwester der Verzweiflung.
Der von der Heerstraße nicht abgekommen ist, sollte sich nichts darauf zugute halten, daß er sich nicht verirrt hat.
Ihr Geringen, ihr seid die Wichtigen, ohne eure Mitwirkung kann nichts Großes sich mehr vollziehen – von euch geht aus, was Fluch oder Segen der Zukunft sein wird.
Ohne Talent zur Liebenswürdigkeit kein Talent zum Glücklichsein.
Den Menschen, den nur Neider hassen, Den muß der Neid selbst gelten lassen.
Da kommt ein Besucher und sagt in höchst bedauerndem Tone: Sie sind allein? Der Arme! wenn er wüßte, wie gut umgeben ich war – bevor er kam.
Wie vieles wurde nur aufgeschrieben, um wieder ausgestrichen zu werden, und hat doch aufgeschrieben werden müssen.
S ist alles schon gesagt, man kann nur wiederholen Der ehrlichste Poet hat unbewußt gestohlen.
Wenn man das Dasein als eine Aufgabe betrachtet, dann vermag man es immer zu ertragen.
Im hohen Alter, in dem man wirklich das Recht hätte, zu sagen: Ich kann nicht mehr warten, wie geduldig wird man da!
Während des Beisammenseins mit geliebten Menschen kann man sich in den Zustand der Trennung von ihnen ebensowenig hineindenken wie in den des Todes.
Die Störungen gehen vorbei, aber die Furcht vor den Störungen bleibt.
So weit deine Selbstbeherrschung geht, so weit geht deine Freiheit.
Der Philosoph zieht seine Schlüsse; der Poet muß die seinen entstehen lassen.
Nur der das Leiden kennt, Kennt auch ein heiß Erbarmen: Der selber darbt, der gibt: Großmütig sind die Armen.
Vertrauen ist Mut, und Treue ist Kraft.
Was für die Gegenwart zu gut ist, ist gut genug für die Zukunft.
Beim Wiedersehen nach einer Trennung fragen die Bekannten nach dem, was mit uns, die Freunde nach dem, was in uns vorgegangen.
Man kann nicht jedes Unrecht gut, wohl aber jedes Recht schlecht machen.
Die Güte, die nicht grenzenlos ist, verdient den Namen nicht.
Die Forderungen der strengsten Moral sind nicht immer mit denen des Berufs, sei er ein noch so hoher, in Einklang zu bringen.
Gegenseitiges Vertrauen ist wichtiger als gegenseitiges Verstehen.
Wenn wir aufhören, lebhaft zu hoffen, fangen wir an, uns lebhaft zu erinnern.
Wir hätten wenig Mühe, wenn wir niemals unnötige Mühe hätten.
Es ist Frevel und Wahnsinn, zu kränken, was man liebt, wie es Frevel und Wahnsinn ist, um jeden Preis besitzen zu wollen, was man liebt.
Das Talent zu herrschen täuscht oft über den Mangel an anderen Talenten.
Eiserne Ausdauer und klaglose Entsagung sind die zwei äußersten Pole der menschlichen Kraft.
Genug weiß niemand, zuviel so mancher.
Die jetzigen Menschen sind zum Tadeln geboren. Vom ganzen Achilles sehen sie nur die Ferse.
Das Urteil auch des weisesten Elefanten gilt einem Eselchen lange nicht so viel wie das Urteil eines andern Eselchens.
Was andere uns zutrauen, ist meist bezeichnender für sie als für uns.
Menschen, die viel von sich sprechen, machen – so ausgezeichnet sie übrigens sein mögen – den Eindruck der Unreife.
Wenn mein Herz nicht spricht, dann schweigt auch mein Verstand, sagt die Frau. Schweige, Herz, damit der Verstand zu Worte kommt, sagt der Mann.
Ein Mensch – und stolz? O sieh, Dein Thun, Dein Lassen, Deine Meinung, Das Alles ist, Du selber bist Des Scheins Reflexerscheinung.
Unsterblich wandelt durch der Zeiten Frist Das Werk des Denkers, der ein Künstler ist.
Die Eintagsfliege, wie so manche Leute, Vergönnt sich keine Freude an dem Heute, Denn ruh- und rastlos muß sie sorgen, Die arme Eintagsfliege – für das Morgen.
Wenn jemand etwas kann, was gewöhnliche Menschen nicht können, so trösten diese sich damit, daß er gewiß von allem, was sie können, nichts kann.
Das Mitleid des Schwächlings ist eine Flamme, die nicht wärmt.
Um ein öffentliches Amt glänzend zu verwalten, braucht man eine gewisse Anzahl guter und – schlechter Eigenschaften.
Tiefe Bildung glänzt nicht.
Was du bekrittelst, hast du verloren.
Ist eine Liebe langsam und allmählich entstanden, dann wird sie auch lange nicht vergehen. Ist sie gleich einem Blitze entflammt, dann mag es sein, das sie auch rasch wie dieser wieder verschwindet.