Ludwig Börne Zitate
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Es ist ein Jammer mit den Deutschen, daß sie, weil sie keinen Spaß, auch keinen Ernst verstehen.
Gefährlich ist nur das unterdrückte Wort, das verachtete rächt sich, das ausgesprochene ist nie vergebens.
Verschmähte Liebe ist Tod, Eifersucht ist mehr, sie ist die Furcht des Todes.
Was ist Glück? Eine demi-tasse im Café de la Bourse. Von außen ist die Tasse groß, und man glaubt, es werde uns viel eingeschenkt. Trinken wir aber, erfahren wir, daß man uns keine fünfzig Tropfen gegeben, so spitzbübisch sind Boden und Wände des Gefäßes.
Selten bewohnt der Architekt ein Haus, das er selbst gebaut. – Er gleicht den modernen Philosophen.
Liebe ist eine Schmeichelei, die allen gefällt, Hohen wie Niederen, Kindern wie Erwachsenen, Guten wie Bösen – und sie ist auch Gott gefällig.
Die Irrtümer eines großen Geistes sind belehrender als die Wahrheiten eines kleinen.
Dein Verstand ist schwankend, wird er nicht auf die Sinne gebaut; dein Glaube ist dunkel, wenn ihn die Vernunft nicht beleuchtet.
Vernichtet die Religionen, und ihr habt die Religion zerstört.
Wo wir unfähig sind, die Gesetze der Notwendigkeit zu erkennen, da glauben wir frei zu sein.
Eitelkeit ist die sicherste Wächterin der öffentlichen Ruhe. Sie ist die Omphale des Ehrgeizes und legt ihm Rosenketten an. Wer am Schimmer des Goldes eine Freude findet, wird das Eisen nicht achten, und im Tanzschritte ist noch keiner auf den Thron gestiegen.
Wie es unter einer Million Menschen nur tausend Denker gibt, so gibt es unter tausend Denkern nur einen Selbstdenker.
Hätte die Natur so viele Gesetze, als der Staat, Gott selbst könnte sie nicht regieren.
Schmerz ist der Vater und Liebe die Mutter der Weisheit.
Der Umstand, daß wir Feinde haben, beweist klar genug, daß wir Verdienste besitzen.
Die Erfahrung gleicht einer unerbittlichen Schönen. Jahre gehen vorüber, bist du sie gewinnst, und ergibt sie sich endlich, seid ihr beide alt geworden, und ihr könnt euch nicht mehr brauchen.
Voltaire kam vor der Revolution wie der Blitz vor dem Donner.
Für die, welche an keine Unsterblichkeit glauben, gibt es auch keine.
Mündliche Verleumdung ist das Geschoß aus einer Windbüchse: Man sieht das Schlachtopfer fallen, doch der Täter der geräuschlosen Tat bleibt unentdeckt. Gedruckte Übelrede ist die Kugel eines Pulvergewehres, wobei Knall und Licht den Mörder verraten und der Strafe überliefern.
Liebe einzuflößen ist das unaufhörliche Bestreben der Weiber.
Nur in der Jugend ist man wahrer Weltbürger; die besten unter den Alten sind nur Erdenbürger.
Was die Besten und nur die Besten unter den Zeitgenossen wünschen, das geschieht zwar auch, aber spät; denn da die Besten ihrer Zeit vorauseilen, so werden ihre Wünsche und Bedürfnisse erst die der Nachwelt. Doch was die Menge wünscht, geschieht bald.
Jeder Zwang ist Gift für die Seele.
Die Deutschen bilden sich so viel auf ihre Bescheidenheit ein; das kommt mir vor, als wollte ein Hase mit seiner Furchtsamkeit prahlen.
Keine Schmeichelei ist so verführerisch wie die durch die zweite Hand.
Von jeder Staatseinrichtung, welche das Wohl der Bürger zum Zwecke hat, ist derjenige Teil, der von der Menge begriffen wird, immer der wichtigste.
Die wahre Liebe würdigt ihren Gegenstand; aber das ist die wahre Liebe nicht, die nur das Würdige liebt.
Nicht zu bereuen ist der Anfang aller Weisheit.
Gewöhnlich schreibt man dem das Werk zu, der die letzte Hand daran legte. Daher trägt ein Tölpel so oft den Preis davon, wenn er geschickt genug ist, zu einer Geige den mangelnden Bogen zu verfertigen.
Um Kindern Moral in Beispielen zu lehren, dazu gebraucht man die Geschichte. Das heißt, ihnen Schwert und Lanze als Messer und Gabel in die Hände geben.
So not tut es den lebenssüchtigen Menschen, sich eine Ewigkeit zu denken, daß sie, wenn ihnen die Brücke der Hoffnung verwehrt ist, auf der Brücke der Furcht hinübergehen.
Frankreich ist das Ziffernblatt Europas; hier sieht man, welche Zeit es ist, in andern Ländern muß man die Uhr erst schlagen hören, um die Stunde zu erfahren – man verhört sich aber leichter, als man sich versieht.
Sie wollen keine Preßfreiheit, weil sie glauben, der Wind drehe sich nach der Wetterfahne.
Wie habe ich mich auf meinen Reisen bemüht, etwas zu finden, das lächerlicher wäre als die deutsche Zensur! Aber ich habe vergebens gesucht.
Man versteht die Kinder nicht, ist man nicht selbst kindlichen Herzens; man weiß sie nicht zu behandeln, wenn man sie nicht liebt, und man liebt sie nicht, wenn man nicht liebenswürdig ist.
In einem wohlorganisierten Staate muß jedes Glied abhängig vom Ganzen sein. Darum sollten darin keine Bettler und keine Philosophen geduldet werden. Denn beide sind frei: die ersten, weil sie nichts zu verlieren, die andern, weil sie nichts zu gewinnen haben.
Mir ist keine Frau bekannt, die ein dummer Mann unglücklich gemacht hätte, und keine, die mit einem, genialen Mann glücklich gelebt
Man nimmt keinen Marmor zu dem Grundstein eines Gebäudes. Darum verlange man von starken Menschen nicht die Spiegelglätte einer Toilettenpuppe.
Nur unterdrückte Worte sind gefährlich.
Sich am Bratspieß der Gewohnheit drehen.
Es ist so schwer, Bescheidenheit zu erkünsteln.
Die Hoffnungen guter Menschen sind Prophezeiungen, die Besorgnisse schlechter sind es auch.
Wer zu den Köpfen redet, muß viele Sprachen verstehen, und man versteht nur eine gut. Wer mit dem Herzen spricht, ist allen verständlich.
Was dir Menschen geben, mußt du bezahlen mit dem, was du hast, oder teurer, mit dem, was du bist.
Der Mensch will nur die Übel dieses Lebens beseitigt wissen, aber kein wesentlich anderes Leben.
Gesundheit ist das Gefäß jeder Tugend, mangelt diese, so kannst du keine recht fassen.
Einen Dieb zum Nachtwächter und einen Jesuiten zum Zeitungsschreiber bestellen, das ist einerlei.
Die deutsche Geschichte gleicht einem ungebundenen Buche; so beschwerlich und verdrießlich ist sie zu lesen. Man muss oft die Bogen umwenden, verliert den Zusammenhang darüber, und Titel und Register liegen nicht selten in der Mitte versteckt.
Regieren ist eine Kunst, keine Wissenschaft.
Minister fallen, wie Butterbrote, gewöhnlich auf die gute Seite.