Luc de Clapiers Zitate
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Geckenhaftigkeit entschädigt für Herzensleere.
Wenn der berühmte Autor der Maximen (La Rochefoucauld) so gewesen wäre, wie er alle Menschen zu schildern versucht hat, verdiente er dann unsere Achtung und den abgöttischen Kult seiner Anhänger?
Wo Größe ist, fühlen wir sie, selbst gegen unseren Willen. Der ruhmvolle Eroberer ist stets bekämpft worden, die Völker haben unter ihm gelitten – und ihn stets verehrt.
Das Laster schürt zwar den Krieg, aber nur die Tugend kämpft. Wenn es eine Tugend gäbe, würden wir Frieden für immer haben.
Nur wer sich der Wahrheit geschickt bedient und ihre Überzeugungskraft klug nützt, darf sich rühmen, schlau zu sein.
Wenige Dinge wissen wir wirklich.
In der Natur gibt es keine Widersprüche.
Natürlichkeit ist leichter verständlich als die Rede, deren Stärke der scharf formulierte Begriff ist. Sie ist als Sprache des Gefühls jener des Verstandes vorzuziehen, sie ist schön und volkstümlich.
Man schwingt sich nicht zu großen Wahrheiten auf ohne Enthusiasmus: kalten Blutes diskutiert man, aber man erfindet nichts. Vielleicht machen erst Leidenschaft und Verstandesschärfe zusammen den echten Philosophen.
Der Ehrgeiz erfüllt die Welt mit Tugenden und bedeckt die Erde wie eine wohltätige Sonne mit Blumen und Früchten.
Wir bewundern oft Menschen, die durch ihre Erscheinung blenden, genau so, wie junge Männer, die verliebt einer Maske folgen, sie für das schönste Weib halten und sie solange bestürmen, bis sie sich ihnen entdeckt… als kleines Männchen mit schwarzem Bart!
Auf Rat tut man nicht viel Gutes.
Strebt man danach, Außergewöhnliches zu sagen, wird man selten Bedeutendes sagen.
Will man Wesentliches sagen, gewöhne man sich zunächst daran, nichts Falsches zu sagen.
Betrachtet man nur bestimmte Werke der besten Schriftsteller, so wird man versucht sein, sie geringzuachten. Um gerecht zu urteilen, muß man alles lesen.
Allzu großes Mißtrauen ist ebenso schädlich wie allzu großes Vertrauen. Wer das Risiko, hintergangen zu werden, nicht auf sich nehmen will, wird es im Leben nicht allzu weit bringen.
Wir begehen meist dadurch einen moralischen Irrtum, daß wir die Menschen behandeln, als wären sie entweder vollkommen oder ganz verdorben.
Es ist leichter, etwas Originelles zu sagen, als bereits gesagte Dinge miteinander in Einklang zu bringen.
Ist ein Gedanke zu schwach, um in einem schlichten Ausdruck zu bestehen, dann ist er nicht mehr wert, als verworfen zu werden.
Wer Ruhm durch Tugend anstrebt, fordert nur, was ihm gebührt.
Es gibt keine Art von Gewalttätigkeit oder Usurpation, die sich nicht durch ein Gesetz rechtfertigen ließe.
Naturgaben, die weder eine lange Lehrzeit noch das Glück erringen kann, ist man zu achten gezwungen.
Wenn man alt wird, muß man sich schmücken.
Wir sind weniger beleidigt von der Verachtung der Dummköpfe als von der nur mittelmäßigen Schätzung seitens geistreicher Leute.
Die jungen Leute leiden weniger unter ihren Fehlern, als unter der Weisheit der Alten.
Die Halbphilosophen loben den Irrtum, nur um wider Willen der Wahrheit die Ehre zu geben.
Durch Gewalt kann man herrschen, durch Taschenspielerstückchen niemals.
Beobachtet man die Art, in der man in den Spitälern mit den Kranken umgeht, so möchte man glauben, die Menschen hätten diese traurigen Zufluchtsstätten nicht erfunden zum Wohl des Kranken, sondern um den Glücklichen den Anblick zu ersparen, der sie in Ihrem Vergnügen stören könnte.
Die Lieblinge des Glücks und des Reichtums nennen wir unglücklich und können uns trotzdem nicht von unserem Ehrgeiz befreien.
Höchstes Glück und tiefstes Unglück vermag die Mittelmäßigkeit nicht zu fühlen.
Catilina kannte die Gefahr einer Verschwörung wohl, aber sein Mut ließ ihn hoffen, er werde sie überwinden: die Meinung beherrscht nur die Schwachen; aber die Hoffnung täuscht die größten Seelen.
Unsere Irrtümer und Uneinigkeiten in der Moral kommen oft daher, daß wir postulieren, die Menschen könnten völlig gut oder völlig lasterhaft sein.
Wir wollen nicht ernstlich das Glück derer, denen wir nur Ratschläge spenden.
Wer Großes vollbringen will, muß leben, als ob er niemals sterben würde.
Der Zwang zu sterben ist unser bitterster Kummer.
Wie mannigfach wechselvoll und interessant wären die Bücher, wenn man nur schriebe, was man denkt.
Für höchstes Weh und tiefstes Weh sind Durchschnittsmenschen unzugänglich.
Es ist ein Zeichen geistiger Enge, immer zwischen achtenswert und liebenswert zu unterscheiden.
Was Anmaßung bei den Schwachen ist, das ist Aufschwung bei den Starken, wie die Kraft der Kranken Raserei und die der Gesunden Lebensmut ist.
Nehmen wir uns die Mühe, einem Gedanken nachzuspüren, der uns besonders tief erscheint, merken wir nur allzuoft, daß er ein Gemeinplatz ist.
Die Leute der feinen Gesellschaft unterhalten sich nicht über so Unbedeutendes, wie es das Volk in ihren Augen ist, dieses aber gibt sich nicht mit so Leichtfertigem ab, wie jene es sind.
Die günstigeren Verträge schließt der Stärkere.
Das Vergnügen, selbständig zu denken, kann nie das ganze Volk erfassen. Und käme es dazu, würden sich in Philosophie und Kunst sofort alle nur denkbaren Kindereien und Torheiten breitmachen, ja sogar Anhänger finden – genau so, wie in den vom Volk regierten Ländern.
Niemand hat Erfolge, der nicht versteht, darin Freude zu finden.
Man muß selbst Vernunft besitzen, die Erkenntnisse und Erfahrungen der anderen nützen uns wenig.
Der brennende Ehrgeiz verbannt von Jugend an alle Vergnügungen, um allein zu herrschen.
Selbstüberhebung entschädigt für Herzensmangel.
Unsere Reden sind nie so überzeugend, als wenn die Gefühle unser Herz bis zum Rand füllen.
Gewandtheit allein trägt nie nach oben.
Ein Mensch, welcher schlecht verdaut und gefräßig ist, ist vielleicht ein ziemlich treues Bild des Geistescharakters der Mehrheit der Gelehrten.