Luc de Clapiers Zitate
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Die Weltanschauungen entstehen und vergehen wie die Geschlechter der Menschen und sind gut oder sinnlos in dauerndem Wechsel.
Die Verachtung unserer Natur ist ein Irrtum unseres Verstandes.
Wer sein Wort leichtfertig gibt, bricht es leicht.
Wenn man nicht schreibt, weil man denkt, ist es unnütz zu schreiben.
Was wir mit dem ehrenvollen Namen Frieden bezeichnen, ist oft nicht mehr als ein kurzer Waffenstillstand, in dem der Schwächere auf seine Ansprüche, seien sie nun gerecht oder ungerecht, verzichtet, bis er die Gelegenheit für günstig hält, sie mit neu erstarkter Waffengewalt wieder zu fordern.
Wer alle Leiden auf sich nehmen kann, kann alles wagen.
Wer sich selbst imponiert, imponiert auch anderen.
Das Gewissen der Sterbenden verleumdet ihr Leben.
Man soll sich nicht anstrengen, Neidische zufriedenzustellen.
Festigkeit oder Schwäche im Tod hängt von der letzten Krankheit ab.
Plötzliches Glück aller Art ist auf schwankendem Grund gebaut, weil es selten verdient ist.
Die wahren Meister in Politik und Moral streben in ihren guten Plänen nach Zielen, die erreichbar sind, und nicht darüber hinaus.
Mitunter sage ich mir wohl: das Leben ist zu kurz, daß mich nichts beunruhigen darf. Kommt aber ein unwillkommener Besucher, der mich beim Ankleiden stört, packt mich Ungeduld, und ich kann es kaum ertragen, mich auch nur eine halbe Stunde zu langweilen.
Gewissen, Ehre, Keuschheit, Liebe und Achtung der Menschen sind käuflich, und Freigebigkeit vermehrt nur die Vorteile des Reichtums.
Man urteilt über andere nicht so sehr nach Gelegenheit, wie über sich selbst.
Uns alle trennen die Leidenschaften zeitweise von der Gesellschaft und machen alle Vernunft der Welt für uns unnütz, wie wir es selbst für die Vergnügungen anderer geworden sind.
Alle Lächerlichkeiten der Menschen charakterisieren nur eine schlechte Eigenschaft, nämlich die Eitelkeit.
Man ist weder zur Lenkung weitverzweigter Geschäfte berufen, noch zur Wissenschaft, zur Kunst oder Tugend, wenn man sie nicht um ihrer selbst willen, unabhängig von dem Ansehen, das sie verleihen, liebt.
Gefühlsarmut nährt die Trägheit.
Der gute Instinkt braucht die Vernunft nicht, er verleiht sie vielmehr.
Sehe ich einen Menschen, der in allem für den Verstand eingenommen ist, so wette ich alsbald, daß er keinen hat.
Ein Trunkener ist bisweilen witziger als die besten Witzbolde.
Wer Großes wagt, setzt unvermeidlich seinen Ruf aufs Spiel.
Notwendigkeit verschlimmert die Leiden, die sie nicht lindern kann.
Einen Sophisten, der sich gegen Erfolg und Ruhm eines bedeutenden Menschen ereifert, schätze ich wenig. Gerade dadurch, daß er mir die Schwächen der Besten zeigt, beweist er mir, was von ihm selbst zu halten sei, und er ist der erste, den ich aus der Liste berühmter Männer streiche.
Der Grund, warum man die Philosophen nur mäßig schätzt, ist, daß sie uns nicht genügend reden von dem, was wir wissen.
Es gibt weniger unklare als unfruchtbare Geister.
Ich beklage einen verliebten Alten: die Leidenschaften der Jugend richten eine schreckliche Verheerung in einem abgenutzten und verwelkten Körper an.
Ich habe nachgeforscht, ob es ein Mittel gibt, ohne jedes Verdienst sein Glück zu machen; ich habe keins gefunden.
Ein andrer Fehler schlechter Poesie besteht darin, die Prosa in die Länge zu ziehen, während es das Wesen der guten ausmacht, sie abzukürzen.
Man erfreut sich nicht lange am Geist anderer.
Die Nützlichkeit der Tugend ist so offenbar, daß die Bösen sie aus Eigennutz üben.
Niemand tadelt uns so scharf, wie wir uns oft selbst verurteilen.
Es würde wenig Glückliche geben, wenn es anderen zustünde, unsere Beschäftigungen und Vergnügungen uns vorzuschreiben.
Ebenso wie es natürlich ist, viele Dinge ohne Beweis zu glauben, ist es auch nicht weniger natürlich, an anderen trotz der Beweise zu zweifeln.
Trägheit ist die Furcht, sich bloßzustellen, haben die Wissenschaftler die Ehrlichkeit gelehrt.
Unsere Gedanken sind bei weitem unvollkommener als unsere Sprache.
Die Helden Corneilles ergehen sich in hochtrabenden Sinnsprüchen und großartigen Reden über sich selbst, und diese Aufgeblasenheit wird von jenen für Tugend genommen, denen das eigene Herz nicht sagt, daß zwischen echter Seelengröße und Prahlerei ein Unterschied besteht.
Man hat ein großes Schauspiel vor sich: Insgeheim grübeln die Menschen, wie sie sich gegenseitig schaden könnten, und doch müssen sie, wider Absicht und Verlangen, einander helfen.
Die Sucht nach Vergnügen und der Hang zur Prahlerei tragen bei vielen den Sieg über das Zweckmäßige davon, denn unsere Leidenschaften richten sich gewöhnlich nach den Bedürfnissen unseres Herzens.
Wir tadeln Unglückliche ihrer geringsten Fehler wegen sehr und beklagen sie um ihres größten Unglücks wegen wenig.
Um erkennen zu können, ob ein Gedanke neu ist, muß man ihn zuerst in einer klaren Formulierung vor sich haben.
Frauen und Jünglinge trennen Liebe und Ehrfurcht nicht.
Die Stürme der Jugend sind von strahlenden Tagen umgeben.
Niemand macht so viele Fehler als der, welcher nur auf der Grundlage der Logik handelt.
Ungebundenheit steigert alle Tugenden und Laster.
Die größte Kraft des Geistes tröstet uns weniger schnell als seine Schwäche.
Um ein Huhn zu braten, braucht man nicht viel zu überlegen, und trotzdem gibt es so viele schlechte Köche: so notwendig ist für jeden Beruf ein besonderer, von der Vernunft völlig unabhängiger Instinkt.
Krankheiten heben Tugend wie Laster auf.
Wenn Pseudophilosophen den Irrtum loben, werden sie gegen ihre eigene Absicht zum wirksamsten Anwalt der Wahrheit.