Angelus Silesius Zitate
seite 4
Zeit ist wie Ewigkeit und Ewigkeit wie Zeit, so du nur selber nicht machst einen Unterschied.
Ich weiß nicht, was ich bin, ich bin nicht, was ich weiß: ein Ding und nicht ein Ding, ein Pünktchen und ein Kreis.
Mensch, wenn du so genau das Deine willst beschützen, so wirst du nimmermehr in wahrem Frieden sitzen.
Gott gibt ohne Maß: je mehr man ihn begehrt, Je mehr und mehr er sich erbietet und gewähret.
Ich sage, weil allein der Tod mich machet frei, Dass er das beste Ding aus allen Dingen sei.
Dumme grinsen, Narren lachen, aber Weise lächeln.
Der Weise suchet Ruh und fliehet das Getümmel, sein Elend ist die Welt, sein Vaterland der Himmel.
Daß Gott gekreuzigt wird, daß man ihn kann verwunden! Daß er die Schmach verträgt, die man ihm angetan! Daß er solche Angst aussteht! und daß er sterben kann! Verwundere dich nicht, die Liebe hat’s erfunden!
Ach Bruder, werde doch: was bleibst du Dunst und Schein? Wir müssen wesentlich ein Neues worden sein.
Ein offenes Auge sieht; tust du eins zu, o Kind, so bist du, Gott zu schauen, mutwillig maulwurfsblind.
Der Reiche dieser Welt, was hat er für Gewinn? Daß er muß mit Verlust von seinem Reichtum ziehn.
Morgenstern der finsteren Nacht, der die Welt voll Freude macht, Jesus mein, komm herein, leucht‘ in meines Herzens Schrein.
Gleich wie die Einheit ist in jeder Zahl, so ist auch Gott, der Ein in Dingen überall.
Der Abgrund meines Geistes ruft immer mit Geschrei den Abgrund Gottes an: Sag, welcher tiefer sei?
Kreuch doch heraus, mein Mensch, du steckst in einem Tier! Wo du darinnen bleibst, kommst du bei Gott nicht für.
Aus Liebe gehn und stehn, Lieb‘ atmen, reden, singen: Heißt, seine Lebenszeit wie Seraphim verbringen.
Mensch, bist du Gott getreu und meinest ihn allein, so wird die größte Not ein Paradies dir sein.
Mensch, wird das Paradies in dir nicht ernstlich sein, so glaube mir gewiß: du kommst nimmer drein.
Kein Ding ist auf der Welt so hoch und wert zu achten als Menschen, die mit Fleiß nach keiner Hoheit trachten.
Auf der Welt ist’s finster, leuchten müssen wir, du in deiner Ecke, ich in meiner hier!
Dort in der Ewigkeit geschieht alles zugleich, es ist kein Vor noch Nach wie hier im Zeitenreich.
Der Winter ist die Sünd‘, Die Buße Frühlingszeit, Der Sommer Gnadenstand, Der Herbst Vollkommenheit.
Du selber machst die Zeit, das Uhrwerk sind die Sinnen, hemmst du die Unruh nur, so ist die Zeit von hinnen.
Mensch! Ein vollkommener Christ hat niemals rechte Freud auf dieser Welt. Warum? Er stirbet allezeit.
Christ, du bedarfst nicht viel zur ewigen Seligkeit; es hilft ein einzigs Kraut, das heißt Gelassenheit.
Bist du aus Gott geboren, so blühet Gott in dir, und seine Gottheit ist dein Saft und deine Zier.
Schweig, Sünder, schreie nicht die Ev‘ und Adam an: wär’n sie nicht vorgefalln, du hättst‘ es selbst getan.
Die Lieb‘ ist’s schnellste Ding: Sie kann für sich allein In einem Augenblick im höchsten Himmel sein.
Der Regen fällt nicht ihm, die Sonne scheint nicht ihr: Du auch bist andern geschaffen und nicht dir.
Mensch, stirbest du nicht gern, so willst du nicht dein Leben; das Leben wir dir nicht als durch den Tod gegeben.
Gott schätzt nicht, was du Gut’s, nur wie du es getan. Er schaut die Früchte nicht, nur Kern und Wurzel an.
Der Glaub allein ist tot; er kann nicht eher leben, bis daß ihm seine Seel, die Liebe, wird gegeben
Die Lieb‘ ist unser Gott, es lebet all’s durch die Liebe: Wie selig wär‘ ein Mensch, der stets in ihr verbliebe!
Das Kreuz auf Golgatha kann dich nicht von dem Bösen, Wo res nicht auch in dir wird aufgericht, erlösen.
Berührt dich Gottes Geist in seiner Wesenheit, So wird in dir geborn das Kind der Ewigkeit.
Viel haben macht nicht reich! Der ist ein reicher Mann, Der alles, was er hat, ohn‘ Leid verlieren kann.
Der Liebe Mittelpunkt ist Gott und auch ihr Kreis, In ihm ruht sie, liebt all’s in ihme gleicherweis.
Der größte Reichtum ist, nach keinem Reichtum streben, Der größeste Gewinn, sich dessen ganz begeben.
Die Einsamkeit ist not, doch seid nur nicht gemein, So kannst du überall in einer Wüste sein.
Begehrst du ein Weib, die prächtig, reich und fein: So nimm die Weisheit nur, sie wird dir alles sein.
Du suchst das Paradies und wünschest hinzukommen, wo du von allem Leid und Unfried bist entnommen. Befriedige dein Herz und mach es rein und weiß, so bist du selbst noch hier dasselbe Paradies.
Mensch, gibst du Gott dein Herz, er gibt dir seines wieder: Ach, welch ein wertrer Tausch! Du steigest auf, er nieder.
Mensch, bleib doch nicht ein Mensch: Man muß aufs Höchste kommen, Bei Gott werden nur die Götter angenommen.
Freund, glaub es oder nicht: ich hör‘ in jedem Nu, Wann ich bin taub und stumm, dem ew’gen Worte zu.
Man kann den höchsten Gott mit allen Namen nennen, man kann ihm wiederum nicht einen zuerkennen.
Je edeler ein Ding, je mehr ist es gemein: Das spüret man an Gott und seiner Sonnen Schein.
Freund, wer in jener Welt will lauter Rosen brechen, den müssen vorher hier die Dornen genügsam stechen.
Die Buß ist wie ein Strom. Sie dämpft mit ihren Wellen den größten Gotteszorn und löscht das Feuer der Höllen.
Wer heimlich Gutes wirkt, sein Geld austeilt verhohlen, Der hat das Himmelreich gar meisterlich gestohlen.
Lieb üben hat viel Müh‘: wir sollen nicht allein nur lieben, sondern selbst, wie Gott, sie Liebe sein.