Angelus Silesius Zitate
seite 3
Die Braut verdient sich mehr mit einem Kuß um Gott als alle Mietlinge mit Arbeit bis in’n Tod.
Halt deinen Leib in Ehren, er ist ein edler Schrein, In dem das Bildnis Gottes soll aufbehalten sein.
Nichts ist, was dich bewegt; du selber bist das Rad, das aus sich selbsten läuft und keine Ruhe hat.
Tod ist ein selig Ding: je kräftiger er ist, Je herrlicher daraus das Leben wird erkiest.
Der Will‘ macht dich verlorn, der Will‘ macht dich gefunden, der Will‘, der macht dich frei, gefesselt und gebunden.
Ein Kampfplatz ist die Welt; Das Kränzlein und diew Kron‘ Trägt keiner, der nicht kämpft, Mit Ruhm und Ehr‘ davon.
Das Wesen Gottes macht sich keinem Ding gemein Und muß notwendig doch auch in den Teufeln sein.
Das Tröpflein wird das Meer, wenn es ins Meer gekommen, die Seele Gott, wenn sie in Gott ist aufgenommen.
Ich selbst muß Sonne sein, ich muß mit meinen Strahlen das farbenlose Meer der ganzen Gottheit malen.
Die Tugend nackt und bloß kann nicht für Gott bestehn, sie muß mit Liebe sein geschmückt, dann ist sie schön.
Mensch werde wesentlich, denn wenn die Welt vergeht, so fällt der Anschein fort, das Wesen, das besteht.
Willst du den neuen Menschen und seinen Namen kennen, So frage Gott zuvor, wie er pflegt sich zu nennen.
Der allernächste Weg zur wahren Heiligkeit Ist Demut auf dem Pfad der keuschen Reinigkeit.
Durch Weisheit ist Gott tief, breit durch Barmherzigkeit, durch Allmacht ist er hoch, lang durch die Ewigkeit.
Für Böse ist’s Gesetz; wär kein Gebot geschrieben: Die Frommen würden doch Gott und den Nächsten lieben.
Es ist zwar wahr, daß Gott dich selig machen will: Glaubst du, er will’s ohn‘ dich, so glaubest du zu viel.
Wer in sich Ehre hat, der sucht sie nicht von außen. Suchst du sie in der Welt, so hast du sie noch draußen.
Der Himmel senket sich, er kommt und wird zur Erden. Wann steigt die Erd‘ empor und wird zum Himmel werden?
Die Liebe, wenn sie neu, braust wie ein junger Wein; je mehr sie alt und klar, je stiller wird sie sein.
Wer Gott liebt, schmeckt schon hier seins Geistes Süßigkeit, wer aber ihn nur fürcht‘, der ist davon noch weit.
Wer nichts begehrt, nichts weiß, nichts liebt, nichts will, der hat, der weiß begehrt und liebt noch immer viel.
Wann du die Dinge nimmst ohn‘ allen Unterscheid: So bleibst du still und gleich, in Liebe und in Leid.
Mensch, steig‘ nicht allzu hoch, bild‘ dir nichts übriges ein! Die schönste Weisheit ist: Nicht gar zu weise sein.
Gott, Teufel, Welt und alles will in mein Herz hinein: Es muß ja wunderschön und großen Adels sein!
Mensch, nichts ist unvollkomm’n; der Kies gleicht dem Rubin, Der Frosch ist ja so schön als Engel Seraphim.
Die Tugenden sind so verknüpfet und verbunden: Wer ein alleine hat, der hat sie alle funden.
Der größte Schatz nach Gott ist unser Will‘ auf Erden, ist alles gleich verlorn: durch ihn kann’s wieder werden.
Freund, gönn es doch der Welt, ihr geht’s zwar wie sie will: Doch ist ihr ganzes Tun nichts als ein Trauerspiel.
Ein Auge, das sich nie der Lust des Sehns entbricht: Wird endlich gar verblendt und sieht sich selbsten nicht.
Jetzt ist der Himmel aufgetan, Jetzt hat er wahres Licht. Jetzt schauet Gott uns wieder an Mit gnädigem Gesicht.
Mensch, was du liebst, in das wirst du verwandelt werden.
Der Reiche, wenn er viel von seiner Armut spricht, so glaub es ihm nur gern, er leugt wahrhaftig nicht.
Die Welt ist mir zu eng, der Himmel ist zu klein: Wo wird denn noch ein Raum für meine Seele sein?
Dass der gerechte Mensch wächst wie ein Palmenbaum, verwunder ich mich nicht: Nur dass er findet Raum.
Der nächste Weg zu Gott ist durch der Liebe Tür: Der Weg der Wissenschaft bringt dich gar langsam für.
Ein Herze, welches sich vergnügt mit Ort und Zeit, Erkennet wahrlich nicht sein Unermeßlichkeit.
Mensch, hüte dich vor dir. Wirst du mit dir beladen, Du wirst dir sicher mehr als tausend Teufel schaden.
Die Welt ist meine See, der Schiffmann Gottes Geist, das Schiff mein Leib; die Seel‘ ist’s, die nach Hause reist.
Drei Tage weiß ich nur: als Gestern, Heut‘ und Morgen. Wenn aber Gestern wird ins Heut‘ und Nun verborgen Und Morgen ausgelöscht, so leb ich jeden Tag Den ich, noch eh‘ ich ward, in Gott zu leben pflag.
Der Glaube, Senfkorn groß, versetzt den Berg ins Meer: denkt, was er könnte tun, wenn er ein Kürbis wär.
Gott spricht nur immer Ja, der Teufel saget Nein: Drum kann er auch mit Gott nicht Ja und eines sein.
Der Weise, welcher hat sich über sich gebracht, Der ruhet, wenn er läuft, und wirkt, wenn er betracht‘.
Wenn Gott ein Feuer ist, so mein Herz ein Herd, Auf welchem Er das Holz der Eitelkeit verzehrt.
Mensch, so du willst das Sein der Ewigkeit aussprechen, so mußt du dich zuvor des Redens ganz entbehren.
Mensch, denkst Du Gott zu schauen dort oder hier auf Erden, so muß Dein Herz zuvor ein reiner Spiegel werden.
Ich weiß nicht, was ich soll; es ist mir alles eins: Ort, Unort, Ewigkeit, Zeit, Nacht, Tag, Freud und Pein.
Verwundere dich nicht, Freund, daß ich auch nichts mag sehn, ich muß mich allezeit nach meiner Sonne drehn.
Die Welt ist ein wunderschönes Nichts.
Gott ist ja nichts als gut: Verdammnis, Tod und Pein, und was man böse nennt, muß, Mensch in Dir nur sein.
Ach Fauler, reg dich doch, wie bleibst du immer liegen! Fürwahr der Himmel wird dir nicht ins Maul reinfliegen!