Karl Gutzkow Zitate
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Man webt keine kunstvolleren Spitzen, als sich deren an den Schleiern befinden, mit denen wir unsere geheimen Wünsche und Interessen zu verhüllen wissen.
Als ein gutes Mittel, saumselige Menschen zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten, auch der Verbindlichkeiten des Umgangs zu bringen, kann man die fortgesetzte Anwendung kalt zuvorkommender Höflichkeit empfehlen.
Ach, nur nicht Mitleid für Liebe!
Glauben Sie mir, daß viele gute Menschen durch Prinzipien, die besten aber durch den bloßen Umgang erzogen sind.
Der Himmel verhängt nicht immer Widerwärtigkeiten über uns, um uns zu demütigen, sondern auch, um uns stolz zu machen.
Warum heißt es immer nur Neid, wenn sich eine Kraft beunruhigt von dem Werth einer andern fühlt und nicht minder zum Vollendeten aufschwingen will -!
Die Seele ist wie die Luft. Niemand sieht sie und dennoch kann sie der Physiker wägen.
Es ist eine erhebende Entdeckung, die man beim Studium des Kulturgrades aller Völker macht, daß die Begriffe von dem, was allein dem Menschen seinen wahren Adel und Schmuck verleiht, zu allen Zeiten und unter allen Zonen dieselben gewesen sind, noch sind und wohl auch ewig bleiben werden.
„Treu, fleißig, ehrlich!“ Das soll man den Dienenden in ihr Führungsbuch schreiben und thut man es nicht, so hat die Polizei ein Recht, nach den Gründen der Verweigerung zu fragen.
Den Kampf mit dem Schicksal können Freunde für und mit uns kämpfen; Seelenkämpfe müssen wir allein ausringen.
Wir werden immer gut tun, Vorwürfe, die uns wie nur im Scherz gemacht wurden, getrost als im Ernst gemeint hinzunehmen.
Alles, was wir von Gott sagen und lehren, reicht doch nicht aus, wenn wir nicht in jedem Dinge sagen und lehren: Er ist die Liebe!
Der beste Freund, den ein großer Mann finden kann, ist der, der es übernimmt, seine Menschlichkeiten vor der Welt zu decken.
Gebundenheit ist die Wurzel der Religion, Hingebung ihre Blüte.
Die Weisheit soll die Klugheit zur Dienerin haben. Jene thront, diese regiert.
Die wahre Liebe ist die treue Begleiterin der Alltäglichkeit.
Klatschsucht ist oft ein respektabler und liebenswürdiger Mitteilungsdrang, dem es leider am würdigen Stoff gebricht.
Verspätungen wecken den Lügengeist.
Hüte dich vor den ewig Späßelnden! Es sind Intriganten.
Nenne nicht deinen Mangel an Fleiß und stetiger Aufmerksamkeit Phantasie, und nicht die Schwäche deiner Nerven Gefühl.
Das ist die fromme Andacht der Liebe, die ihrem Heiligsten jeden Gedanken, jeden unbewachten Augenblick das Selbstgespräch der Seele widmet!
Ein trauriger Anblick – die Sonntagsleere einer Kirche und ein Brunnen, der kein Wasser mehr gibt-!
Es gibt Menschen, die immer die Principien ihres Wesens erläutern, immer von den Gründen ihres Handelns sprechen. Und gerade die sind am schwächsten. Bäume, von denen allmälig die Wurzeln ihres Stammes ans Tageslicht kommen, erliegen dem nächsten Sturm.
Wer dem Volke nahe lebt, lernt mit Schmerz die wunderbaren Verwandtschaften zwischen Gut und Böse, Mut und Verbrechen, Größe und sittlichem Elend.
Ich habe Ahornbäume so gestutzt und zersägt gefunden, daß sie hölzernen Kandelabern glichen. Jahrelang trieben sie kaum noch einige Blätter, bis sie sich doch zuletzt wieder mit ihrem vollen grünen Schmuck bekleideten. Sie glichen Völkern, die man für überlebt erklären will.
Gleichnisse sind keine Beweise.
Ich habe mich um einen Orden beworben! Nicht wegen meiner, sondern um meines Weibes und meiner Kinder willen, denen ich gar zu gern eine Freude bereitet hätte!
Wohin geraten wir! Schon hat Montesquieu gesagt, daß nur diejenigen Gesetze gute wären, die schon die Sitte und das Bedürfniß vorgeschrieben hätte! Nun vergleiche man die anschwellenden Gesetzes-Folianten, die Verordnungen, die täglich erscheinen, und – unsere Wünsche!
Wir erschrecken und erstaunen, wir ärgern oder wir freuen uns über viele Dinge nur deshalb, weil es hergebracht ist, über sie erschrecken, erstaunen, sich ärgern oder sich freuen zu sollen.
Apotheker liefern Mückenfett, Hischtalg, Bärenfett, Alles aus einem und demselben – Schweineschmalztopfe. Das sind die Lobeserhebungen und Schmeicheleien, die Weltroutine für Alle und Jeden bereit hält.
Es ist lange nicht so töricht wie es klingt, wenn man sagen wollte: der Jugend muß man auch Unterricht im richtigen Fühlen geben.
Je stolzer und eingenommener man von sich wird, desto mehr verliert sich jene Innigkeit der Seele, die aufmerkt und behält. Schwaches Gedächtnis kann auch armes Gemüt sein.
Du hältst mich für stolz. Warum? Etwa, weil es dich nur verdrießt, zu wissen, daß ich es sein dürfte?
Manche Menschen denken aus Gewohnheit nicht, manche aber, und das nicht wenige, aus Furcht.
Das Wohlanständige des Zusammenlebens, die manchen kleinen Rücksichten des Schicklichen, das stete Beobachten der Form sind wesentliche Bedingungen im Eheleben.
Das ewige Idealisieren erzeugt schließlich einen Heißhunger auf die Wirklichkeit.
„Unbemußt“ lautete neulich ein Druckfehler, den wir in „unbewußt“ zu corrigiren hatten. Unbemußt aber leben zu dürfen, unbemußt denken und fühlen zu dürfen, welch es Glück wäre es – ! Rings um uns her weht uns grade das Gegentheil, das Bemußtsein, wie die eigentliche Lust unsres Daseins an.
Ein alter Gesangbuchvers räth uns an, so zu leben, wie wir, wenn wir sterben, wünschen würden, gelebt zu haben. Man kann dem Spruch auch die Anwendung geben: Lebe mit jedem Menschen so, wie du, wenn er stirbt, wünschen würdest, mit ihm gelebt zu haben!
Jüngling, hast du ein Mädchenherz gefunden, das du liebst, so laß es nicht unter die Räder deiner Entwicklung kommen!
Geweckt wird der Genius durch die Noth, aber nur das Behagen erhält ihn.
Für eine einzige Schuld erlegt sich ein edler Mensch eine zwanzigfache Strafe auf.
Ein jedes Glück ist demjenigen vergänglich, der nicht in sich selbst den Himmel trägt und schon aus sich allein die Quellen strömen läßt, die seinen Durst nach Seligkeiten stillen.
Unerträglich sind die Menschen, wenn sie jeden kleinen Schein, den sie vom Recht hatten, mit nicht endenden Worten und Szenen ausbeuten. Willst du Menschen zum innigsten Umgang in Liebe und Freundschaft befähigen, so erziehe sie zur Großmut!
Wir trauen uns das Äußerste an Kraft zu, wo es sich um unser Recht, in der Regel aber nur das gebührende Maß, wo es sich um unsere Pflicht handelt.
Die letzte Stunde wünsche ich mir nicht zu frühe und wünsche sie mir nicht zu spät.
Weltweisheit lehrt: Die Bestimmung des Menschen ist der Staat. Gottesweisheit verbessert: Die Bestimmung des Staates ist der Mensch.
Manchmal kommt uns eine Beleidigung recht erwünscht. Sie gibt uns über den, der sie uns zufügte, die Freiheit des Urtheils.
Die Welt wird noch Dinge erfüllt erleben, von denen man jetzt nicht das Aussprechen der leisesten Ahnung dulden würde. Unwiderruflich ist die Macht der Natur und Gerechtigkeit.
Die Romantik der Phantasie lassen wir uns gefallen, die Romantik des Herzens nicht minder. Gefährlich ist die Romantik des Verstandes. An ihr ist die ganze deutsche Philosophie und Wissenschaft krank.
An das Entbehren kann sich der Mensch in solchem Grade gewöhnen, daß ihm sogar der erste Lichtblick eines neuen Glücks fremdartig und unzugänglich wird.