Karl Bleibtreu Zitate
Ist also das Leben trotz überwiegender Unlust ein relatives Gut? warum sonst Todesfurcht?
Während gelehrte Fakultäten über stets veränderte Tiefe hüpfen wie Irrlichter, steht Psyche in hellen Flammen, sobald man Bodenschätze des Unterbewußten entdeckt.
Denn wo man die Natur auf scheinbarer Willkür plötzlicher Grausamkeiten ertappt, wissen wir nie, ob diese scheinbare Inkonsequenz nicht tiefer Berechnung der Weltökonomie entspringt oder geheimer Notwendigkeit der Weltethik wie der Schwefelregen auf Sodom.
Indessen scheint plötzliches Absterben sonst allbeherrschender Triebe nicht unnatürlich, denn das Sexuale steckt in den Organen, wie Eunuchen und die meisten Greise wissen, Rang- und Geldgier in den Gesellschaftszuständen, und wo dies alles aufhört, regieren „Hunger und Liebe“ nicht mehr.
Skepsis schläft den Schlaf des Ungerechten, weil sie Tatsachen nicht sehen will, die zu ruhelosem Wachen auffordern.
Wann, wie, wodurch der erste Mensch entstand, darüber zu grübeln entbehrt jeder Wichtigkeit. Genug, daß er war und ist als diejenige Form, in welcher die Erdpsyche sich am stärksten bewußt wird und Individualverlangen jedes Lebewesens sich am schärfsten ausdrückt.
Der überzeugteste Atheist und gewissenloseste Verbrecher ahnt nämlich mindestens in seiner Todesstunde als Gewißheit, was er krampfhaft verleugnete und doch nie ganz bezweifelte: daß die Materie nicht das letzte Wort sei.
Des Kindes Wachstum geht Hand in Hand mit der Wahrnehmung, daß es außer Papa und Mama noch unendlich vieles gebe.
Durch christliche Phantasien befreit man sich nicht vom Naturzwang.
Ich kenne den Tarif Deiner Überzeugung, versteigert an den Meistbietenden.
Alles Sichtbare hat einen Januskopf, halb schön, halb häßlich, nach dem Gesetz ewigen Wechsels, auch im Schicksal des einzelnen.
Wenn Jesus Christus mir schlechte Gedichte vorlegte, ich würde ihn erbarmungslos vermöbeln, all meiner Ehrfurcht und moralischen Anbetung unbeschadet.
Ein reines Herz ist der Gottheit schönster Tempel.
Des Menschen Neigung ist er selbst: wie er ist, so ist ihm die Welt.
Endet der Idealist nicht stets in schleichendem Ekel-Ärger und Lebensüberdruß?
Gewöhnung und Vergessen stumpfen das Leid ab durch Einfluss des Lebens.
Man füttert und liebkost die Katze nicht des Mausens wegen, sondern weil man sie gern hat. Tierliebe ist noch der anständigste Zug im Durchschnittsmenschen; wo sie fehlt, setzt der Unmensch ein, alle Verbrecher beginnen als Tierquäler.
Wie der Mensch drauflos lebt, als ob kein Tod wäre, so kann er sich eigentlich nichts als endlich und nur das Unendliche wirklich vorstellen. Denn wenn er sich vorstellt, alle Menschen und Planeten fänden ein zeitliches Ende, so wird er doch nie glauben, damit sei das All zu Ende.
Zufällig lernt man eine Kraft dadurch kennen, daß sie eine uns zufällig sichtbar werdende Nebenerscheinung hervorruft.
Wer Dinge, die man nicht erlangen kann, begehrt, wer Dinge, an denen man sich nicht ersättigen kann, erstrebt, der kommt weit ab von der Wurzel des Lebens.
Beim Menschen geraten schon Sinnlichkeit und Verstand in Zwiespalt, daraus entsteht organisch die „Pflicht“, zwischen niedern und höhern Interessen zu wählen.
…denn was in der weiblichen Psyche vorgeht, bleibt dem Mann verschlossen.
Das unendliche Weltenmeer verlangt, daß wir schwimmen und jeder für sich den Glaubenshafen erreiche. Denn dies eine unzweifelbare Wissen der Unendlichkeit ist gerade die freundliche Strömung, die unsere Vernunft sicher durch alle Klippen zum Hafen trägt.